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Maifischmarkt in Düsseldorf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: F. R.
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Titel: Maifischmarkt in Düsseldorf
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 21, S. 345, 356
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1891
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[345]

Maifischmarkt in Düsseldorf.
Nach dem Gemälde von Fr. Schnitzler.

[356] Maifischmarkt in Düsseldorf. (Zu dem Bilde S. 345.) „Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Muthe,“ meint Heinrich Heine. Wer aber auch nicht gleich ihm in der rheinischen Kunststadt das Licht der Welt erblickt hat, wird doch stets gern an die Zeit erinnert werden, die er dort verbracht hat. Freundlich liegt die Stadt am Niederrhein, dessen flache Ufer freilich keine Rebenhügel und keine Burgruinen mehr aufzuweisen haben. Die Stromseite bietet auch kein sonderlich schönes oder überraschendes Bild, wie in Köln oder Mainz, dafür ist Düsseldorf aber im Innern überall hell und gefällig, vielfach auch malerisch, wie z. B. der Alte Markt mit dem Rathhause und dem Reiterdenkmal des Kurfürsten „Jan Willem“, wie das Volk ihn nennt. An modernen Monumentalbauten fehlt es ebenfalls nicht, und einen ganz besonderen Reiz erhält die Stadt durch ihren Hofgarten mit seinen herrlichen Alleen und Anlagen. Handel, Industrie und Verkehr blühen, weithin berühmt sind Düsseldorfs Senfe und Punschextrakte – noch berühmter jedoch seine Maler und ihr „Malkasten“.

Ich weiß es noch wie heute, obwohl schon manches Jahr dazwischen liegt, wie ich neben Meister Kaspar Scheuren, dem unübertroffenen Aquarellisten rheinischer Ansichten, den nun auch bereits der kühle Rasen deckt, zum ersten Male auf den Ananasberg im Hofgarten stieg und dann von ihm in das originelle Künstlerheim des „Malkastens“ eingeführt wurde. Bei einer anderen Gelegenheit – es war im Anfang des Mai – wanderten wir zusammen durch die Straßen, als er plötzlich stehen blieb und auf den belebten Markt vor uns mit den Worten deutete: „Da meint nun so mancher, nur der Fischmarkt auf dem Quai von S. Lucia in Neapel oder die Pescheria in Venedig seien des Malens werth. Nun ja, die köstlichen zerlumpten Kerle und schwarzhaarigen Frauenzimmer fehlen hier und ebenso die vielgestaltigen Meereserzeugnisse, die als ‚Frutti di mare‘ dort feilgeboten werden. Ist trotz alledem aber dieser Blick auf unseren Maifischmarkt es nicht werth, im Bild künstlerisch festgehalten zu werden?“

Der Maler, dem wir das Bild auf S. 345 verdanken, hat das gethan und das geschäftige Drängen und Treiben auf dem Markte mit großer Naturwahrheit wiedergegeben. Ringsum Lärm und Bewegung. Wer Lust hat, kann die ausgiebigsten Dialektstudien machen und dabei wahrnehmen, daß die rheinische Mundart fast in jeder Stadt ihre besondere Klangfarbe und bezeichnenden Unterschiede hat. Mit lauter Stimme preisen Verkäufer und Verkäuferinnen ihre Ware an. Eifrig handeln an den verschiedenen Ständen die „Stützen der Hausfrau“ und untersuchen prüfend die in Körben und auf Tischen zur Schau gelegten Fische. Wirthe und Händler stellen sich ein, und bedächtigen Ganges tragen behäbige Bürgersfrauen ihren Einkauf heim. Aber auch wohlsituirte Herren, Beamte, Kaufleute u. dergl., verschmähen es nicht, dem Maifischmarkte einen Besuch zu machen, um in eigener Person dort einzukaufen. „Denn,“ meint jeder nachher am Stammtisch, „über einen leckeren Maifisch in Gelee mit Salat geht noch lange nichts!“

Wie schon der Name besagt, gehört der Maifisch gleich den Maiglöckchen und dem Waldmeister, der zur Bereitung des köstlichen Maitranks dient, zu den besonderen Gaben, die der „Wonnemond“ spendet. Er gehört zur Familie der Lachse, genauer zur Sippe der Renken, und heißt eigentlich Schnäpel (Coregonus oder Salmo oxyrhynchus). Der Maifisch ist ein Meeresbewohner und hat seine Heimath in der Nord- und Ostsee, von wo er aber alljährlich, „wenn’s Mailüfterl weht“, in die mit dem Meere zusammenhängenden Flußläufe, namentlich Rhein, Elbe und Weser, tritt, um darin aufwärts zu ziehen und dann in der Zeit vom September bis Dezember zu laichen. Die Züge dieser Fische geschehen mit einer gewissen Regelmäßigkeit, ja sie sollen dabei, ähnlich wie die der Kraniche, die Figur eines Dreiecks bilden, jedoch nur langsam vorwärts kommen. Während dieser Wanderung flußaufwärts, auf der sie jedoch im Rhein höchstens bis zur Gegend von Speier gelangen, werden die Maifische nun massenhaft gefangen und verspeist. Man bezahlt, je nach der Reichhaltigkeit des Fanges, gewöhnlich 40 bis 80 Pfennig für das Kilogramm und genießt sie entweder frisch oder auch eingesalzen und geräuchert. Am Rheine speist man sie ausschließlich frisch. Namentlich in den Städten des Niederrheines ist es jedesmal ein besonderes Ereigniß, wenn die ersten Maifische auf den Markt kommen, und die Lokalzeitungen versäumen es nicht, davon gebührend Notiz zu nehmen. In den Wirthschaften veranstaltet man besondere „Maifischessen“, bei denen natürlich auch entsprechend gezecht wird, da der Fisch bekanntlich schwimmen muß, und in den Familien gehört der Maifisch zu den bei groß und klein beliebtesten Schüsseln. F. R.