Liebe in Tönen
Auf Toledo’s Blumenmauern
Klang allnächtlich stilles Tonen
Wie von Liebeslust und Trauern,
Wie von Seufzern und von Thränen.
Zu empfinden Liebespeinen;
Ihre stillen Trauermienen
Bargen sie im Mondesscheinen.
An Toledo’s stillen Mauern
Mit der Nacht geheimen Schauern
Sprach der Töne Geisterrede;
Und Alonso hört die Töne,
Und die stille Seel’ erkennet,
Er den süßen Namen nennet.
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[79] „Ist’s ein Theil von meiner Seele,
Daß ich so unendlich sehne
Aus der engen Menschenhöhle
Bin zu selig für die Thräne,
Und die Sprache ist zu drückend,
In dem stillen Rausch der Töne
Ist die Liebe nur beglückend.“
Saß Elvire stiller Liebe,
Ließ die Töne seufzen, trauern,
Wie der inn’re Geist sie triebe.
Ihre Lieder nun erwiedert
Ihrer frohen Angst verbrüdert,
Lauschend sich das Sehnen mehret.
„Sind es meiner Laute Klagen,
Die dem Wiederhall sich reichen?
Stiller Seelen Thränenzeichen.
Wer mag auch ein Seufzen wagen,
Wenn so süße Töne schleichen
Und vom Weh der Liebe klagen,
Um und auf Toledo’s Mauern
Klang allnächtlich stilles Tönen
Wie von Liebeslust und Trauern,
Wie von Seufzern und von Thränen.
Oft wohl die Geliebten sahen;
Doch ihr Auge lächelt’ nimmer
Bei des Heißgeliebten Nahen.
Auf Toledo’s Blumenmauern
Und vom Mond floß kaltes Schauern,
Daß das Knie ihm bebt und wanket;
Doch kein Ton wird izt vernommen,
Stille ist’s und gräßlich schaurig,
Bargen schnell den Mond und traurig.
Er ein bleiches Mägdlein siehet,
Lieb’ im Antliz noch und Trauern;
Roth noch auf den Lippen glühet,
Und Alonso läßt die Klänge
Zuckend rasch zum Aether ziehen,
Daß er sich das Herz zersprenge,
Oder Todte zu durchglühen.
Todesfrostig wild er küßet;
Still der Mond am Himmel planet,
Thränen auf die Todte gießet.
Süß Getön noch oft man höret,
Daß sich Manches Sehnsucht nähret
Um Toledo’s Blumenmauern.