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Oberlandesgericht München – Fehlende Baugenehmigung 2

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Oberlandesgericht München
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Titel: Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 15. Juni 1886
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aus: Amtsblatt des K. Staatsministeriums des Innern, Königreich Bayern, Band 1886, Nr. 26, Seite 208–209
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Kurzbeschreibung: Die Errichtung eines Brunnenschachtes benötigt unabhängig von ihrem Zweck eine Baugenehmigung.
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Auszug aus einem Urtheile des k. Oberlandesgerichts München vom 15. Juni 1886

in der Sache gegen den Häusler Michael V. von P. wegen Uebertretung baupolizeilicher Bestimmungen in Bezug auf Brunnen.

Nach der thatsächlichen Feststellung der Strafkammer hat Michael V. als Bauherr mehrere Brunnenschächte herstellen lassen. Hiezu war nach § 6 Abs. 1 der allgemeinen Bauordnung die Erholung der baupolizeilichen Genehmigung, und zwar gemäß § 8 Ziff. 6 unter Vorlage eines Planes über die Lage der Brunnenschächte geboten. Erst wenn die Bescheidung des Gesuches rechtskräftig war, durfte gemäß § 91 der Bauordnung mit den Bauarbeiten, zu welchen, insbesondere wenn es sich um Brunnenschächte handelt, die Herstellung der Baugruben zu rechnen ist, begonnen werden.

V. hat aber, wie feststeht, die baupolizeiliche Genehmigung nicht erholt, folglich ist er mit Recht auf Grund der oben citirten Gesetzesstellen und des § 367 Ziff. 15 des Straf-Ges.-Bchs. zur Strafe verurtheilt worden.

Sein Einwand, daß er „nur nach Wasser gesucht, einen Bau im Sinne der Bauordnung aber weder hergestellt noch in Angriff genommen habe“, steht mit den thatsächlichen Feststellungen in Widerspruch, nach welchen V. mehrere Brunnenschachte hergestellt hat. Ob er diese Schachte nur gegraben hat, „um Wasser zu suchen“ – was übrigens bei einem Brunnenschacht stets zutreffen wird – oder mit dem bereits gefaßten Entschluß, sie auszubauen und einen Brunnen in Stand zu setzen, ist gleichgiltig, weil die Bauordnung keinen Unterschied zwischen Probe- und anderen Schachten macht. Ganz verfehlt ist die Bezugnahme auf § 8 Ziff. 5 der Bauordnung, laut welcher nach der Revisionsbegründung der Plan zu einem Brunnenschacht die Angabe der schichtenweisen Beschaffenheit des Baugrundes von der Bodenoberfläche bis mindestens zum Fundamente der Grundmauer, wenn thunlich bis zum Grundwasserspiegel enthalten soll, so daß also der Plan erst eingereicht zu werden brauche, wenn die Baugrube bis zur Sohle des Schachtes gegraben wäre; denn die citirte Ziffer 5 ist ihrem Inhalte nach auf Brunnenschachte so wenig zu beziehen, wie etwa die Ziffer 3 daselbst. Die Revisionsbegründung würde zu der Consequenz führen, daß die Herstellung eines Schachtes von beliebiger Tiefe der baupolizeilichen Aufsicht entzogen sei, soferne er nicht mit dem festen Entschlusse, an der Stelle einen Brunnen zu errichten, sondern nur zum Zwecke der vorläufigen Untersuchung, ob hier Wasser zu finden sei, gegraben wird. Dies steht aber im Widerspruch mit der Intention der Bauordnung, welche, da sie sich in ihren Eingangsworten auf Art. 101 des Pol.-Straf-Ges.-Bchs. und auf § 367 Ziff. 15 des Straf-Ges.-Bchs. bezieht, und wie zudem aus § 11 [209] hervorgeht, insbesondere auch die Sicherheit der Person bei Bauführungen im Auge hat.

Aus dem in der Revisionsbegründung gebrauchten Argumente, nicht jede Oeffnung des Bodens unterliege der Baupolizei, ist übrigens zu entnehmen, daß in der Hauptsache die Anwendung des Begriffes „Brunnenschacht“ auf die von V. hergestellten Ausgrabungen bestritten werden will.

Diese Begriffsanwendung ist aber thatsächlicher Natur. Da unter „Schacht“ eine senkrechte Oeffnung des Bodens von entsprechender Tiefe, gleichviel ob mit oder ohne Vermauerung oder Verschalung, verstanden wird, so kam es im vorliegenden Falle lediglich auf die Beurtheilung an, ob die Ausgrabungen tief genug waren, um als „Schachte“ zu erscheinen. Dieß hat die Strafkammer angenommen und darin liegt eine unangreifbare thatsächliche Feststellung. Es steht fest, daß V. Brunnenschachte ohne baupolizeiliche Bewilligung hergestellt hat, die Absicht, welche ihn dabei leitete, kommt nicht weiter in Betracht, und es liegt daher eine rechtsirrthümliche Anwendung der citirten Gesetzesstellen nicht vor.