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Meine liebsten Hausheilmittel

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Textdaten
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Autor: Carl Ernst Bock
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Titel: Meine liebsten Hausheilmittel
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 41, 44, S. 587-588, 626-628
Herausgeber: Ferdinand Stolle
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1858
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[587]
Meine liebsten Hausheilmittel.

Auch wenn ein Stoff nicht aus der Apotheke stammt, so kann er doch ein ganz vortreffliches Heilmittel sein, ja man wagt wirklich nicht zu viel, wenn man behauptet, daß die meisten Apothekenmittel eigentlich gar keine und am allerwenigsten vortreffliche Heilmittel sind. Daß aber alle Mittel der homöopathischen Apotheken, sogar die mit lebensmagnetischer Kraft zusammengeschüttelten und dadurch wirksamer gemachten homöopathischen Mittel der Lutze’schen Hausapotheken (mit 135 Mitteln für 2 und 60 Mitteln für 1 Louisd’or, mit 80 Mitteln für 7 und mit 40 Mitteln für 2 Thaler) in homöopathischer Gabe = 000 d. h. gleich ganz und gar Nichts sind, versteht sich von selbst. – Naturgemäße Hausmittel, passend angewendet, die sind es, welche in den allermeisten Fällen von Kranksein die wahren Heilmittel abgeben, obschon ihnen fast stets, vom Kranken wie vom Arzte, ganz ungerechter Weise ihre Heilmacht abgesprochen und irgend einem gleichzeitig angewendeten, aber mittels Receptes aus der Apotheke herbeigeholten, übrigens ganz unnützen Arzneistoffe zugesprochen wird. Es verhält sich dies ganz so wie mit den Bädern und Mineralwässern; was geistige und gemüthliche Ruhe, vernünftige körperliche Bewegung, Licht und Luft, Wasser und Nahrung in den Bädern Gutes am Kranken thun, das wird dem Bischen Arzneistoffe (Salzen, Schwefel, Eisen, Kohlensäure u. s. w.) oder wohl gar dem Brunnengeiste im Mineralwasser zugeschrieben. Weil dies aber von den Meisten geschieht, und das Trinken und Baden für wichtiger als das diätetische Verhalten während der Cur gehalten wird, eben darum nützen auch die Badereisen so Wenigen. Ja wenn nicht blos von Denen, welchen ein bestimmtes Bad geholfen zu haben scheint, so laut die Heilkraft desselben ausposaunt würde, sondern wenn auch Die, denen ein Bad nicht nur nichts genützt, sondern sogar geschadet hat, ihre Stimme über die Wirksamkeit desselben hören ließen, der Besuch der Bäder und die Consumtion [588] des Mineralwassers daselbst würde sicherlich sehr bald zum Schrecken der Badeärzte ganz aufhören und einem zweckmäßigen diätetischen Verhalten weichen müssen, was allerdings in Badeorten am besten und bequemsten durchgeführt werden kann.

Unter Hausheilmitteln wollen wir nun aber nicht etwa irgend welche von einem Schäfer oder Hufschmiede empfohlenen oder in der Großmutter Handkörbchen aufgelesenen oder von Charlatanen und Betrügern für hohen Preis verkauften Geheimmittel, Kräuter, Thees, Säfte, Elixire, Balsame, Pflaster, elektrische und magnetische Ketten und Ringe, Amulette, Versprechungen und dergleichen Hokuspokus verstanden wissen, sondern solche in den Apotheken nicht vorhandenen, bei Krankheiten trotzdem aber dienlichen Stoffe und Verfahrungsweisen, welche auch ohne Zuziehung eines Arztes von Laien bei diesem oder jenem Leiden in Gebrauch genommen werden können. Solche Hausmittel sind dem Verf.: Wasser in kalter und warmer Form, äußerlich und innerlich angewendet, Ueberschläge, Fett, Warme, Reibungen und Druck, bestimmte Bewegungen u. s. w. Von allen diesen Hausmitteln. deren heilsame Wirkung in gewissen Fällen wir hier nach und nach besprechen wollen, gebührt aber ohne Zweifel das meiste Lob und deshalb die erste Erwähnung dem

frisch ausgelassenen Rinds- und Hammeltalge,

einem Fette, welches seines Gehaltes an festerm Fettstoffe wegen zur Talglichtfabrikation verwendet wird und deshalb sehr leicht vom Seifensieder frischausgelassen zu erhalten ist. Es schafft, wie wir sehen werden, durch seine äußere Anwendung (als Bestreichung, Einreibung) den offenbarsten Nutzen bei sehr vielen und den mannichfaltigsten Hautaffectionen in den verschiedenen Lebensaltern und Verf. zieht es allen fettigen Heilmitteln der Apotheken vor. Besser als alle übrigen Fette und Oele bildet nämlich dieser frische Talg eine schützende, die Einwirkung äußerer Reize hindernde Decke für die Haut und ist deshalb bei Entzündungen, Ausschlägen (besonders mit scharfer Absonderung), Wundsein, Verbrennungen und Erfrierungen der Haut, sowie deshalb, weil er die Haut weich und geschmeidig macht, bei großer Trockenheit und Sprödigkeit mit Aufgesprungensein derselben von ausgezeichnetem Vortheile. Auch bei hohen Fiebergraden mit trockner, heißer Haut, zumal beim Scharlach und zwar mit Krampferscheinungen, schafft die Einreibung der Haut mit Talg als kühlende und die gereizten Hautnerven besänftigende Decke nicht unbedeutende Linderung. Nicht unmöglich ist es ferner, daß Talgeinreibungen solcher Theile, die mit Ansteckungsstoffen in Berührung kommen, diese vor Ansteckung schützen können. Kurz, dieser Talg kann so oft als Heilmittel in Anwendung gezogen werden, daß ihn Verf. weder im Hause noch auf der Reise missen mag. Es gibt aber auch keinen Theil am menschlichen Körper, dem er nicht zu Zeiten wohlzuthun vermöchte.

Schon in der ersten Lebenszeit und im Säuglingsalter des Menschen findet der Talg Gelegenheit, zu nützen, und zwar zunächst beim Wundsein der Haut an faltigen und vertieften Stellen, zumal wenn diese leicht verunreinigt werden können, wie an den Oberschenkeln und am After, sodann an der Achselhöhle, dem Halse. Oberarme und hinter den Ohren. Dem Wundwerden geht immer Röthung der später wunden Hautstelle voraus und es kann jenem schon dadurch vorgebeugt werden, daß man die geröthete Stelle öfters mit kaltem Wasser sanft abtupft, dann mit frischem Talge bestreicht und auch noch ein mit Talg bestrichenes Leinwandläppchen einlegt. Beim wirklichen Wundsein ist auf ähnliche Weise zu verfahren, nur reinige man dann die wunden Stellen öfters durch Betupfen mit lauem Wasser. – Beim Wundsein des Nabels schlage man dasselbe Verfahren ein, aber achte noch mehr auf öftere Reinigung dieser Stelle, da bei Verschwärung derselben und bei Aufnahme von Jauche in den Blutstrom (durch die Nabelblutader) nicht selten der Tod in Folge von Eitervergiftung des Blutes mit Gelbsucht eintritt. – Auch die Ernährerin des Säuglings wird Hülfe beim Talge finden können und zwar beim Wundwerden der säugenden Brust, wo neben öfterer Reinigung durch Betupfen mit kaltem Wasser das Bestreichen mit frischem Talge ebensowohl das Wundwerden verhüten, wie auch das Wundsein heilen kann,

Die Hautausschläge, welche den Säugling nicht selten heimsuchen, weichen bei Anwendung des frischen Talges ebenfalls und zwar in ziemlich kurzer Zeit. Hierher gehört: der flechtenartige Zahnausschlag oder Zahnfriesel auf den Backen zahnender Kinder, der aus kleinen sogen. Schälknötchen besteht, die einzeln oder in Gruppen beisammen auf rother, heißer (entzündeter) Haut sitzen und sich bisweilen in Folge des Kratzens und Reibens in kleine, eine klare oder trübe Flüssigkeit enthaltende Bläschen und Pusteln umwandeln, welche durch ihr Zerplatzen und Eintrocknen zur Bildung von Grinden Veranlassung geben. – Ebenso ist die Milchborke, der Gesichtsansprung der Kinder, der Milchschorf oder Freisam, ein Säuglings-Ausschlag, wo der Talg hilft. Dieser Ausschlag nimmt seinen Sitz auf den Wangen und der Stirn des Kindes und besteht darin, daß sich aus einem entzündeten (rothen, heißen) Boden einzelne oder beisammenstehende, später zusammenfließende Honigpusteln entwickeln, welche zerplatzen und eine dickliche, gelbliche, klebrige Flüssigkeit ergießen, die eingetrocknet dann grünliche Grinde bildet; diese ähneln der am Feuer vertrockneten Milch, woher sich auch der Name der Krankheit schreibt. Diese Grinde oder Borken hinterlassen bei ihrem Abfallen eine rothe dünnhäutige oder nässende Hautstelle, welche unter Abschilferung der Oberhaut heilt. Sie werden aber nicht selten bald durch Ausbruch und Berstung neuer Pusteln ersetzt und dann greift der Ausschlag nicht selten viel weiter als früher um sich. – Beim Säugling, doch auch bei größern Kindern kommt sodann noch ein Gesichtsausschlag vor, welcher bösartiger als die eben erwähnten Ausschläge ist, aber auch durch Talg gehoben werden kann. Es ist dies der sogen. Flechtengrind oder räudige Ansprung des Gesichts. Er nimmt gewöhnlich in der Ohrgegend seinen Anfang, dehnt sich über das ganze Gesicht und zum Theil auch auf die behaarte Haut des Kopfes aus, und gibt sich durch kleine zusammengedrängte Bläschen zu erkennen, die sich auf rothem Boden entwickeln, heftig jucken, deshalb Kratzen veranlassen und eine sehr scharfe Feuchtigkeit ergießen, die zu dünnen, dunklen, schuppigen, rissigen Borken eintrocknet, unter denen die Haut sogar von Verschwärung befallen werden kann. Nicht selten entzünden sich hierbei zugleich die Augenlider und die Drüsen am Halse schwellen an.

Sowie das Gesicht, wird bei Kindern auch die behaarte Haut des Kopfes gar nicht selten von Ausschlägen befallen, bei denen der Talg gute Dienste thut. Man begreift diese Ausschläge gewöhnlich unter dem Namen „Kopfgrinde (Tineen)“ und unterscheidet die wahren von den unechten. Die ersteren, zu denen der Wabenkopfgrind (Favus) und der Rasir- oder kahlmachende Kopfgrind gehören, haben ihren Grund in Entwickelung von Pilzmasse in den Haaren und Haarsäckchen und sind deshalb ansteckend, die letzteren, bei denen der Talg empfohlen werden kann, entsprechen so ziemlich den Gesichtsausschlägen und bestehen in Entwickelung von Bläschen, Pusteln, Schuppen und Schorfen, meist auf gerötheter Kopfhaut.

Bei allen diesen Kopf- und Gesichtsausschlägen läßt sich mit Hülfe des frischen Talges, natürlich neben größter Reinhaltung der Haut durch Betupfen derselben mit lauem Wasser (nicht durch Waschen und Reiben mit kaltem oder heißem Wasser), die Dauer dieser Hautaffection sehr abkürzen und das damit verbundene Brennen, Jucken und Kratzen mildern oder heben. Ja, wenn sogleich beim Trocken-, Spröde- und Rothwerden der Haut frischer Talg öfters und fett auf die verdächtige Stelle gestrichen wird, so kann man sogar den Ausbruch des Ausschlages verhindern oder doch in seiner Ausbreigung mäßigen. Ist nun aber der Ausschlag mit seinen Schuppen, Schorfen oder Grinden vorhanden, dann verfahre man auf folgende Weise: man weiche jene auf der Haut aufsitzenden Borken mittels warmen Wassers oder Dampfes auf und hebe sie sanft ab, betupfe dann die von ihren Auflagerungen befreite rothe, meist nässende Haut mit lauem Wasser und bestreiche sie hierauf mit frischem Talge, Freilich muß dies einige Male des Tages oder doch so oft gemacht werden, als sich Borken gebildet haben, weil unter diesen die Haut nicht gut heilen kann. Da nun dieses Verfahren viele Mühe macht und deshalb von Müttern oder Wärterinnen nicht gern und ordentlich vorgenommen wird, so ziehen sich jene Ausschläge in der Regel sehr in die Länge und der Arzt wird von jenen gern gesehen, der diese örtlichen Leiden ganz mit Unrecht als innere Uebel mit Leberthran, Abführmitteln u. dgl. behandelt. Allerdings ist es bequemer, dem Kinde von Zeit zu Zeit Medicin einzugeben, als ruhig, geduldig und mit Vorsicht die Ausschlagsstellen zu reinigen, aber vortheilhafter ist es wahrlich nicht.

Dies wären denn bis jetzt einige wenige Uebel und zwar nur der frühesten Kindheit, bei welchen der frische Talg als ein vorzügliches Heilmittel gerühmt zu werden verdient; nächstens von noch vielen andern.

Bock.




[626]
Frischer Talg.
(Fortsetzung.)

In jedem Lebensalter, für jeden Theil und bei den mannichfachsten Affectionen an der Oberfläche unseres Körpers ist, wie schon früher erwähnt wurde (Gartenl. 1858. Nr. 41.), der frische Talg ein linderndes und heilendes, kurz ein prächtiges Heilmittel. Nur muß man von demselben nicht schon nach einmaligem Aufstreichen Wunder sehen wollen. Denn das ist so die Mode hei Kranken mit langwierigen Uebeln (zumal der Haut), daß sie nach dem erfolglosen Gebrauche der verschiedensten Arzneimittel, Bäder, Aerzte und Charlatane vom Talge, wie überhaupt von naturgemäßen Heilstoffen und diätetischen Verfahren den Erfolg in Tagen erwarten, der von jenen in Jahren nicht erzielt werden konnte. Es scheint überhaupt, als ob mit der täglichen Zunahme der Charlatanerie, trotz der wachsenden Bildung des Volkes, die Ansprüche der Patienten an den Arzt und die Arznei immer unverständiger und unverschämter würden. Obstructioner, die sich Jahre lang durch Morison’sche und Strahl’sche Pillen gewaltsam bestuhlt haben, wollen die von jenen nichtsnutzigen Abführmitteln erzeugte Magenschleimhaut-Verdickung und krebsähnliche Verhärtung, sowie die lähmungsartige Schwäche des Darmes, überhaupt die ruinirte Verdauung, in wenig Wochen, ohne aber das nöthige Verhalten zu beobachten, durch ein Magenmittel geheilt wissen. Kaltwasser-Fanatiker, die in ihrer durch Kälte bewirkten Nervenerregung, wie sie auch bei Angetrunkenen in Folge der Weingeistwirkung besteht, eine Weile über ihr außerordentliches Wohlsein jubelten, und nichts lieber als Kaltwasser-Proselyten machten, möchten später, aber wo möglich neben dem Fortbetreiben der Kaltwasserwirthschaft, ihre durch die Kälte überreizten und dadurch geschwächten Nerven, sowie ihr widernatürlich reizbares Gehirn in kurzer Zeit durch Arznei wieder gestärkt sehen. Kaltfieberkranke, die monatelang [627] bei homöopathischer Behandlung Fieberanfälle mit Geduld ertrugen, werden ungeduldig, wenn nach baldiger Hebung des Fiebers durch allopathische Cur ihre wassersüchtig gedunsenen Beine neben großer Mattigkeit und bleicher, fahler Gesichtsfarbe, bei unnatürlich geschwollener Milz, nicht in Bälde weichen. Kleinköpfe mit wenig Verstandes-Gehirn und deshalb blödsinnig, soll der Arzt zu Genies machen, verfütterte, krummbeinige, bucklige Mädchen soll er zu Grazien umformen, alte runzlige, graue und kahlköpfige Schwächlinge soll er zu strammen Burschen mit schwarzen Lockenköpfen metamorphosiren; kurz, über die Anforderungen, welche an den Arzt gemacht werden, müßte derselbe sich eigentlich theils todtlachen, theils todtärgern, wenn er nicht auch gern lebte. – Sprechen wir nun von unserm Talge.

Von dem großen Heere der Hautkrankheiten, deren verschiedene Formen und Namen den jungen Mediciner fast zur Verzweiflung bringen, die für den alten Praktikus aber meistentheils aus einem scharfen Blute stammende trockene oder nässende Flechten sind, weichen die meisten dem Talge, wenigstens die mit abnormer Schweiß- und Hauttalgabsonderung, sowie die mit krankhaften, zumal verkrustenden Ausscheidungen auf rothem Boden. Versuchen wir’s, eine kurze Beschreibung der Hautübel zu geben, bei denen der Laie frischen Talg mit Erfolg anwenden kann.

Zuvörderst ist die übermäßige, gewöhnlich auf verminderter Absonderung der Talg- und Schweißdrüsen beruhende und in vielen Fällen von vernachlässigter Pflege der Haut (s. Gartenl. 1854. Nr. 46) abhängige Trockenheit der Haut zu erwähnen, welche mit dem unangenehmen Gefühle von Straffheit, Spannung und Sprödigkeit der Haut, sowie nicht selten mit Kältegefühl und feiner Abschilferung der Oberhaut verbunden, auftritt, zumal nach und bei chronischen Hautkrankheiten und nach örtlichen Schweißen. Hier wende man häufig Talgeinreibungen nach öfteren Waschungen mit warmem Seifenwasser an. Damen mit zarter, durch rauhe Luft leicht trocken und rissig werdender Haut, Wäscherinnen und Mägde, die viel mit Lauge und Seife umgehen, überhaupt Personen mit trocknen, rauhen, rissigen Händen müssen ihre Hände Abends tüchtig mit Talg einreiben und dann über Nacht einbinden oder mit weichledernen Handschuhen überziehen. Ebenso verlangt auch die Hauttrockenheit im Gesichte und auf dem Kopfe, wie überhaupt an allen übrigen Stellen des Körpers tüchtige Talgeinreibungen.

Bei übermäßiger Schweißabsonderung, sowohl bei allgemeiner, wie bei örtlicher, nützen ebenfalls Talgeinreibungen. Die erstere wird diesen Einreibungen natürlich nicht weichen können, wenn sie von innern, zumal fieberhaften Leiden veranlaßt wird. Oertliche, oft übelriechende Schweiße, wie der Füße und Achselhöhlen, die nicht selten auch Entzündung, Wundwerden der Haut und nach Eintrocknen des Schweißes Hart-, Spröde- und Rissigwerden derselben nach sich ziehen, werden durch häufige Talgeinreibungen, aber freilich neben gehörigem Reinhalten der schwitzenden Theile, bedeutend gelindert. Zur Mäßigung des üblen Geruches leistet das Auflegen von Leinwand, die mit Thon, oder mit Talg und Thon (zu gleichen Theilen) bestrichen oder mit einer mäßig sauren Weinsäurelösung (etwa 1 Theil Säure auf 10 Theile Wasser) getränkt und dann getrocknet ist, ausgezeichnete Dienste. – Der bisweilen in Begleitung heftiger, säuerlich riechender Schweiße erscheinende Schweiß-Friesel (Krystallfriesel: kleine halbkugelige, einem halben Stecknadelkopf oder Hirsekorn ähnliche, mit durchsichtiger Flüssigkeit gefüllte Bläschen), wenn er auf gerötheter Haut steht und Jucken oder Brennen erzeugt, ist ebenfalls mit Talgeinreibungen zu behandeln.

Wo und wie immer die Haut sich widernatürlich röthet (rosenartig entzündet), in größerer oder geringerer Ausdehnung, aus innern oder äußern Ursachen, da ist frischer Talg als milde Decke heilsam, denn er lindert den Schmerz und die Hitze und verhindert das Wund- und Geschwürigwerden an der entzündlichen Stelle. Aeußere directe Einflüsse, welche rosenartige Hautentzündung veranlassen können, sind: Reibungen benachbarter Hautstellen aneinander (besonders bei beleibten Personen, namentlich im Sommer), anhaltendes Liegen, Reiten und Gehen (Wolf, Aufliegen), Abfluß reizender Flüssigkeit aus den natürlichen Oeffnungen des Körpers, Einwirkung stärkerer Hitze. und Kältegrade, Insectenstiche. – Selbst bei ausgebreiteteren und fieberhaften Hautrosen, sogar beim Scharlach, ist das Auflegen und Aufstreichen kühlen frischen Talges auf die geröthete heiße Haut ein angenehmes Linderungsmittel.

Wenn sich bei fieberlosem Zustande auf gerötheter (entzündeter) Haut harte Knötchen (Papeln) oder mit heller Flüssigkeit gefüllte Bläschen und eiterhaltige Pusteln entwickeln, wenn diese Hauterhebungen, welche nicht selten zerplatzen, nebst ihrem Inhalte eintrocknen und schuppen, Grinde (Schorfe) oder Borken bilden, wenn sich unter den Schuppen und Grinden Feuchtigkeit, Eiter oder Jauche, sammelt, dann ist das öftere Bestreichen dieser kranken Hautstellen mit frischem Talge, nachdem sie von den aufsitzenden Schuppen und Grinden vorsichtig befreit und mit lauem Wasser abgetupft sind, heilsamer als alle andern örtlichen Behandlungsweisen. Nochmals sei es aber gesagt: stets müssen die sich bildenden Schuppen und Schorfe sanft abgehoben werden, bevor man den Talg aufstreicht. – Hierher gehören nun vorzugsweise die sogen. flechtenartigen Ausschlagsformen, welche ihren Namen „Flechten“ von der äußern Aehnlichkeit mit manchen Baum- und Steinflechten haben und nach der Beschaffenheit ihres Krankheitsproductes in trockene und nässende (Salzflüsse) geschieden, nach der Verwandlung des (in Knötchen-, Bläschen-, Eiterblasen- oder Knotenform) Abgeschiedenen aber als Kleien-, Schuppen-, Borken- und fressende Flechten bezeichnet werden. Alle diese Ausschläge haben mit einander gemein, daß sie größere, schleichend entzündete, rothe oder braunröthliche, mit Ausschwitzungsproducten, besonders Schuppen oder Borken, bedeckte Hautflecke bilden, die sich an den Rändern allmählich weiter ausbreiten und so gleichsam über die Haut fortkriechen. Die behaarte Haut des Kopfes, sowie das Gesicht wird häufig, zumal bei Kindern (s. Gartenl. 1858. Nr. 41.), der Sitz solcher Ausschläge.

Das Hautjucken, welches äußerst peinigend sein kann, sich entweder nur auf einzelne Stellen (besonders gern auf die Umgebung der natürlichen Oeffnungen des Körpers) beschränkt oder über die ganze Hautoberfläche ausdehnt und bald mit Ausschlägen (Juckknötchen, Flechten), bald ohne solche einhergeht, wird durch den frischen Talg fast stets gemildert und gehoben. Natürlich müßte, wenn das Jucken von Ungeziefer und überhaupt von Unreinlichkeit veranlaßt wurde, zunächst Entfernung und Tödtung des Ungeziefers (durch Quecksilbersalbe, grüne Seife, Anis- und Terpentinöl, Haarabschneiden), sowie Reinigung der Haut durch fleißig wiederholte Waschungen und Bäder (mit Abreibung mit grüner Seife), Dampfbäder mit tüchtigem Einseifen und Abreiben der Haut und reine Bekleidung stattfinden.

Bei den im Gesichte, besonders Erwachsener, vorkommenden Blüthen (Liebesblüthchen, Finnen, Hautfinnen, Mitesser, Talg- oder Schmeerknötchen) ist die Anwendung des frischen Talges ebenfalls von Nutzen. Man streiche denselben Abends ziemlich fett auf und wlsche dann denselben des Morgens mit weicher Leinwand von der Haut ab. Ueberhaupt streiche man des Tages die Gesichtshaut öfters mit einem weichen Leinwandläppchen ab und reinige sie nur durch Abtupfen mit lauem weichem (Regen- oder Fluß-) Wasser, nicht aber durch Abreibungen mit Seife und heißem oder kaltem Wasser.

Bei Verbrennungen der Haut, mögen diese nun oberflächlich sein und nur Entzündung (rothe, heiße, schmerzende Stellen) erzeugt oder tiefer greifend Blasen, Schorfe und wunde Stellen hervorgerufen haben, bei ihnen ist das Auflegen von feinen Leinwandläppchen, die fett mit kühlem frischem Talge bestrichen sind, mehr werth als der Gebrauch von Brandsalben. Vorher kann aber der Schmerz und die Hitze durch Kälte (kaltes Wasser, Schnee, Eis) gemindert werden. – Das Aufspringen erfrorner Glieder kann auch durch den Talg geheilt und verhütet werden, nur muß man denselben recht fleißig und zeitig genug einreiben; am besten ist es, wenn der erfrorene Theil eine Zeit lang durch eine Talgdecke von der Luft und Kälte abgeschlossen wird.

Oberflächliche Eiterungen und Verschwärungen der Haut heilen, bei gehöriger Reinigung durch öfteres Abspülen mit lauem Wasser, sehr gut unter betalgten Leinwandläppchen. Nur müssen auch hier, wie bei den Hautausschlägen mit Schuppen und Grinden, die Schorfe rings um und auf den wunden Stellen fleiß und vorsichtig entfernt werden.

Manche glänzende Cur habe ich nur mit Hülfe des frischen Talges gemacht, aber Anerkennung werden trotzdem diese Curen beim Geheilten ebensowenig finden, wie bei den Lesern der Werth des Talges überhaupt, denn „Talg ist doch ein zu ordinäres Mittel“. Nun, da versetze man ihn mit etwas homöopathischem Hokuspokus oder hole sich denselben aus der Apotheke als Löwen-, Bären-, Dachs-, Hunde- oder vielleicht auch Eselsfett.

Bock.