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Modebericht (Illustrirte Zeitung, 1843, Heft 1)

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Modebericht
Untertitel:
aus: Illustrirte Zeitung, Nr. 1 vom 1. Juli 1843, S. 15–16
Herausgeber: Johann Jacob Weber
Auflage:
Entstehungsdatum: 1843
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: J. J. Weber
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: MDZ München, Commons
Kurzbeschreibung:
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Bearbeitungsstand
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Modebericht.

Indem ich zum ersten Mal die Feder ergreife, um alle die wichtigen und nichtigen Dinge niederzuschreiben, die man mit dem einen Worte die Mode bezeichnet, bin ich in großer Verlegenheit über die Wahl des Standpunktes, von dem aus ich die Portraits auffassen soll, um bei einem neuen Publikum das Lob der Aehnlichkeit zu verdienen. Die Mode hat so viele Gesichter und einen so verschiedenen Ausdruck; sie hat so viele Bedürfnisse; es giebt einen einzigen Punkt, über welchen sie einig ist in der ganzen Welt: das ist die Wahrheit. Eine Frau vor allen Dingen hat nichts so sehr zu fürchten, als Irrthümer und Uebertreibungen; es ist ohne Frage minder anstößig, hinter der Mode zurückzubleiben, als sie zu überbieten.

Mir ist wenigstens eine kleine Frau mit einem Hute vom vorigen Jahr bei Weitem lieber, als Eine mit einem von den Hüten, die selbst im nächsten Jahr noch nicht Mode sein werden. Die Hüte fielen auf den Nacken; man hat sie dann auf den Kopf gesetzt, und nur einige Frauen von schlechtem Geschmack, welche blos den Effect im Auge haben, haben sie so in das Gesicht gerückt, daß sie die Augen bedecken, und das nennen diese Frauen die höchste Eleganz. Wie verfehlt! denn nichts, was die Blicke der Vorübergehenden durch seine Fremdartigkeit auf sich zieht, nichts, was von dem Gewöhnlichen abweicht – außer durch [16] seine gewählte Einfachheit – kann als Muster oder Vorbild dienen.

Wir werden uns nicht zum Gesetz machen, stets Neuigkeiten zu bringen; allein es wird unser Bemühen sein, nur Wahrheit zu geben. Sollten unsere Zeichnungen bisweilen in drei bis vier Wochen keine oder doch nur geringe Veränderungen zeigen, so bitten wir diejenigen, die Neuigkeiten um jeden Preis verlangen, vielmehr das Stillstehen der Mode, als das Zurückbleiben unserer Berichte anzuklagen. Wir werden unsere Zeichnungen sorgfältig prüfen und uns bemühen, genau zu sein. Wenn einige Modeberichte durch ihre goldnen Locken oder die glänzend schwarzen Flechten bestechen, wenn sie sich poetische Freiheiten gestatten und das Haar in seidenweichen Wellen lose auf die Schultern fallen lassen, oder wohl gar verlockt durch einen Haarputz de dentelles au plus léger einen Schmetterling von Spitzen beschreiben, der seine eigensinnigen Flügel entfaltet – so werden wir von dem Allen nichts haben, allein zuverlässig sein. Wir werden die Trachten beschreiben, welche die Frauen von Welt wirklich tragen, und wie sie dieselben tragen; wir werden die Moden mittheilen, wie sie in den Magazinen sich finden, oder doch finden sollten; wir werden von den Toiletten sprechen am Morgen und am Abend; wir werden der Meubles, dieser kostbaren Ausstattung des Innern des Hauses Erwähnung thun, und der Equipagen, dieser unerläßlichen Zugabe des Glanzes nach Außen; mit einem Worte wir werden von allen den Gegenständen, welche der Mode unterworfen sind, auch nicht den geringsten unberührt lassen.

Das erste Modebild giebt eine Wiener Mode. Der Oberrock von Tarlatane, mit Rosaband durchzogen, ist einem Original von J. G. Beer nachgezeichnet; der Zughut mit Blumen und Spitzen, ebenfalls rosa ausgeputzt, ist von Madame Langer erfunden, und beide sind schon

etwas neuer als die Ueberkleider von Chamäleon-Seide, die um ihres reizenden Farbenspieles willen bei dem Beginne des Frühlings allgemein herrschend waren. Die sehr langen Kleider sind nur vorn ein wenig gekürzt, was immer als ein Schritt zum Bessern gelten mag.

Das folgende Bild bietet unsern Lesern den Brautanzug der Gräfin J. in Paris, welche besser als Viele es verstand, die schwierige Stellung zwischen Mädchen und Frau auf die liebenswürdigste Weise zu behaupten und auch in ihrer Toilette den modischen Ballanzug durch eine Tracht zu ersetzen, welche die höchste Eleganz mit der höchsten Einfachheit vereinigte und einen reizenden Anblick gewährte. Das Kleid war von weißem Sammet mit hochansteigendem Leibchen und langen Aermeln, vorn herunter mit Diamantknöpfen besetzt; ein langer englischer Schleier fiel nach hinten von dem Orangeblüthenkranze auf dem Scheitel gehalten; der Brautstrauß war von edlen Steinen: Perlen bildeten die Knospen, und Blätter von emaillirtem Gold umfaßten das Ganze und hoben die einzelnen Blumen glücklich hervor.

Nichts kann angemessener sein, als eine ernste und bescheidene Brauttoilette; denn in der That, der Augenblick, wo sie

an der Hand des erwählten Gatten vor das Angesicht des Himmels tritt, ist nicht der, wo sie für das Auge der Welt sich kleiden sollte. Es ist eben deshalb auch der Schleier der angemessenste Schmuck einer Braut, denn er deutet symbolisch die Trennung an, die zwischen ihr und der Außenwelt eintreten soll; eben deshalb machte auch die Brauttoilette der Gräfin J. ungemeines Aufsehen; sie war zugleich so bedeutend, und doch so jungfräulich; die Diamanten auf dem reichen Stoffe, der kostbare und prachtvolle Schleier, die Entfernung aller blos putzenden Edelsteine; alles war in dem vollkommensten Einklange. Auch war es die Gräfin J., welche, als sie unter ihren Brautgeschenken ein herrliches Armband mit einem Miniaturportrait, von einer fünffachen Reihe von Diamanten eingefaßt, erhielt, nur die überraschende Aehnlichkeit wahrnahm, während alle umstehenden Damen nichts vom Bilde und nur die wundervollen Diamanten gesehen hatten.

Die untenstehenden Herren-Moden sind von Humann.