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Melpomene/Band 2/015 Bei dem Grabe einer Frau, die auszehrte

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aus: Melpomene
Seite: Band 2, S. 61-63
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[61]

15. Bei dem Grabe einer Frau, die auszehrte.

Melod. V.

Tiefe Trauer füllet unsre Seelen
Bei dem Grabe unsrer Schwester hier.

1. Ach zu früh für ihre Lieben
War der Tod ihr vorgeschrieben!
Und in tiefer Trauer klagen wir.
[62]
2. Für des Wohlbefindens Freuden
Mußte sie schon lange leiden,
Und es ward ihr kein Ersatz dafür.

3. Eine schwere Leidenkette
War ihr hartes Krankenbette
Welche erst in Todes Händen brach.

4. Zwar sie brauchte Medizinen,
Welche ihr zu helfen schienen,
Doch es folgte keine Hülfe nach,

5. Grössre Schmerzen kamen wieder
Und durchwühlten alle Glieder,
Doch sie litt es Alles mit Geduld;

6. Ihre Hoffnung zur Genesung
Wurde Sehnsucht nach Erlösung,
Und nach Gottes grenzenloser Huld.

7. Endlich nahte ihrem Herzen
Sich der Tod in Qual und Schmerzen,
Unter Ohnmacht Zuckungen und Krampf.

8. Immer ward ihr Athem schwächer,
Und sie trank den Todesbecher,
Und erlag in diesem schweren Kampf.

9. Doch sie litt die größten Schmerzen
Stets mit gottergebnem Herzen,
Und mit wahrhaft christlicher Geduld,

10. Sie bereute ihre Sünden,
Und wird sicher Gnade finden,
Und Verzeihung ihrer Sündenschuld.
[63]
11. Und in jenen sel’gen Höhen
Werden wir sie wieder sehen,
Wenn auch uns berührt des Todes Hand.

12. Denn es währet nicht mehr lange,
Wirds auch uns im Tode bange,
Und es bricht auch unser Lebensband.

13. Lasst uns also noch bei Zeiten
Uns zum Tode vorbereiten,
Eh er unvermuthet uns befällt;

14. Ruhig können wir dann sterben,
Und des Himmels Freuden erben,
Dort im Reiche jener bessern Welt.