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Kunde von Jenseits

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Textdaten
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Autor: August Schnezler
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Titel: Kunde von Jenseits
Untertitel:
aus: Badisches Sagen-Buch II, S. 345–347
Herausgeber: August Schnezler
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1846
Verlag: Creuzbauer und Kasper
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Erscheinungsort: Karlsruhe
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Quelle: Commons und Google
Kurzbeschreibung:
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[345]
Kunde von Jenseits.

Zu Karlsruh’ hart am Sterben lag
Ein Doctor der Philosophie;
Ein Freigeist all sein Lebenstag,
Glaubt’ an Unsterblichkeit er nie;

5
Doch jetzt, da ihn mit bangem Schlag

Sein Herz den nahen Tod ließ ahnen,
Begann’s dem Alten doch zu schwanen,
Daß nicht die Seele, wie ein Rauch,
Verfliege mit dem letzten Hauch;

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Daß es doch müß’ ein Jenseits geben,

Wo sie, um Rechnung abzulegen
Von ihrem ganzen Erdenleben,
Schweb’ einem Richterstuhl entgegen. –

Da rief er seinen Sohn zu sich

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Und sprach: „Mein Kind, o höre mich!

Dumpfdröhnend schüttern mich Gedanken,
Jetzt, wo sich aus des Körpers Schranken
Mein ruhlos zweiflerischer Geist
Im herben Todeskampfe reißt.

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20
Wohl ist ein Himmel überm Grabe,

Den ich bisher geleugnet habe,
Wohl gibt es einer Hölle Schacht,
Worüber ich bisher gelacht –
Mein Sohn, mein Sohn! wenn du noch laben

25
Mich willst in dieser schweren Stunde,

So schwöre mir: sobald begraben
Dein Vater ruht im kühlen Grunde,
Gleich in der nächsten Mitternacht
Zur Pyramide hinzugehn

30
Dort auf dem Markt, und mit Bedacht

Und scharfem Blick daraus zu sehn,
Ob nicht mein Geist dir dort erscheine,
In welcherlei Gestalt es sey.
Erblickst du ihn, so waren meine

35
Verfechtungskünste, daß es keine

Fortdauer für die Seele gebe,
Nur hohle Selbstbetrügerei,
Wirrphilosophisch Hirngewebe;
Doch siehst du nichts, dann glaube frei:

40
Daß Alles mit dem Tod vorbei.“ –


Der Sohn gelobt’s und als den Sarg
Des Vaters schon der Friedhof barg,
Hält in der nächsten Mitternacht
Er bei der Pyramide Wacht;

45
Auf einmal sieht, auf deren Gattern

Er eine schwarze Taube flattern,
Die ruft – er hört’s mit Angst und Beben –:
„Wohl gibt’s, mein Sohn, ein höh’res Leben,
Wenn unser irdisch Auge bricht!

50
Laß’ nicht vom Wahn dich mehr umweben,

Daß droben nicht ein streng Gericht
Einst über uns das Urtheil spricht;
Bekehre dich, noch ist es Zeit
Zum Glauben an Unsterblichkeit!” –

55
Entflattert ist die schwarze Taube –

Der Sohn wirft nieder sich im Staube

[347]

Und fleht inbrünstig himmelan.
Da füllt sein Herz ein süßer Friede;
Heim kehrt er von der Pyramide,

60
Und unerschütterlicher Glaube

Lenkt ihn fortan zur Himmelsbahn.[1]

A. Schzlr.

  1. Ein ähnliches Geisterabenteuer soll Hebel’n von Seiten seines verstorbenen Freundes Hofrath Böckmann begegnet seyn.