Zum Inhalt springen

Monolog mit Chören

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor: Kurt Tucholsky
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Monolog mit Chören
Untertitel:
aus: Mit 5 PS Seite 350-351
Herausgeber:
Auflage: 10. – 14. Tausend
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1928
Verlag: Ernst Rowohlt
Drucker: Herrosé & Ziemsen
Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
Aus dem Zyklus: Wenn der alte Motor wieder tackt
Erstdruck in: Weltbühne, 25. August 1925
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[350]

 Monolog mit Chören

Ich bin so menschenmüde und wie ohne Haut.
Die andern mag ich nicht – sie tun mir wehe.
Wenn ich nur fremde Menschen sehe,
lauf ich davon – wie sind sie derb und laut!

5
Ich bin so müde und wie ohne Haut!

(Chor der Arbeitslosen): Das ist ja hervorragend interessant, Herr Tiger!

Ich spinn mich selig in die Schönheit ein.
Schönheit ist Einsamkeit. Ein stiller Morgen
im feuchten Park, allein und ohne Sorgen,

10
durchs Blattgrün schimmert eine Mauer, grau im Stein.

Ich spinn mich selig in die Schönheit ein …
(Chor der Proletariermütter): Wir wüßten nicht, was uns mehr zu Herzen ginge, Herr Tiger!

Ich dichte leis und sachte vor mich hin.
Wie fein analysier ich Seelenfäden,

15
zart psychologisch schildere ich jeden

und leg in die Nuance letzten Sinn …
(Chor der Tuberkulösen): Sie glauben nicht, wie wohl Sie uns damit tun, Herr Tiger!

Ich dichte leis und sachte vor mich hin …

(Alle Chöre): Wir haben keine Zeit, Nuancen zu betrachten!

20
Wir müssen in muffigen Löchern und Gasröhren übernachten!

Wir haben keine Lust, zu warten und immer zu warten!
Unsre Not schafft erst deine Einsamkeit, deine Stille und deinen Garten!

[351]

Wir: Arbeitslose, welke Mütter, Tuberkelkranke wollen heraus
aus euerm Dreck in unser neues Haus!

25
Wir singen auch ein Lied. Das ist nicht fein.

Darauf kommts auch gar nicht an. Und wir stampfen es euch in die Ohren hinein:

 Völker, hört die Signale!
 Auf zum letzten Gefecht!
 Die Internationale

30
 Erkämpft das Menschenrecht –!