Nachtgedanken (Heine)
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XXIV. Nachtgedanken. Denk ich an Deutschland in der Nacht, 5 Die Jahre kommen und vergehn!Seit ich die Mutter nicht gesehn 10 Die alte Frau hat mich behext,Ich denke immer an die alte, [275] Die alte Frau hat mich so lieb,Und in den Briefen, die sie schrieb, 15 Seh’ ich wie ihre Hand gezittert,Wie tief das Mutterherz erschüttert. 20 Seit ich sie nicht an’s Herz geschlossen.
25 Nach Deutschland lechzt’ ich nicht so sehr,Wenn nicht die Mutter dorten wär’; [276] Seit ich das Land verlassen hab’,30 So viele sanken dort in’s Grab,Die ich geliebt – wenn ich sie zähle, 35 Mir ist als wälzten sich die LeichenAuf meine Brust – Gottlob! sie weichen! 40 Und lächelt fort die deutschen Sorgen.
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Anmerkungen (Wikisource)
Auch in: Zeitgedichte. Düsseldorfer Heine Ausgabe, Bd. 2, S. 129-130