Melpomene/Band 2/048 Bei dem Grabe eines jungen Mannes
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48. Bei dem Grabe eines jungen Mannes.
Melod. IV.
1. In diesem Grabe modert
Ein abgezehrter Mann,
Der, was die Pflicht gefodert,
Gewissenhaft gethan.
2. Er war schon lang in Kräften
Im ganzen Leibe schwach,
Doch gieng er den Geschäften
Von seinem Handwerk nach.
3. Das Übel wurde schlimmer,
Ein Husten kam dazu,
Und nun entwich auf immer
Von ihm des Schlafes Ruh.
4. Er brauchte zwar Arzneien,
Und nahm sie pünktlich ein,
Und ließ sich nichts gereuen
Bei seiner Qual und Pein;
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5. Allein es war vergebens,
Die Hülfe kam zu spät,
Der Faden seines Lebens
War schon zu dünn gedreht.
6. So schwand sein junges Leben
Und jede Kraft dahin,
Doch gab er ohne Beben
Es Gott zum Opfer hin.
7. Denn wer sein ganzes Leben
Der Pflicht und Tugend weiht,
Ist ohne Furcht und Beben
Zum Tode stets bereit.
8. Laßt uns daher verlassen
Die Bahn der Tugend nicht,
Dann zeiget beim Erblassen
Uns Gott sein Angesicht.