Literarisches (Die Gartenlaube 1855/26)
[348] Literarisches. Freytag’s Roman: „Soll und Haben“ findet bei der Kritik keine große Anerkennung. Die Erwartungen, die man mit Recht an den Redakteur der Grenzboten stellen konnte, sind nur schwach befriedigt worden. H. Marggraff, in seiner geistreich geschriebenen Kritik, prophezeit, daß das Buch schon in nächster Zeit zu den vergessenen gehören werde. Es riecht nach Sterblichkeit, sagt er, es ist eine Welle, die uns durch ihr Plätschern einen Augenblick lang recht angenehm unterhält, im nächsten Augenblick sich aber am Ufer zerschlägt, um andern Wellen Platz zu machen. Trotz alle dem wird in den nächsten Tagen eine zweite Auflage des Buches erscheinen. – Welcher Popularität sich der bekannte Pastor Uhlich in Magdeburg erfreut, geht so recht deutlich aus dem Verkauf seiner Schriften hervor. Auf Bitten einiger Freunde schrieb er im Laufe dieses Frühjahrs einige „Sonntagserbauungen“, die anfangs einzeln gedruckt, jetzt nochmals unter dem Titel: „Aus der Vernunftreligion“ gesammelt erschienen sind. Die meisten dieser einzelnen Vorträge haben in den wenigen Wochen fünf, und zwei sogar sieben starke Auflagen erlebt. Wenige Schriftsteller in Deutschland (theologische wohl gar nicht) werden sich einer so raschen und großen Verbreitung rühmen können.