Zum Inhalt springen

Med. Topographie Gmuend:062

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Franz Joseph Werfer
Versuch einer medizinischen Topographie der Stadt Gmünd
« Zurück Vorwärts »
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.


[120]

unter dem Landvolk. Im chronischen Husten nimmt der gemeine Mann außer den bekannten Brust- Lungen- und Leberkräutern gerne Gänse- und Hundsschmalz, und so braucht man in den meisten Krankheiten, besonders im Anfang, oder bey zu langer Dauer derselben verschiedene Hausmittel. Auch sieht man hie und da die Gewohnheit bey Metzgern, daß Kranke ihre schadhafte Glieder, besonders gelähmte in die eben aufgehauene frischgeschlachtete Rinder, Kälber, Schweine, u. s. w. stecken, gegen welche Heilmethode, so guten Nutzen sie auch haben mag, in seiner Art und Weise es anzuwenden, in Hinsicht der öffentlichen Gesundheitspflege sich vieles vorbringen läßt. Der Landmann liebt und sucht gerne starke nach oben und unten zugleich wirkende Purgirmittel, und in hitzigen Fiebern trinkt derselbe gewöhnlich viele saure Milch, und geneßt nicht selten ohne alle andere Arzney dabey.

Unvermuthete Unglücksfälle, als das Stürzen vom Pferde und Wagen, von hohen Gerüsten bey Maurern und Zimmerleuten, von Heuböden, besonders unter Landleuten, wo die Oeffnungen von denselben in die Tenne herab, obschon durch öftern Schaden gewarnt, nicht einmal mit einem schmalen Brett umzäunt und verwahrt sind; Beschädigungen durch Pferde und andere Thiere kommen nicht selten vor, laufen auch manchmal gleich mit dem Tod ab, oder ziehen denselben später nach sich; so wie auch das Herausstürzen der Kinder durch das Fenster auf die gepflasterte Gasse sich schon mehrmal hier ereignet hat, ohne daß jedoch dieselben bedeutenden Schaden gelitten hätten. Zur Winterszeit, wenn Glatteis ist, geschieht

[121]

es häufig, daß die Leute bey aller Vorsicht fallen, und nicht selten dabey die Hände oder Füße brechen, oder andere Beschädigungen und Verletzungen erleiden, und es wäre sehr zu wünschen, daß strenger darauf gesehen würde, daß man zu solcher Zeit die Wege fleißig mit Sand und dergl. bestreue. Todtgefundene von Erfrieren bey strenger Winterkälte, von Schlagfluß, oder durch sonst manchmal unbekannte Unfälle getödtete, ins Wasser gefallene und darinn Ertrunkene kommen fast in jedem Jahr eins oder mehrere vor; und da solche anfänglich oft nur scheintodte Menschen gewöhnlich erst nach einigen Tagen und später vermißt und gefunden werden, so kommt die in diesen Fällen nöthige Hülfe meistens zu spät, und alle zur Wiederbelebung angewandte Mittel bleiben fruchtlos. Der Selbstmord ist eine seltne Erscheinung bey uns, und ich erinnere mich seit 7 Jahren Eines oder höchstens Zwey in der Stadt verübten, und eines und des andern tendirten. Noch seltner ist der Kindermord; auch auf dem Lande sind dergl. Todesarten selten vorkommend. Eben so selten sind absichtliche Vergiftungen, da hingegen aus Unvorsichtigkeit bey den so häufig nöthigen Verbrauch der sogenannten Mineralgifte von hiesigen Gold- und Silberarbeitern hin und wieder leichte Vergiftungsfälle vorkommen, die jedoch bey gleich erkannter Ursache gewöhnlich bald wieder gehoben und unschädlich gemacht werden können. Von giftigen Thieren haben wir keinen Schaden zu befürchten, indem sich meines Wissens keine solche in der Gegend finden; wohl aber haben wir viele Giftpflanzen theils wildwachsend, theils blos als Zierde in manchen Gärten – was aber, ohne denselben einen bezeichneten Platz anzuweisen,