Oberlandesgericht München – Fehlende Baugenehmigung
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in der Sache gegen den Metzgermeister Anton G. von G. wegen Zuwiderhandlung gegen baupolizeiliche Vorschriften.
Die Revision, welche den §. 367 Nr. 15 des Straf-Ges.-Bchs. mit §. 6 Abs. 2 lit. b Ziff. 2 der allgemeinen Bauordnung vom 19. September 1881, sowie den Art. 105 Abs. 1 des Polizei-Str.-Ges.-Bchs. und den §. 67 des Straf-Ges.-Bchs. als verletzt bezeichnet, ist nicht begründet.
Nach der Feststellung der Strafkammer hat der Metzgermeister Anton G. von G. Mitte Juni vor. Jahres ohne baupolizeiliche Genehmigung auf einem ihm gehörigen, in der Steuergemeinde H. gelegenen Acker Plan Nr. 7204b nur 9,6 m von einem Jungholze [206] und ungefähr 150 Schritte von einem Fichtenwalde entfernt einen mit anderen Gebäuden nicht zusammenhängenden, eine Grundfläche von 49 qm enthaltenden Feldstadel erbauen lassen, welcher ein massives Fundament aus Stein, ferner ein Geschoß, aus Balken mit Riegelwerk und Bretterverschalung hergestellt, sowie ein aus Rundhölzern errichtetes, mit Schwarten und Platten belegtes Satteldach und ein Eingangsthor hat, jedoch mit keiner Feuerungsanlage versehen ist. Auf diese Feststellung hin erklärte die Strafkammer den Anton G. als den Bauherrn einer Uebertretung nach § 367 Nr. 15 des Straf-Ges.-Bchs. für schuldig und verwarf deshalb die von demselben gegen das schöffengerichtliche Urtheil vom 19. November vor. Jahres eingelegte Berufung.
Die Revision macht hiegegen zunächst geltend, der fragliche Stadel stelle sich als eine isolirte Heuschupfe dar, und sei daher nach §. 6 Abs. 2 lit. b Ziff. 3 der allgemeinen Bauordnung zu dessen Herstellung eine baupolizeiliche Genehmigung nicht erforderlich gewesen. Dies ist jedoch nicht richtig.
Nach der ebenbezeichneten Bestimmung ist in Märkten und auf dem Lande für die Herstellung von Heuschupfen, welche außerhalb der Ortschaften isolirt d. h. wenigstens 9 m von anderen Gebäuden entfernt stehen, eine baupolizeiliche Bewilligung nicht erforderlich, und es fragt sich daher, ob der Feldstadel des Anton G. als eine solche Heuschupfe anzusehen ist. Wenn die Strafkammer auf Grund der obenangeführten Feststellungen diese Frage verneinte, so kann hierin eine irrige Auffassung darüber, was unter einer Heuschupfe zu verstehen ist, nicht gefunden werden. Denn abgesehen davon, daß ein Gebäude, in welchem nach seiner Bestimmung nicht blos Heu, sondern auch andere landwirthschaftliche Erzeugnisse aufbewahrt werden, nicht als eine Heuschupfe bezeichnet wird, so zählt die allgemeine Bauordnung, wie aus dem §. 41 derselben hervorgeht, die Heuschupfen gleich den übrigen in §. 6 Abs. 2 bezeichneten Bauwerken zu den geringfügigen Bauten. Der hier in Frage stehende Stadel gehört aber mit Rücksicht auf seine feste und dauerhafte Konstruktion sowie darauf, daß er gegen Brand versichert und mit einer Hausnummer versehen werden sollte, keineswegs zu den geringfügigen Bauten und kann auch mit den anderen in §. 6 Abs. 2 der Bauordnung aufgezählten Baulichkeiten nicht auf gleiche Linie gestellt werden; derselbe erscheint daher nicht als eine Heuschupfe im Sinne der vorbezeichneten Bestimmung.
Von der Strafkammer wurde ferner angenommen, daß der Feldstadel des Anton G. auch nicht unter die Bestimmung des § 6 Abs. 2 lit. b Ziffer 2 der allgemeinen Bauordnung falle. Diese Annahme ist ebenfalls nicht unrichtig, da feststeht, daß der Stadel eine Grundfläche von mehr als 30 qm hat und außerdem zur Lagerung feuergefährlicher Materialien bestimmt ist. [207]
Wenn aber hiernach die Ausnahmsbestimmungen des Abs. 2 des §. 6 der Bauordnung nicht Platz greifen, so war gemäß Abs. 1 zur Herstellung des Feldstadels die baupolizeiliche Genehmigung erforderlich, und hat sich daher der Angeklagte, weil er denselben ohne eine solche Genehmigung erbauen ließ, als Bauherr einer Uebertretung nach §. 367 Nr. 15 des Straf-Ges.-Bchs. in Verbindung mit §. 6 Abs. 1 der ebenerwähnten Bauordnung schuldig gemacht.
Die Revision rügt endlich die Verletzung des §. 67 des Straf-Ges.-Bchs., weil das fragliche Gebäude bereits Mitte Juni 1885 fertiggestellt, die erste richterliche Verfügung aber erst Ende Oktober desselben Jahres getroffen worden sei. Auch diese Rüge ist nicht begründet. Nach §. 67 Abs. 3 des Straf-Ges.-Bchs. verjährt die Strafverfolgung von Uebertretungen in drei Monaten, und nach Absatz 4 beginnt die Verjährung mit dem Tage, an welchem die Handlung begangen ist. Die Frage aber, wann im vorliegenden Falle die Handlung des Angeklagten begangen erscheint, bemißt sich darnach, ob die Strafbarkeit derselben lediglich in der eigenmächtigen Herstellung des Stadels oder in der Schaffung eines gefahrdrohenden gesetzwidrigen Zustandes besteht. Nun schreibt der §. 87 Ziff. 7 der Bauordnung vor, daß bei Bauten in Waldungen oder weniger als 437,8 m (1500 Fuß bayerisch) von solchen entfernt, wenn nicht die Zustimmung des einschlägigen Forstamts schon von dem Gesuchsteller beigebracht wird, diese Behörde mit ihren Erinnerungen zu hören ist. Diese Vorschrift wurde vorzugsweise mit Rücksicht auf die durch die Errichtung derartiger feuergefährlicher Bauwerke in Waldungen oder in der in Art. 47 des Forstgesetzes bezeichneten Nähe von solchen entstehende fortdauernde Gefährdung des Waldes erlassen, und es liegt demnach das wesentliche, die Strafbarkeit begründende Merkmal der Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen in der Schaffung eines gefahrdrohenden gesetzwidrigen Zustandes.
Im vorliegenden Falle hat der Angeklagte den zur Lagerung feuergefährlicher Materialien bestimmten Feldstadel nur 9,6 m von einem Jungholze und ungefähr 150 Schritte von einem Fichtenwalde erbauen lassen, ohne die Baupolizei um Genehmigung hiezu anzugehen, so daß diese auch das einschlägige Forstamt nicht mit seinen Erinnerungen hören konnte. Hiedurch hat derselbe dem § 6 Abs. 1 der allgemeinen Bauordnung zuwidergehandelt und damit eine Uebertretung nach § 367 Nr. 15 begangen, und da der Feldstadel, also auch der gefahrdrohende Zustand noch besteht, so dauert auch die strafbare That fort, weshalb die Strafkammer mit Recht die Uebertretung des Angeklagten als nicht verjährt angesehen hat. (Rechtsprechung des Reichsgerichts Bd. III S. 117, Entscheid, des Oberlandesgerichts München Bd. III S. 16.)