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Märchen von der Unke (1843)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Brüder Grimm
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Titel: Märchen von der Unke
Untertitel:
aus: Kinder- und Hausmärchen. Große Ausgabe. Band 2.
S. 111-112
Herausgeber:
Auflage: Fünfte, stark vermehrte und verbesserte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1843
Verlag: Verlag der Dieterichschen Buchhandlung
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Erscheinungsort: Göttingen
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
seit 1815: KHM 105
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Bearbeitungsstand
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Begriffsklärung Andere Ausgaben unter diesem Titel siehe unter: Märchen von der Unke.


[111]

105.
Märchen von der Unke.

Es war einmal ein kleines Kind, dem gab seine Mutter jeden Nachmittag ein Schüsselchen mit Milch und Weckbrocken, und das Kind setzte sich damit hinaus in den Hof: und wenn es anfieng zu essen, so kam die Hausunke aus einer Mauerritze hervor gekrochen, senkte ihr Köpfchen in die Milch, und aß mit. Das Kind hatte seine Freude daran, und wenn es mit seinem Schüsselchen da saß, und die Unke kam nicht gleich herbei, so rief es ihr zu

„Unke, Unke, komm geschwind,
komm herbei du kleines Ding,
sollst dein Bröckchen haben,
an der Milch dich laben.“

Da kam die Unke herbeigelaufen, und ließ es sich gut schmecken. Sie zeigte sich auch dankbar, denn sie brachte dem Kind aus ihrem heimlichen Schatz allerlei schöne Sachen, glänzende Steine, Perlen und goldene Spielsachen. Die Unke trank aber nur Milch, und ließ die Brocken liegen, da nahm das Kind einmal sein Löffelchen, schlug ihr damit sanft auf den Kopf, und sagte „Ding, iß auch Brocken.“ Die Mutter, die in der Küche stand, hörte daß das Kind mit jemand sprach, und als sie sah [112] daß es mit seinem Löffelchen nach einer Unke schlug, so lief sie mit einem Scheit Holz heraus, und tödtete das gute Thier.

Von der Zeit an gieng eine Veränderung mit dem Kinde vor. Es war, so lange die Unke mit ihm gegessen hatte, groß und stark geworden, jetzt aber verlor es seine schönen rothen Backen und magerte ab. Nicht lange so fieng der Todtenvogel an Nachts zu schreien, und das Rothkelchen sammelte Zweiglein und Blätter zu einem Todtenkranz, und bald hernach lag das Kind auf der Bahre.