Med. Topographie Gmuend:071
Franz Joseph Werfer Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd | |
---|---|
« Zurück | Vorwärts » |
fertig | |
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
|
[134] sich zurück. Im Frühling darauf und zum Theil auch im Sommer 1811 war das Scharlachfieber in der Stadt und auf dem Lande wieder stark herrschend, und griff meistens, besonders bey Erwachsenen mehr das Nervensystem als den Hals an, und war auch mehr durch Metastase aufs Gehirn, als durch Angina tödtlich; gegebene Brech- und Abführungsmittel schadeten gewöhnlich in dieser Krankheit, und gerne starben solche Kranke bald darauf an Gichtern, oder an einer nicht mehr zu stillenden Diarrhö. Immer waren die Diaphoretica, und bey vorherrschenden nervösen Charakter der Krankheit die geeigneten Nervina, wenigst in den mir vorgekommenen Fällen, die angezeigten und heilbringenden Mittel. Witterungs- und Jahreskrankheiten kommen auch hier, so wie an andern Orten, bald häufiger, bald weniger, gefährlicher oder gelinder nach Verschiedenheit des Witterungsstandes in den verschiedenen Jahrszeiten, des dadurch modifizirten Krankheitscharakters und mancher andrer influirender Ursachen vor. Im Frühling haben wir vorzüglich katarrhalische und rheumatische Beschwerden mit und ohne Husten, Entzündungen, meistens unächte, besonders der Brustorgane, und Gichtzufälle, welche gerne vom Winter, wo letztere auch häufig vorkommen, in diese Jahrszeit übergehen. Im Sommer sind gallichte und nachlassende Fieber, Durchfälle und Kolicken am meisten herrschend, welche letztere im Herbst zumal bey warmen Tagen und kalten Nächten oft noch lange anhalten. Rothlauf und Gelbsucht rheumatischer und gallichter Art, arthritische und podagrische Zufälle sind die herrschende Krankheiten im Herbst. Schlagflüsse gastrische [135] Zufälle und derley Magenbeschwerden kommen zwar im ganzen Jahr oft, vorzüglich aber in dieser Jahrszeit am häufigsten vor, so wie auch die Nervenfieber in reiner Gestalt um diese Zeit und in naßkalten Winter gerne zum Vorschein kommen. Der Winter, zumal der trockne und kalte, bringt uns meistens Entzündungskrankheiten, vorzüglich Pleuresien, ferner katarrhalische und rheumatische Beschwerden, als Schnuppen, Husten, Gliederreißen, Halsweh u. dergl. welche gerne in Frühling übergehen und bis zum Eintritt einer warmen mehr trocknen Witterung anhalten. Uebrigens war die allgemeine stationäre Krankheitsconstitution bey uns seit mehrern Jahren vorherrschend asthenisch- nervöser Natur mit Hinneigen zum gastrischen, seltner zum Entzündlichen, und gieng in letztern Jahren ins Entzündlich-rheumatische mit besondern Leiden des Lymphsystems über, die jede singuläre Witterungsconstitution in ihrem Wechsel beherrschte, und die Indication im allgemeinen bestimmte. Der besondere Genius der Krankheiten mag zum Theil aus Folgenden zu erkennen seyn, so wie der allgemeine in jenem stationären Charakter erscheint. Was die Entscheidungen in akuten Krankheiten an bestimmten Tagen betrifft, so finde ich die regelmäßige und bestimmte Ordnung, wie sie Hippokrates schon festsetzte[1], weit seltner; was aber auch bey unsrer Natur und Lebensart, Klima und dem häufigen Gebrauch der Arneymittel, bey dem öftern unzeitigen Blutausleerungen u. a. m. viel weniger in die Sinne fallen kann, als unter jenen heitern griechischen Himmel, bey jenen noch jungen und vollen Kräften und einer sich selbst überlassenen Natur, bei jener höchst
Anmerkungen (Wikisource)
|