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Kriegskorrespondenten

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Walther Kabel
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Titel: Kriegskorrespondenten
Untertitel:
aus: Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Jahrgang 1913, Bd. 7, S. 212–214
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1913
Verlag: Union Deutsche Verlagsgesellschaft
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Erscheinungsort: Stuttgart, Berlin, Leipzig
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Quelle: Commons
Kurzbeschreibung:
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[212] Kriegskorrespondenten. – Als Vertreter der Londoner „Times“ machte der als Kriegskorrespondent bereits rühmlichst bekannte James Hozier den Feldzug 1870/71 im Hauptquartier des damaligen preußischen Kronprinzen mit. Eines Tages war der Engländer gleichzeitig mit einem Hauptmann v. A. zur Tafel bei dem General v. d. Gröben geladen. Der Hauptmann, der von dem englischen Zeitungswesen offenbar eine recht unvollkommene Vorstellung hatte, fragte den neben ihm sitzenden Hozier im Laufe des Gesprächs etwas von oben herab, was ihm denn seine Berichterstattertätigkeit eigentlich einbringe.

Der Kriegskorrespondent, des Deutschen vollkommen mächtig, umging eine direkte Antwort und stellte dafür die Gegenfrage: „Wieviel Gehalt beziehen denn Sie, Herr Hauptmann?“

„Jetzt im Felde mit der Kriegszulage etwas über hundertdreißig Taler monatlich,“ lautete die Antwort.

[213] „Nun, das sind zwanzig Pfund nach unserem Gelde,“ meinte Hozier. „Und genau das Vierfache, achtzig Pfund, erhalte ich von meinem Blatte – täglich.“

General v. d. Gröben und andere Herren, die diese Unterhaltung mitangehört hatten, brachen ob des verdutzten Gesichtes des Hauptmanns in ein herzliches Gelächter aus.

Der General konnte sich nicht enthalten scherzend hinzuzufügen: „Ja, lieber A., ich habe Hozier auch schon gesagt, daß ich gern mit ihm tauschen möchte. Aber er will nicht.“ –

Derselbe Hozier war es, der dann nach der Schlacht bei Sedan drei Pferde zuschanden ritt, um als erster der Kriegskorrespondenten von der luxemburgischen Stadt Beckerich aus einen genauen Schlachtbericht nach London telegraphieren zu können. Von allen übrigen Orten in der Nähe aus war die Absendung eines Telegramms nämlich unmöglich. Hozier langte keine fünf Minuten vor seinem Konkurrenten Cecil Wouster vom Londoner „Standard“ in dem Städtchen an. Sofort begab er sich an den Schalter für Telegramme und überreichte dem Postbeamten eine alte Nummer der „Times“ mit der Bitte, den Leitartikel daraus an die Redaktion der „Times“ nach London zu telegraphieren[1]. Gleichzeitig legte er als vorläufige Bezahlung eine Hundertpfundnote dazu. Der Beamte glaubte zunächst, es mit einem Irrsinnigen zu tun zu haben. Bald hatte Hozier ihn aber über den Zweck dieses seltsamen Begehrens aufgeklärt, daß es ihm nämlich nur darauf ankäme, den Draht für längere Zeit für sich zu belegen.

Während nun der Apparat klapperte und den alten Leitartikel nach London weitergab, stand Hozier vor dem Schalter und fertigte nach seinen flüchtigen Notizen einen eingehenden Bericht über die Katastrophe von Sedan an. Als Wouster vom „Standard“ dann in den Schalterraum gestürmt kam, um seine Depesche nach London abzusenden, bedeutete ihm der Beamte achselzuckend, daß vorläufig keine Telegramme angenommen werden könnten, da der Draht mindestens für [214] zwei Stunden bereits besetzt sei. Wütend eilte Wouster davon, um anderswo sein Glück zu versuchen. Hozier aber schaltete jede inzwischen fertig gewordene Seite seiner Ausarbeitung in den Leitartikel ganz zusammenhanglos ein, so daß er seinen Platz niemand einzuräumen brauchte.

Erst nach vier Stunden war seine Arbeit vollendet, und sein Telegramm kostete nicht weniger als zweihundertzwanzig Pfund Sterling. Dafür konnte sich aber auch die Londoner „Times“ rühmen, ihren Lesern den ersten Bericht über die Kämpfe um Sedan gebracht zu haben.

W. K.


Anmerkungen

  1. Daß Hozier ein Stück aus der Bibel habe an die „Times“ telegraphieren lassen, entspricht nicht den Tatsachen.