Med. Topographie Gmuend:079
Franz Joseph Werfer Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd | |
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[150] zweifeln, daß vorzüglich Nervenkrankheiten mancherley Art, besonders Lähmungen und Gliederzittern, Hämorrhoiden, Schlagflüsse, verschiedene Brustkrankheiten, zumal die Lungensucht und chronische Husten von jeher müßen unter den Einwohnern geherrscht haben; und unsre bergige Gegend, die Beschaffenheit unsers Wassers, der im Thale häufiger stattfindende Luftwechsel, die im Durchschnitt mehr feuchte als trockne Luft lassen auf die schon vorzeitige Existenz der so häufigen Strumen, Rheumatismen, Katarrhe, des Asthma und der Gicht schließen; lauter Krankheiten, welche auch jetzt die häufigst vorkommenden sind. Ob aber gewiße andere Krankheiten, und welche in der Vorzeit hier geherrscht haben, die in neuerer Zeit ganz verschwunden sind, und welche neue dagegen, bis dahin nicht gekannte an ihre Stelle getretten seyen, läßt sich aus Mangel früherer Krankheitsnotizen und daher jetzt unmöglicher Vergleichung nicht bestimmen. Wohl mögen eine mehr verfeinerte Lebensart, eine weichlichere und mehr verzärtelte Erziehung der neuern Zeit theils manche sonst minder bekannte Krankheiten begünstiget oder neu erzeugt; theils andern bisher bestandenen eine andere Gestalt gegeben, und dieselben in ihrer leichtern oder schwerern Heilart nicht wenig verändert haben, ohne dagegen auf der andern Seite andere sonst gewöhnlich vorkommende Krankheiten auch leichter und heilbarer, oder gar verschwinden gemacht zu haben: und wie wird wohl auch ein an so vielen moralischen Gebrechen selbst kränkelndes Zeitalter physische Krankheiten zu vermindern vermögen, das selbst einer Radikalkur von Grund aus bedarf, und wozu wohl kein [151] gewöhnliches Consilium medicum nöthig seyn möchte. Auch läßt sich aus gleichem obigen Grunde nicht bestimmen, wann sich hier die Lustseuche zum erstenmal zu zeigen angefangen habe; ob und wie sie sich seit ihrem anfänglichen Erscheinen verändert, und welchen Charakter die Krankheit überhaupt in den Zeiten unsrer Vorfahren gehabt habe. Was die den Hausthieren eigne Krankheiten betrifft, so sieht man auch mancherley derselben mehr oder weniger unter ihnen vorkommen. So werden die Pferde vorzüglich von dem Husten und der Druse, der Rehkrankheit und Kolick befallen; und da die Schmiede, Hirten und Wasenmeister, bey welchen man in solchen Fällen die nöthige Hülfe zu suchen gewohnt ist, ihrer oberflächlichen und rohen empirischen Kenntnissen zufolge die Krankheiten nach ihrer bekannten Art und Weise nur oben hin und auf geradewohl kuriren, so gehen solche kranke Thiere gewöhnlich in kurzer Zeit darauf; glücklicher sind sie hin und wieder in Besorgung äußerlicher Schäden, welche meistens in der Maulkrankheit, im leichten Satteldruck, in der Buglähmung, in Beschädigung der Krone, im Stollschwamm und in oberflächlichen Geschwüren bestehen. Unter dem Rindvieh kommen hin und wieder die Gelbsucht, der Padde, der Dippel, und in sehr heißen Sommertagen auch manchmal die Klauenseuche vor, und durchs Verfüttern sind schon manche Kälberkühe darauf gegangen. Die letzte Seuche unter dem Rindvieh war die bekannte Viehpest (Löserdürre) in den 1790er Jahren, welche unsern Landleuten noch wohl im Gedächtniß ist, da sie manchen um seinen Wohlstand brachte; denn alle |