Loke der Lästerer
[233]
Loke der Lästerer.
Nach August Strindberg.
und schmähen will ich euch auch heut,
Götter der Zeit, euch ewig lästern,
hört mein lachendes Lästergeläut!
Ihr führt die Macht, ich führe Klage,
Dreizehn liegt ihr beim Gelage;
das bedeutet Totenwacht,
Unfall, Hinfall – singt die Sage.
Götter, nehmt euch bald in Acht!
Götter, Götter, und Loke lacht!
Ja, ich saß in jüngeren Stunden
zu Gast in eurem Göttersaal:
an dem Strick, den ihr gebunden,
Darum: eure eiternden Wunden,
Loke kennt, kennt ihre Zahl!
[234] Ekel fühlt’ich vor den vollen Gefäßen,
und euer Wein war ekler noch;
der fad wie dünne Brühe roch.
Drum: das könnt ihr Loke nicht vergessen,
daß er nicht lobkrähend vor euch kroch.
Nein, ich will kein Loblied krähen,
nein, ich will euch lieber schmähen
mit meinem großen, schönen Haß!
Meine Sehnen habt ihr mir zerstochen,
mich geschmiedet auf dies Gletscherjoch,
aber meine Zunge lästert doch!
Ja: ich habe eure Schmach verraten,
Götter – das war all mein Fehl!
eure heiligen Gräuelthaten,
Drum heißt Loke der Erste der Hasser,
der Lästerer Erster in euerm Lied;
ja, es ehrt, es ehrt ihn, daß er
Verräter verriet!
dann heißt die Strafe Rachewut.
Sei’s! Ja, Götter: ich übte Rache,
hört es, Rache – und rächte gut!
[235] Habe erbrochen die Bundeslade,
euch abgerissen die Maskerade
und eure Nacktheit offenbart.
Habe euern Götzendienst verachtet,
von euren Bildern den Flitter geklopft,
sah das Stroh, womit es ausgestopft.
Habe gerächt, du alte Götterhure,
gerächt all meiner Jugend Weh,
als ich knien gemußt zum eklen Schwure
Ja: mein Wahrheitswort, das lachte
ins Gesicht dem Götterpack,
daß ihr Schloß und Tempel krachte –
hah, wie rannte das Köterpack,
Der knöpfte die Hosen zu, Die nahm
die Unterröcke mit Gewinsel
vor die welke, verschrumpfte Scham.
Aber die Lüge ging zum Pfuhle
die ließ die tückische Götterbuhle
Gifte in Loke’s Antlitz spein.
Und dann schlugen sie Loke in Ketten,
Hundert gegen Einen war die That;
schrein sie doch von Hochverrat.
[236] Ja, in Ketten liegt er auf der Klippe,
aber seine Zunge ist noch frei,
und die alten Göttergerippe
In den langen Nächten seiner Qualen
sitzt an seinem harten Bett sein Weib,
schützt ihm liebreich mit krystallnen Schalen
vor dem Natterneiter seinen Leib.
beißen wollen die treue Hand,
dann hört Loke auf zu spotten:
wie der Sturm dann bricht sein Zorn ins Land.
Wenn er seine Ketten schüttelt,
in Hütten und Burgen, wachgerüttelt,
ahnt man bebend das Ende der Welt.
Da hört Loke auf zu lästern,
sondern aus den düstern Augen drohn
und er ruft nach seinem Sohn.
Der Midgardsdrache, der Weltzerstörer,
dann läßt er rasseln sein Schuppenfell
und reckt den Schwanz, der Weltempörer,
Und es prasseln und knacken und splittern
die Forsten im Wolkonskywald,
und die Pyrenäen zittern,
wo sein Bauch sich zuckend ballt.
der Seine alte, heilige Flut,
deren Ufer noch glühn und träumen
von Erlösung und von Blut.
Aber: wo der Drache das Haupt geborgen,
Ewig folgt auf heute morgen;
mein Bescheid wird euer Gestern sein!
Denn wenn Er sein Haupt erhebt zur Rache,
Götter, aus ist dann die Zeit!
wird euch nie mehr Unheil prophezeit!
Dann erliegt die Welt dem Brande,
der verbrennt, was brennen soll,
der das Gold befreit vom Schlackensande,
Und der alte, dürre Norden,
dann vom Feuer reingeglüht,
fruchtbar Ascheland geworden,
saamt sich neu, gebärt und blüht.
neu geboren, lebt ein frei Geschlecht,
nicht verkrümmt von heiligen Gängelleinen,
Keiner mehr ein Götterknecht.
Götter, wenn sich dann die Raben
keine Thräne wird dann Loke haben,
seine ewig junge Hoffnung nur!
[238] Ja: sein Gelächter fiel gleich Steinen
schwer in eure Götterruh,
nicht an Euer Blindekuh.
Doch euren Gräbern lacht sein Geläute
wie Freundesworte: Götter der Zeit,
ruhet in Frieden ... aber heute