Nach dem Sturm (Die Gartenlaube 1897/25)
[427] Nach dem Sturm. (Zu dem Bilde S. 412 u. 413). Brax Folkert war ein forscher Seemann. Und er hatte sich wacker versucht im Leben. Als sie ihn zur Marine aushoben, da hatte er vor Freuden sich nicht lassen können. „Hurra, nu geih’t in de Welt!“ Seitdem hatte er die „Erde und sieben Dörfer“ gesehen, hatte Salzwasser genug geschluckt und sich den Schaum um die Stirn spritzen lassen. Zweimal im Taifun hatte er mit dem Schiff zum Kentern gelegen, einmal war er über Bord gegangen, oben aus der Kreuzbramrah beim Segelexerzieren. Aber sie hatten ihn wieder gefischt, fehlte freilich nicht viel, daß ihn zum Schluß noch ein Hai erwischt hätte, und ein andermal war er mit der Gig des Kommandanten in der Brandung gekentert. Die Sache sah bedenklich aus, aber er hatte, aus dem brodelnden Gischt auftauchend, lustig gelacht. „Nee, so licht bün ick nich dod to kriegen!“
Dann war er heimgekommen und zur Reserve entlassen worden. Am Strand der Nordsee stand die Fischerhütte, in der er geboren war, und zu ihr zog es ihn hin. Der Vater war alt und gichtlahm und es wurde ihm sauer, ins Boot zu gehen und die „Riemen“ zu führen und mit dem großen Netz zu hantieren, da sollte Brax Folkert nun helfen mit seiner jungen Kraft. Und dann war noch etwas da, was ihn mächtig zog: nebenan, in Jes Jessens Fischerkate, da war die blonde Wiebke zu Haus, und mit der war er eins geworden, ehe er hinausging. „Wi wullen uns’ Plünnen tosamensmieten.“ Er hatte sie lieb, und sie dachte nur an ihn, wie er draußen war, und betete für ihn, wenn der Sturm über die See brauste. Und nun hatten sie ihr Haus gegründet – „Rüm Hart, klar Kimmming!“ (Weites Herz, klarer Horizont!) hatte ihm der Pfarrer zugerufen wie sie aus der Kirche traten und ihm freundlich auf die Schulter geklopft. Und Wiebkes Augen hatten nett in den Tag geschaut.
Es ging so alles so gut in der Fischerhütte. Sie wollten beide das Rechte. Und arbeiten wollten sie. Da war er denn wieder eines Morgens mit Sonnenaufgang an den Strand gegangen, er und Wiebkes Bruder und der Fischerknecht Peter, und hatte das Boot klar gemacht. „Hol’ di munter, Wiebke!“ hatte er gesagt und sie lachend umfaßt, und dann hatten sie Segel gesetzt und waren hinausgefahren vor frischer Brise. „Bang di man nich, wenn’t ’n beten lang duert!“