Nahrungsmittel. Eier
Die Eier sind nebst der Milch und dem Fleische (s. Gartenlaube Nr. 12 und 21) nicht blos die nahrhaftesten, sondern bei richtiger Zubereitung auch die leichtverdaulichsten Nahrungsmittel, denn sie enthalten fast alle die Stoffe in sich, aus denen unser Blut und unser Körper zusammengesetzt ist, auch werden sie vom Magen und Darmkanale aus ziemlich schnell in das Blut übergeführt. – Am Häufigsten werden die Eier der Vögel genossen und zwar nicht nur die der gezähmten hühnerartigen Vögel (wie des Haushuhns, der Fasanen-, Puter- und Pfauenhennen), sondern auch die der Enten, Gänse, Kiebitze; die Neger, Kaffern und Hottentotten verzehren Straußeier; die Isländer, Eskimos und andere Polarvölker essen im Frühjahr die Eier von Möven, Meerschwalben und andern Wald- und Sumpfvögeln; die Neuholländer lieben die Casuareier, die südamerikanischen Indianer die des Emeu. Außer Vogeleiern dienen dem Menschen sodann auch noch die Eier von Amphibien zur Nahrung, denn es werden die der Schildkröten und des Kaiman von den Indianern des Orenoko und von den brasilianischen Völkerschaften genossen. Ja am Amazonenflusse benutzt man den Dotter der Schildkröteneier auch noch zur Bereitung von Butter. Von den Fischen liefern besonders Störe, Karpfen, Hechte, Barsche, Lachse und Forellen in ihren Eiern (Roggen) eine beliebte Speise. Die eingesalzenen Fischeier stellen den bekannten Caviar dar; der beste stammt vom Sterlett (besonders der Wolga und des Jaok), der minder gute von andern Stören, sowie von Hechten, Karpfen, Häringen. Einige Fische, wie Barben und Weißfische, haben Eier, deren Genuß nicht selten unangenehme Zufälle (wie Uebelkeit, Erbrechen, Durchfall) erregen.
Was die Zusammensetzung der Eier betrifft, so ist zwar nur das Hühnerei genauer erforscht, jedoch dürfte die Mehrzahl der übrigen Eier auf ganz ähnliche Weise zusammengesetzt sein, obschon der Geschmack der verschiedenen ein verschiedener ist. Zunächst fällt bei jedem Eie die Schale und innerhalb derselben, das Weiße oder Eiweiß, sowie das Eigelb oder der Dotter in die Augen; als Nahrungsstoff kommen nur der Dotter und das Eiweiß in Betracht. – Das Weiße des Eies bestehet zum größten Theile aus Wasser (82–88%), in welchem Eiweiß (etwa 12–15%) und solche Salze, die sich auch im menschlichen Blute befinden, aufgelöst enthalten sind. Sodann findet sich darin noch eine geringe Menge von Fett, Zucker, freien Gasen und extraktiven Materien, welche für uns ohne besondern Werth sind. Nun halte man aber das gallertartige Eierweiß, wie man es aus frischen Eiern erhält, nicht etwa blos für ein durch Wasser aufgequollenes Eiweiß nebst anhängendem Fett und eingemengten löslichen Stoffen, denn es enthält auch noch unlösliche, feine Häutchen, welche erst auf Zusatz von Wasser sichtbar werden und das Eiweiß nach verschiedenen Richtungen hin durchkreuzen und einhüllen. Wie allem Eiweiße, so kömmt auch dem Eiereiweiß die Eigenschaft zu, durch Hitze fest zu werden, zu gerinnen, und in diesem Zustande weit schwerer verdaulich zu sein, als im flüssigen. – Der Dotter oder das Eigelb, welches eine sehr zähe, dicke, bald gelbrothe bald schwefelgelbe Flüssigkeit darstellt, besteht wie das Eiweiß ebenfalls zum größten Theile aus Wasser (gegen 48–85%), und in diesem ist ein Gemenge von Eiweiß und Käsestoff, das sogenannte Vitellin (etwa 17%) aufgelöst, auch befinden sich in dieser Lösung, wie in der Milch eine Unzahl von Kügelchen und Fettbläschen. Die Dotterkügelchen, welche viel (29%) flüssiges, phosphorhaltiges und phosphorfreies Fett (Eieröl), sowie gelben Farbstoff enthalten, sind ebensowohl den Milch- oder Butterkügelchen (s. Gartenlaube Nr. 12 S. 131), wie auch den Blutkörperchen zu vergleichen; ihr Fettreichthum stellt sie den Milchkügelchen, ihr Gehalt an Phosphor und eisenhaltigem Farbstoff den Blutkörperchen näher. Uebrigens trifft man im Eidotter auch noch auf die gewöhnlichen Salze thierischer Substanzen, besonders auf Kaliumverbindungen, während im Eiweiße Natriumverbindungen und Chlormetalle vorherrschen. Kurz, betrachten wir die chemische Zusammensetzung des ganzen Eies, so ergiebt sich, daß dasselbe dem Blute und der Milch fast ganz ähnlich aus Wasser, Eiweißsubstanzen, Fett, Salzen und Eisen zusammengesetzt ist und demnach ein ausgezeichnetes, sogar sehr concentrirtes Nahrungsmittel sein muß; es muß ein solches aber auch schon deshalb sein, weil das Ei als die materielle Grundlage vollständiger Organismen alle zur Neubildung erforderlichen Materien im richtigen Verhältnisse enthalten muß.
Das Verdauen der genossenen Eier ist danach sehr verschieden, ob das Eiweiß derselben (im Weißen, wie im Dotter) flüssig oder fest war. Das noch flüssige Eiweiß (roher oder weicher Eier) wird nämlich schon nach ein bis zwei Stunden vom Magen aus in’s Blut geschafft, ist demnach sehr leicht verdaulich, während dies mit dem geronnenen Eiweiße erst nach fünf bis sechs und noch mehr Stunden geschieht. Am Schnellsten findet die Verdauung flüssigen Eiweißes dann statt, wenn nur wenig auf einmal in den leeren Magen gebracht wird, denn Versuche lehrten, daß das Eiweiß von nur einem Ei schon nach Verlauf einer Stunde aufgesogen war, das von mehreren Eiern dagegen erst nach zwei bis drei Stunden. Es erleidet übrigens auch das flüssige Eiweiß innerhalb des Magens durch Einwirkung des Magensaftes eine geringe Umwandlung, indem es löslicher, weniger leicht gerinnbar und dem Bluteiweiß ähnlicher wird. Das geronnene Eiereiweiß lößt sich aber dann etwas schneller auf, sobald es in [327] recht kleinen Stückchen (also gut gekaut) in den Magen gelangt, während große Stücken fast niemals ganz aufgelöst werden. Sonach würde einem schwachen Magen nur flüssiges Eiweiß zu empfehlen sein und stets sollte hartes Eiweiß gut gekaut werden.
Das Fett des Dotters, auf welches der Magensaft gar keine Wirkung ausübt, wird im Dünndarme wie alle übrigen Fette durch die Galle und den Darmsaft, vielleicht auch noch durch den Bauchspeichel in so feine Partikelchen zertheilt, daß es einer Mandelmilch ähnlich sieht und leicht von den Saugadern aufgesogen und in das Blut geschafft werden kann. – Bei den Chinesen gelten Eier, die halb bebrütete Junge enthalten, für Leckerbissen.
Bau des gelegten, unbebrüteten Hühnereies. Jedes dieser Eier wird zunächst von zwei Schalen umgeben, von denen die äußerste auch schlechthin Schale genannt wird, hart ist und hauptsächlich aus kohlensaurem Kalke besteht. Sie läßt, trotz dem daß sie ohne Poren ist, doch Luft und Wasserdunst durch sich hindurchtreten. An ihrer innern Fläche befindet sich die zweite, weiche, häutige Schale oder die Schalenhaut; sie ist aus zwei Blättern zusammengesetzt, von denen das äußere durch kleine Wärzchen in Grübchen der harten Schale festhängt, das innere dagegen glatt und dem Eiweiß zugekehrt ist. Am stumpfen Ende (Pole) des Eies weichen diese beiden Blätter der Schalenhaut aus einander und lassen hier den sogenannten Luftraum zwischen sich, der aber erst nach dem Legen des Eies entsteht und sich beim längern Liegen und Bebrüten des Eies sehr vergrößert. Das Weiße des Eies, äußerlich vom innern Blatte der Schalenhaut umgeben und rings um das Dotter liegend, ist eine concentrirte Eiweißlösung, welche in einem zarten Maschennetze eingeschlossen ist und von den beiden Hagelschnüren durchsetzt wird. Die äußere Schicht des Eiweißes ist dünnflüssiger, die innere dagegen dickflüssiger und zäher, besonders an den Enden (Polen) des Eies, rings um die Hagelschnüre herum. Die vom Eiweiße umgebene Dotterkugel, der Dotter, das Eigelb, welches ihres Fettgehaltes wegen leichter als das Eiweiß ist, befindet sich, man mag das Ei drehen wie man will, doch stets dem nach oben gehaltenen Theile der Schale etwas näher und nicht im Mittelpunkte des Eies. Es besteht der Dotter, wie schon gesagt wurde, aus Körnchen, Kügelchen und Fettbläschen und wird von einer ganz feinen, durchsichtigen Haut, der Dotterhaut, eingeschlossen. Im Mittelpunkte des Dotters befindet sich eine Stelle (Centralhöhle) aus hellerer Dottermasse und von dieser führt ein Gang mit ebensolcher Dottermasse nach der Oberfläche des Dotters zum Keimbläschen hin, welches jetzt dicht unter der Dotterhaut liegt, früher aber im Mittelpunkte des Dotters lag und von einer hellen gefärbten Schicht des Dotters, der sogenannten Keimschicht, Keimscheibe oder Dotterscheibe, umgeben wird. Im befruchteten und ausbrütungsfähigen Eie findet sich hier dicht unter der Dotterhaut der sogenannte Hahnentritt oder die Narbe, welche als ein scheibenförmiger, weißer Fleck durchschimmert und aus dem Keimhügel und Keime besteht, welcher letztere von Hofringen (Halonen) umgeben ist und sich durch das Bebrüten zum jungen Vogel entwickelt (s. in einem spätern Aufsatze). Noch sind dann schließlich die Hagelschnüre oder Chalazen zu erwähnen, zwei spiralig gedrehte Fäden, die sich von der Dotterhaut, die eine zum stumpfen, die andere zum spitzen Ende oder Pole des Eies, durch das Eiweiß hindurch zieht. – Bald nach dem Anfange, schon in den ersten Stunden der Bebrütung, trennt sich, natürlich nur in Eiern mit Hahnentritte, der Keim vom Dotter und wird zur Keimhaut, die sich dann allmälig zum Vögelchen fortbildet.
NB. Die Verderbniß der Eier beruht auf der Fäulniß, besonders des Eiweißes, mit Hülfe des Sauerstoffs der im Luftraume des Eies befindlichen atmosphärischen Luft. Man würde deshalb Eier recht gut und sehr lange vor dieser Fäulniß bewahren können, wenn man frisch gelegte Eier, die ja noch keinen Luftraum haben, vor dem Lufteintritt dadurch schützte, daß man ihre Schale durch Bestreichen mit Fett, Gyps mit Fett, Kautschuk, Collodium u. dergl. luft- und wasserdicht machte.