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Leiferde

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Klabund
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Titel: Leiferde
Untertitel:
aus: Die Harfenjule
S. 37 -38
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1927
Verlag: Die Schmiede
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Erscheinungsort: Berlin
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans auf Commons
Kurzbeschreibung:
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[37]
Leiferde.

Wir leben ganz im Dunkeln, uns blühen nicht Ranunkeln und Mädchen glühn uns nicht. Wir sind von Gott verworfen und unter Schmutz und Schorfen ist unsre Brust mit Schwefel ausgepicht.

Der Rucksack, der ist leer, das Hirn von Plänen schwer, mit uns will’s niemand wagen. Wir finden Stell’ und Arbeit nicht, der Hunger wie mit Messern sticht den Magen.

[38] Wir sind dahingezogen durch Not und Kot und Dreck. Der Wind hat uns verbogen, das Leben uns belogen, die Menschheit warf uns weg.

Wir wateten im Schlamm, wir kamen an den Damm, ein Zug flog hell vorüber, ach, niemand rief: Hol über! Hol über!

Es tranken Kavaliere im Speisewagen Mumm. Wir sind nicht einmal Tiere, uns wandern Herz und Niere ziellos im Leib herum.

Den Klotz nun auf die Schienen, der Qualen ists genug, bald kommt der nächste Zug, wir wollen was verdienen – und sei’s auch nur das Hochgericht. Wenn wir im Aether baumeln und zu den Sternen taumeln, sehn wir zum erstenmal das Licht – das Licht.


[37]
Leiferde.


Wir leben ganz im Dunkeln,
uns blühen nicht Ranunkeln
und Mädchen glühn uns nicht.
Wir sind von Gott verworfen

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und unter Schmutz und Schorfen

ist unsre Brust mit Schwefel ausgepicht.

Der Rucksack, der ist leer,
das Hirn von Plänen schwer,
mit uns will’s niemand wagen.

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Wir finden Stell’ und Arbeit nicht,

der Hunger wie mit Messern sticht
den Magen.

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Wir sind dahingezogen

durch Not und Kot und Dreck.

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Der Wind hat uns verbogen,

das Leben uns belogen,
die Menschheit warf uns weg.

Wir wateten im Schlamm,
wir kamen an den Damm,

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ein Zug flog hell vorüber,

ach, niemand rief: Hol über!
Hol über!

Es tranken Kavaliere
im Speisewagen Mumm.

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Wir sind nicht einmal Tiere,

uns wandern Herz und Niere
ziellos im Leib herum.

Den Klotz nun auf die Schienen,
der Qualen ists genug,

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bald kommt der nächste Zug,

wir wollen was verdienen
– und sei’s auch nur das Hochgericht.
Wenn wir im Aether baumeln
und zu den Sternen taumeln,

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sehn wir zum erstenmal das Licht –

das Licht.