Miscelle (Das Ausland, 1828, Nr. 8)
Die Unwissenheit und der Aberglaube, in die auch in Frankreich die große Masse des Volkes noch viel allgemeiner versunken ist, als man gewöhnlich voraussetzt, werden nicht selten Veranlassungen von Verbrechen, die zu charakteristisch für den Culturzustand der ganzen Klasse sind, der die straffälligen Individuen angehören, als daß wir denselben nicht in diesen Blättern eine Stelle einräumen sollten.
So erschien kürzlich ein junger Bauer aus der Gegend von Rheims, Namens Marc, vor Gericht, den sein Wunsch, bei der Conscription ein günstiges Loos zu ziehen, zu einem eben so albernen als strafwürdigen Vergehen verleitet hatte. Ein Schäfer den er um Rath gefragt hatte, gab ihm ein Buch, welches den Titel führt: „Der rothe Drache (Le Dragon rouge), oder die Kunst, über die Geister im Himmel, in der Luft, auf der Erde und in der Hölle zu herrschen, sammt dem wahren Geheimniß, die Todten zu beschwören, jedesmal in der Lotterie zu gewinnen, u. s. w.“ Zugleich belehrte er den einfältigen Tropf, daß er nur dann Nutzen von dem Buche haben könnte, wenn er es von einem Priester weihen und consecriren lasse. Marc gewann durch Bestechung einen Chorknaben, das Buch unter das Altartuch an die Stelle zu legen, wohin bei der Messe der Kelch gesetzt wird, um es so an der Consecration – wie er meinte – mit Theil nehmen zu lassen. Unglücklicher Weise fiel es aber dem Pfarrer ein, den Altar vor der Messe selbst in Ordnung zu bringen und so fand er zu seinem Erstaunen unter der Decke das Zauberbuch. Marc, der seinen Schatz nicht verlieren wollte, schrieb ihm darauf einen Brief, worin er ihm den Tod drohte, wenn er das Buch nicht in aller Form weihen und ihm zurückgeben wollte. Der Pfarrer schickte Buch und Brief an die Gerichte nach Rheims, welche den Angeklagten mit einem ernsten Verweis entließen.