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Miscellaneen (Journal von und für Franken, Band 2, 5)

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Textdaten
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Autor: Diverse
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Titel: Miscellaneen
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aus: Journal von und für Franken, Band 2, S. 619–624
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1791
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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X.
Miscellaneen.


1.
Oft treffen Herrschaften und Obrigkeiten die besten Anstalten, einen wohlthätigen Plan auszuführen. Und gleichwohl begegnet es ihnen, daß auch die herrlichsten Verordnungen fruchtlos und die geschärftesten Vorschriften unbefolgt bleiben. Der Leser des Journ. von und für Franken vergleiche hiezu eine der neusten vaterländischen Anekdoten im I. Bande II. Heft S. 213. ff. vom Tode des armen Einsidlers im Ranunger Thal und das Benehmen des Wirzburgischen Centbeamten. Wie wahr ist die Bemerkung, mit welcher jener Verfasser seinen Aufsatz schließt: „Wer aus weisen Verordnungen eines Regenten immer auf weises Handeln derer, welche die Gesetze handhaben sollen, fortschließt, begeht einen Fehler.“ Solche| Fehlschlüsse recht bemerkbar zu machen, – dazu dient die Publicität, welche den verkannten Rechtschaffenen im verdienten Lichte darstellt und vor unverdienten Beschuldigungen sichert.

Mit Befremden las ich in eben diesem 2ten Hefte des I. Bandes vom Journ. v. u. f. Fr. S. 217. jene Stellen, welche das schändliche Collectiren der Juden zu Niederwehrn für das Coburgische Lotto betreffen. Mit Befremden; weil ich mir das Stillschweigen der Freyherren von Münster zu einem der verruchtesten Gewerbe nicht erklären konnte. Wahre Ehrfurcht für eine so edle Familie trieb mich an, dem Grund oder Ungrund der Sache weiter nachzuspüren, und nun bin ich im Stande, dem Publico das Resultat meiner Untersuchungen vorzulegen.

Leider hatten sich einige Niederwehrner Juden mit Collectiren für die Coburgische Glücksbude abgegeben. Wie dieß aber der Stammhalter der von Münsterischen Familie, der Herr Geheime Rath und Oberamtmann zu Vorcheim, Karl Freyherr von Münster aufgenommen habe, zeigt folgendes Rescript an das Amt Niederwehrn: „Dem Vernehmen nach sollen sich in Niederwehrn sowohl noch Collecteurs von dem Lotto, als auch Einspielende befinden. Die Schädlichkeit dieses Land- und Leutverderblichen Lottospielens ist bereits in dem ganzen R. Reich eingesehen und verbotten worden. Damit nun auch unsere Unterthanen vor dieser Pest gesichert werden; so ergehet andurch der ernstgemessenste Befehl dahin, daß derjenige, welcher sich unterstehen würde, von Publicirung dieser Verordnung an, eine Collecte irgend eines Lotto, oder einen Einsatz einzunehmen, auf der Stelle seines dießherrschaftlichen| Schutzes verlustiget seyn solle; so wie derjenige, auf welchen herausgebracht werden kann, daß er in eine Niederwehrner oder andere Lottocollecte einleget, in die unnachläßliche Strafe von 30 Rthlr. für das erste- dann Hinwegjagung aus dießortlichem Schutz und Territorium für das zweytemal angesehen werden solle. Herr Amtsverweser Kappler hat also hierauf nicht allein fleisige Aufsicht und Nachfrage zu halten, sondern auch diesen Befehl sowohl bey der Gemeinde, als auch bey der Judenschafft sogleich publiciren zu lassen, und diesem mit beyzufügen, daß einem dießfallsigen Denuntianten mit Verschweigung seines Namens 5 fl. Frk. Belohnung ertheilet werden solle.

Decretum Euerbach den 26 Julii, 1790.

Karl Philipp Ignaz Freyherr von Münster.“ 


Einer der Hauptcollecteurs, der Jud Laser, hatte noch die Frechheit, um fernere Gestattung seines Unfugs supplicando bey dem Herrn Geheimen Rath von Münster einzukommen; und mußte – was weiß ein Jude nicht? – sich zu Erhörung seines Gesuchs die schriftliche Fürbitte eines Mannes zu erschleichen, der gern scheinen möchte, allen helfen zu können. Nichts desto weniger blieb der Freyherr Karl von Münster seinen Grundsätzen treu, schlug das Gesuch des Juden mit aller Indignation, die es verdiente, ab, verwies auf die ergangene Verordnung, befahl dem Amt wiederhohlt, nicht bloß obenhin zu wachen, sondern vermittelst des Amtsdieners Versuche anzustellen, ob nicht der Thäter über der That ertappt werden könnte. Wenn dieß aber gleich bisher vergeblich war, so sieht doch das Publicum aus| dieser Relation, daß wenigstens der Stammhalter Karl von Münster auch von dem mindesten Verdacht einer Begünstigung des schändlichsten und ehrlosesten Gewerbes frey gesprochen werden müsse.


2.
Gochsheim den 15 Maii 1791. 

Die Berechnung des Aufwands, den die 25 jüdischen Haushaltungen zu Gochsheim jährlich für Betteljuden machen müssen, veranlaßte Ihro Hochfürstl. Gnaden, nachdem Herr Hofrath Rödlein, Judenamtmann zu Wirzburg, bereits eine weitläuftige Relation in Sachen des jüdischen Armenwesens und dessen Verbesserung erstattet hatte, mich zu sich entbieten zu lassen. Ich hatte die höchste Gnade, diesem durch seine Sorgfalt fürs Armenwesen sich so besonders auszeichnenden Fürstbischoff 11/2viertel Stunden lang unterthänigst aufwarten zu dürfen. Mit der gnädigsten Herablassung und Milde, die mich bis zu Thränen rührte, hörte dieser Menschenfreund meine Vorschläge über die Verbesserung meiner nothleidenden Glaubensbrüder an, die ich nächstens zur Belehrung meiner Nation in einer eigenen Schrift vorlegen will. Höchstdieselben erlaubten mir sogar, Ihnen diese Schrift zueignen zu dürfen, mit dem ausdrücklichen Zusatz: Aber nur kurz und ohne Schmeicheleyen; denn ich bin kein Freund von Complimenten. Da ich meine Besorgnisse wegen auszustehender Verfolgungen von meiner eigenen Nation, die jede Änderung verabscheue, zu äussern wagte: so versicherten mich Höchstdieselben Ihres besondern gnädigen Schutzes, wenn es irgend einem Eiferer fürs Alte einfallen sollte mich zu beeinträchtigen.

Joseph Isaak, Bücherhändler.


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3.

Den 7ten May starb Hr. Pfarrer Röder zu Ebersdorf im 88sten Jahre seines Lebens. Er übte das Evangelium, das er predigte, und ward von seiner Gemeinde herzlich geliebt. Der als Gelehrter und Schriftsteller bekannte Hr. Geh. Regierungsrath Röder zu Hildburghausen ist sein Sohn.


4.

Den 11ten May ist der Prälat zu Langheim, Cistercienser-Ordens, begraben worden. Nun werden die seit mehreren Jahren in diesem Kloster herschenden Streitigkeiten wohl auch einem glücklichen Ausgange nahe seyn. Gott schenke den Conventualen daselbst einen vernünftigen und gelehrten Prälaten; damit die Schätze ihrer schönen Bibliothek nicht länger in Moder und Staub vergraben bleiben. Des Prälaten Leben von einer unparteyischen Feder beschrieben, (denn er hatte viele Feinde, aber auch allzuwarme Anhänger) wäre gewiß den Lesern Ihres Journals ein angenehmes Geschenk, aber die Wahrheit darf nicht immer sich aus den Klostermauern wagen.


5.
Aus Eichstätt den 11 April. 
Seit dem Anfang dieses Monats erscheint bey uns ein Gnädigst privilegirtes Eichstätter-Intelligenz-Blatt, von welchen ich Ihnen hier eine Probe beylege. Sie sehen daraus, daß es die gewöhnliche Einrichtung der Intelligenzblätter hat, welche Bekanntmachungen der Ämter und der Privatpersonen, Beförderungen, Anzeigen der Gebornen und Gestorbenen, Marktpreise und Taxen der Victualien etc. enthalten. Die Anzeige der Fremden gibt nicht immer die Zunamen an, sondern nur den Stand der Reisenden; z. E. vier geistliche Herren von Ingolstadt, ein Dienstloser Läufer, ein Handelsmann mit geistlichen Waaren| von Murnau. Die Aufsätze, welche den leeren Raum ausfüllen, werden vielleicht künftig eine noch zweckmäßigere Einrichtung erhalten, da sie ein brauchbares Vehikel sind, nützliche Kenntnisse zu verbreiten.


6.
Nürnberg den 4 May. 

Der Ausgang der Cassendiebstahlsgeschichte war dieser. Der Barbier, Heinrich Andreas Kirchmeyer, wurde von der Instanz absolviret und am 12 Febr., nach Bezahlung der Sitz- Atzungs- und Inquisitions-Kosten, seines Verhafts entlassen. Er gab dem durch seine Unüberlegtheit ins Unglück gebrachten Erdmann oder vielmehr dessen Kindern 300 fl. zur Entschädigung, welche zum Besten derselben im Vormundamte niedergelegt worden sind. Kirchmeyer hat nun seine Unterkunft anderwärts gesucht, da das hiesige Publicum noch größtentheils sehr gegen ihn aufgebracht ist, und er seine Kundschaft verloren hat. Er hat zu Kirchleis im Bayreutischen eine Badstube gekauft, und wird sich dort niederlassen. Am 9 April empfing der Schlossermeister Christian Gottlieb Gößer, aus Dresden gebürtig, sein Urtheil, welches ihm eine halbe Stunde Pranger, den Staupenschlag und auf unbestimmte Zeit Zuchthaus-Arrest zuerkannte. Sein Geselle und Mitgehülfe, Michael Melchior Blößel, von hier, wurde öffentlich in das Zuchthaus auf unbestimmte Zeit gebracht, und erhielt zum Willkomm acht Streiche. Die Frau des Schlossers wurde, nach Bezahlung ihrer Kosten, losgelassen und ihr der fünfmonatliche Arrest in den Weiber-Eisen als Strafe angerechnet. Erdmann, Schönleben und Reuter sind nun gänzlich absolvirt. – Merkwürdig ist der Umstand, daß bey der letzten Gefängnißvisitation sich kein Criminaldelinquent in unserm Lochgefängniß befand.