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Moltkes Ruhestätte

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Moltkes Ruhestätte
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 355
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[355] Moltkes Ruhestätte. (Mit Abbildung.) Im Parke von Creisau, etwa einen Kilometer vom Herrenhause entfernt, liegt auf einem mit niedrig gehaltenen Fichten dicht bewachsenen Hügel eine kleine Kapelle, ganz überwachsen von den üppigen Ranken der Kletterrose. Moltke hat sie einst erbauen lassen, als ihm – am Weihnachtsabend des Jahres 1868 – der größte Schmerz seines Lebens widerfuhr, die geliebte Lebensgefährtin von seiner Seite gerissen wurde. Wenn man das von einem bläulichen Lichte übergossene Gewölbe betritt, so hat man den Sarg der Gattin zur Linken, rechts davon steht ein zweiter Sarg, der die sterblichen Ueberreste von Moltkes Schwester, zugleich der Stiefmutter seiner Gemahlin, birgt. Zwischen beiden war bisher eine Lücke – jetzt ist sie gefüllt: hier haben sie die Gebeine des großen Feldmarschalls zur letzten Ruhe bestattet.

Die stille Grabkapelle war, als der schlichte Gutsherr von Creisau noch lebte, ein fast tägliches Wallfahrtsziel des einsamen Mannes. Dann legte er wohl einen frisch erblühten Zweig, eine Rose auf den Sarg der Verstorbenen und weilte bei ihr in treuem Gedenken. Jetzt ist er auf ewig an ihrer Seite gebettet, im Tode vereint mit der, die im Leben ihm zu früh entrissen. Ein segnender Christus, eine Nachbildung der Statue von Thorwaldsen, breitet seine Hände über den drei Särgen aus und ein Bibelwort verkündet uns, in welchem Geiste die hier Ruhenden auf Erden gewandelt: „Die Liebe ist des Gesetzes Erfüllung.“

Von der Höhe des Hügels fliegt unser Blick hinaus auf das schöne Schlesierland, auf die Schlachtfelder des großen Königs und der Befreiungskriege. Manch edles Soldatenherz ist hier verblutet, manch wackerer Sohn der deutschen Erde ruht hier vom heißen Streite. Ihre Geister aber umschweben raunend die Kapelle, darin der todte Feldherr schläft.

Die Grabkapelle in Creisau.
Nach einer Zeichnung von R. Püttner.