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Kurze Geschichte des ehemaligen Klosters Birklingen in der Grafschaft Castell

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Textdaten
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Autor: W. [Anonym]
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Titel: Kurze Geschichte des ehemaligen Klosters Birklingen in der Grafschaft Castell
Untertitel:
aus: Journal von und für Franken, Band 5, S. 550–560
Herausgeber: Johann Caspar Bundschuh, Johann Christian Siebenkees
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1792
Verlag: Raw
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Erscheinungsort: Nürnberg
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Quelle: UB Bielefeld, Commons
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IV.
Kurze Geschichte des ehemahligen Klosters Birklingen in der Grafschaft Castell.

Graf Wilhelm von Castell, in seinem Hause der vierte dieses Namens, stiftete im Jahr 1455 das Kloster Birklingen, eine Stunde von seinem Stammschloß im Walde. Diese, bey den damahligen bedrängten Umständen der Grafschaft Castell, äusserst unzeitige Unternehmung wurde vorzüglich, ausser dem Aberglauben jener Zeit, von der großthuerischen und verschwenderischen Gemahlin Graf Wilhelms, Anna, einer gebornen Gräfin von Helfenstein, veranlaßt; als welche ihrem Gemahl beständig anlag ein ansehnliches Kloster zu seinem, und seiner Nachkommen Erbbegräbniß zu stiften. An diesen Klosterbau, welcher im J. 1455 angefangen wurde, hat Graf Wilhelm fast die letzten Kräfte seiner damahls äusserst verschuldeten Grafschaft gewendet, so daß diese Stiftung wohl eine Hauptursache mit war, weswegen sich der Graf im Jahr 1457 genöthiget gesehen, seine Grafschaft dem Hochstift Wirzburg zu Lehen aufzutragen. So theuer mußte er die heilige Ehre bezahlen, von seiner Armuth ein Kloster gestiftet zu haben!

| Im Jahr 1458 am Pfingstfest las der Weihbischoff von Wirzburg die erste Messe in diesem Kloster, und weihte dasselbe zum künftigen Gottesdienst ein. Die Mönche trugen weiße Leibröcke, darüber noch ein weißes leinenes Kleid, und wenn sie in die Kirche oder sonst ausgingen, auch schwarze Kutten. Diese Klostergeistlichen verstanden sehr bald die Kunst das wenige Vermögen des aberglaubischen Volks auf die artigste Weise durch ein vorgebliches wunderthuendes Marienbild in ihren Klosterseckel zu zaubern. Dieses Wunderbild wurde in der Folge so berühmt, daß ansehnliche Wallfahrten in das Kloster geschahen. Nicht bloß Teutsche, sondern auch Ungarn, Böhmen und Italiäner pilgerten heran, verrichteten bey dem Bilde ihre Andacht und brachten reichliche Opfer. Durch diese Schenkungen kam das Kloster bald so in Aufnehmen, daß es im Jahr 1462 Marggraf Albrecht Achilles von Brandenburg, während seiner blutigen Fehde mit dem Bischoffe Johann von Wirzburg, wohl der Mühe wehrt hielt, demselben einen derben Reuterbesuch abzustatten. Die armen Pilger waren so eben aus Teutschland, Ungarn, Böhmen und Italien in großer Zahl beysammen, und verrichteten andächtiglich ihr Gebet| vor der Mirakelstatue, als der stürmische Albrecht mit seinen Reißigen herangesprengt kam, die Wallfahrter plünderte, das Kloster ausraubte, und den widerspänstigen Männern Gottes die Meßgewänder aus den Händen hieb. Ja er entblödete sich nicht, daraus Vasa sacra, Bücher, päbstliche Ablaßbriefe, und alles was nur tragbar war, mit sich fort zu nehmen. Beym Abzug gab der rauhe Mann den geängsteten Leuten noch ein Feuerwerk zum Besten, und steckte die sämmtlichen Klostergebäude in Brand. Allein das Wunderbild, welches mit rühmlicher Langmuth bis jetzt dem Greuel gelassen zugesehen hatte, that nun seine Schuldigkeit und löschte – wie die Mönche sagen – das Feuer aus.
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Indessen dauerten die Wallfahrten, des erlittenen Unfalls ungeachtet, doch noch häufig fort, so daß die beraubten Mönche nach 40 Jahren schon wieder im Stand waren dem Abt Georg zu Schwarzach 7000 Gulden auf den dritten Theil seines Zehendens zu Dettelbach vorzustrecken. Wie wohl wäre in den damahligen Zeiten diese Summa dem Hause Castell zu statten gekommen! Allein die Mönche gaben dieselbe lieber ihren Handwerksgenossen, als den Nachkommen| dessen, welchem sie das Daseyn ihres Klosters zu danken hatten.
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Mittlerweile erregten der schnelle Reichthum des Birklinger Klosters, und die grossen Wallfahrten dahin den Neid und die Eifersucht der ganzen umliegenden Gegend. Besonders sah das nah gelegene Iphofen zu den Schätzen der Birklinger scheel, und wünschte sich nichts mehr, als auch so ein wunderthätiges Marienbild. Dieß blieb denn auch nicht lange aus, indem sich im Jahr 1501 auf der Iphofer Markung am Wege nach Birklingen eine sitzende Marie fand, die auch gleich, wie ihre Schwester zu Birklingen, Wunder zu thun anfing. Um die gute Wunderthäterin dem Wetter nicht auszusetzen, umgaben sie die Iphofer mit einem bretternen Häuschen, und stellten Wache dabey, damit ihr ja kein Leid widerfahren möge. Die Hoffnung von der Wirkung dieses neuen wunderthätigen Bildes betrog nicht: denn diese neue Wunder-Maria zog fast so viele Wallfarther an sich, als jetzt noch immer nach Dettelbach ziehen. Der Zulauf des andachtsdurstigen Volks war so groß, daß die Mariencapelle an Geld, Kleinodien, Wachs u. d. gl. reich ward. Natürlich konnten die Birklinger Mönche diese Schmälerung ihres Wundermonopoliums| nicht länger gelassen ertragen, denn sie liefen Gefahr plötzlich die stärkste Quelle ihres Reichthums verstopft zu sehen. In ihrer Herzensangst liefen sie nach Wirzburg, klagten dem Bischoff Lorenz von Bibra ihre Noth, und brachten es auch wirklich dahin, daß in allen Kirchen wider die Ächtheit des Wunderbildes zu Iphofen gepredigt, und jedermann verboten wurde, dasselbe zu besuchen. Ja, als dieses die gehoffte Wirkung nicht that, bewogen sie sogar den Bischoff, daß er den Domherrn Thomas von Stein mit bewehrter Mannschaft nach Iphofen schickte, die das wunderthätige Bild in einen Sack schieben, und nach Wirzburg in die Hofcapelle bringen mußte.

Das bretterne Obdach der Wunder-Maria, die sich auf einmahl in einem Sack mußte forttragen lassen, mußten die Iphöfer abbrechen, und alles, was bisher die Wallfahrter geopfert hatten, zur Erbauung ihrer neuen St. Veitskirche anwenden.

Es nahm also die Wallfahrt zu Iphofen mit Schrecken ein Ende, zum bittersten Verdruß aller Bewohner dieses Städtchens.

Birklingen war nun ganz der Gegenstand ihrer Rachgier, und sie fanden in kurzer Zeit Gelegenheit dieselbe zu befriedigen. Indessen| blieb Birklingen in dem Besitz seiner Wallfahrt, und es ist nicht bekannt, daß sie so, wie die zu Iphofen, gestört worden wäre.

Im Jahr 1479 war Graf Wilhelm gestorben, und hatte dann auch die so theuer erkaufte Ehre genossen, in einem selbst gestifteten Kloster begraben zu werden. Auch der Leichnam seines Sohns, Graf Friedrichs VIII. der 1498 gestorben war, ruhte einige Zeit daselbst. Ob aber noch mehr Grafen von Castell, als Graf Leonhard III. der noch bey Lebzeiten seines Vaters, Graf Wilhelms IV. auf der Jagd umkam, und Graf Georg II. ein Sohn Friderichs VIII. der 1506 starb, zu Birklingen begraben worden, übergeht das vorliegende Manuscript mit Stillschweigen.

Die Geschichte dieses Klosters bleibt nun bis zum Jahr 1524 arm an merkwürdigen Begebenheiten; desto lebhafter aber, wiewohl zum Nachtheil und endlichen Untergang des Klosters, wird sie von diesem Jahre an.

Birklingen besaß in der Iphofer Vorstadt einen Hof, jetzt der Amthof genannt, wohin die Mönche öfters kamen, indem sie jederzeit einen ansehnlichen Weinvorrath daselbst liegen hatten. Weil nun diesen Mönchen die Iphöfer, seit dem ihre Maria| in einen Wirzburgischen Sack kriechen mußte, tödlich gram waren, so trugen sich auch seit jener Wallfahrtszeit häufige Streitigkeiten zu. Insbesondere geriethen im oben erwähnten Jahr 1524 einige Bürger von Iphofen mit den Birklinger Mönchen in einen Streit, der sich mit solcher Erbitterung auf Seiten der Bürger endigte, daß Cunz Kröhn, Wirth und Zöllner, eine Rotte von Bürgern und Häckern an sich zog, mit diesen am Sonntag Invocavit in den reichen Weinkeller der Birklinger Mönche brach, sich hier mit seinen Gesellen nicht nur den geistlichen Wein tapfer schmecken, sondern auch eine Menge davon aus dem Keller fortschaffen ließ, und überhaupt in dem Klosterkeller hausete, als wie die Franzosen in unsern Tagen in den Rheinweinkellern des Adels zu Mainz. Als sich nun der anwesende Pater Prior von Birklingen diesem Unwesen widersetzen wollte, bekam er eine derbe Tracht Schläge, und wurde mit den empfindlichsten Mißhandlungen zurückgewiesen.
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Hieraus entstanden die größten Weitläufigkeiten; Birklingen flehte zu Wirzburg um Hülfe und Schutz wider die Sacrilegen zu Iphofen. Dem Bischoff schien die Sache so wichtig, daß er eine Commission von| seinen adelichen Räthen, nämlich Friedrich von Schwarzenbach, Hanns von Milz, Eustach von Thüngen, Sylvester Forstmeister, Stadtschultheiß zu Wirzburg, Erhard von Wichsenstein, Ambros und Philipp von Geyer und Matthes von Vestenberg, Amtmann zu Iphofen dahin schickte, dem Unwesen zu steuern, die Sache zu untersuchen, und die Weintrinker zu bestrafen. Zu dem Ende hatten diese Edelleute 120 Reutersknechte, den Stockmeister und Nachrichter von Wirzburg bey sich. Als die Tumultuanten zu Iphofen die Annäherung dieses Zugs erfuhren, entflohen sie nach Prichsenstadt in die Freyung. Indessen wurden doch noch vier von ihnen eingehohlt, und gefänglich nach Wirzburg geführt, wo sie 8 Tage lang in einem Thurm liegen mußten. Die, welche sich nach Prichsenstadt geflüchtet hatten, erhielten endlich auf vieles Bitten die Erlaubniß wieder nach Iphofen zurückzukehren, jedoch mit der Bedingung: „daß sie von da weder Leib noch Gut verrücken sollten, bis auf weitern Bescheid.“
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Dieß machte zwar für dießmahl der öffentlichen Unruhe, aber nicht dem nun erhöhten Haß der Iphofer Bürger gegen die Birklinger ein Ende. Zum Unglück für die| letztern kam im folgenden Jahr 1525 die Nachricht von dem Bauernaufstand in der Rothenburger Landwehr und zu Markt-Bibart auch nach Iphofen. Dieß war den Feinden der Birklinger eine erwünschte Gelegenheit sich zu rächen. Sie rottirten sich sogleich zusammen, brachen wieder in den Klosterkeller ein, und plünderten und verheerten alles, was Birklingisch hieß. Hiebey blieb es doch noch nicht; denn als bald darauf am Dienstag nach Walpurgis, im Kronenwirthshause eine starke Anzahl Iphöfer Bürger versammelt waren, tapfer zechten, und ihren abgesagten Feinden, den Birklingern alles Unglück auf den Hals wünschten, trat der Wirth Cunz Kröhn, den wir schon von der ersten Kellerplünderung her kennen, hervor, machte mit Kreide einen Ring auf den Tisch, und sagte: „Wer Morgen das Kloster zu Birklingen mit abbrennen hilft, der stecke sein Messer in diesen Ring!“ – Alle thatens; ein einziger ging davon.
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Am folgenden Morgen mit Anbruch des Tags zog der wütende Haufe vor das Kloster, plünderte dasselbe rein aus, und mißhandelte die Mönche. Der Prior hatte sich in einem Zimmer unter einen Haufen Hobelspäne versteckt, ward aber entdeckt, hervorgezogen,| und (was doch die Bauern für unverschämte Bengels waren!) – – castrirt. – Die Rasenden steckten hierauf das Kloster in Brand, wobey das Feuer so heftig war, daß schon früh vor 8 Uhr alle Klostergebäude in der Asche lagen.

Die Mordbrenner zogen hierauf mit der gemachten Beute an Kirchenornat, Kleinodien, Geld u. a. davon, und schlugen sich zu den übrigen aufrührerischen Bauern, die damahls bey Heydingsfeld ihr Wesen trieben.

Wahrscheinlich haben auch damahls die Verheerer des Klosters den Lohn für ihre schöne Arbeit bekommen, als nach geendigtem Bauernkriege der Bischoff Conrad von Wirzburg seine Lande zu Pferde, den Scharfrichter an der Seite, durchstrich.

Ein solches Ende hat das Kloster Birklingen genommen, nachdem es nicht länger als 70 Jahre gestanden hatte. Es ist nicht wieder aufgebauet worden, sondern Wirzburg zog die Einkünfte ein, und besitzt sie noch jetzt; ob aber mit Recht? da Castell das Kloster gestiftet hatte, getraue ich nicht zu behaupten. Es ist zu wundern, daß man das unbestreitbare Recht auf Birklingen nach Zerstörung des Klosters von Seiten des Hauses Castell nicht besser gewahret hat.

| Den noch übrigen Mönchen des zerstörten Klosters hat man erlaubt, in dem schon bekannten Amt Hof zu Iphofen zu wohnen, bis einer nach dem andern absterben würde.

Es findet sich, daß noch im Jahr 1537 Hieronymus Roes Prior und Convent des Klosters Birklingen dem Grafen Wolfgang von Castell über die Einlösung einiger, von seinen Voreltern versetzten Güter, quittiret hat. Ja, noch im Jahr 1540 sind noch 3 Birklinger Mönche zu Iphofen am Leben gewesen.

Erwähnter Graf Wolfgang hat, weil nach der Zerstörung der Klosterkirche das gräfliche Erbbegräbniß in derselben ohne Obdach war, den Leichnam seines Vaters, Graf Friederichs VIII, herausheben, und in die Abtey Ebrach zur Beerdigung bringen lassen.

Jetzt ist Birklingen ein schlechtes Dorf. Alte Mauern lassen noch das ehemahlige Daseyn eines vesten Gebäudes vermuthen. Eulen und Kauze heulen jetzt, wo vor 300 Jahren Mönche die Horas sangen. Dornen und Unkraut bedecken die Stelle, wo sonst der Schweis gutwilliger Andächtigen und der Klosterbauern verpraßt wurde.

W.