Memento mori!
Memento mori!
Mittsommertag – vor seiner Schwüle
Suchst, holde Maid, du Zuflucht hier;
Des alten Friedhofs schatt’ge Kühle
Weht um die heißen Schläfen dir.
Verloren ganz in süßes Träumen
Gingst achtlos du den Pfad dahin;
Geheimes Flüstern in den Bäumen
Nahm dir gefangen Herz und Sinn.
Da plötzlich aus der Blätterwildniß
Ragt auf vor dir ein Leichenstein,
Und einer Jungfrau ernstes Bildniß
Grüßt mahnend dich im Dämmerschein.
Es überrieselt dich ein Schauer:
Dir ist’s, als öffne sich ihr Mund
Und thäte dir in herber Trauer
Das Räthsel ihres Daseins kund.
Wo heut du gehst, ist sie geschritten
Im Prunke längst verscholl’ner Tracht;
Sie hat wie du geliebt, gelitten,
Sie hat wie du geweint, gelacht.
Dereinst vor hunderten von Jahren
War sie so jung und schön wie du –
Sie sank mit ungezählten Schaaren
Wie herbstlich Laub zur Todesruh.
Nur eine winzig kurze Spanne,
Da wirst auch du wie diese sein,
Verfallen dem urew’gen Banne –
Noch aber glänzt dein Sonnenschein.
So flieh die bange Todtenklage!
Dir ist die Welt noch reich geschmückt –
Nutz’ deines Sommers flücht’ge Tage:
Beglücke – und du bist beglückt!
Ernst Scherenberg.