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Kochgeschirre

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Textdaten
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Autor: Christoph Heinrich Hirzel
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Titel: Kochgeschirre
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aus: Die Gartenlaube, Heft 41–42, S. 546–547; 557–559
Herausgeber: Ferdinand Stolle
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1855
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[546]

Küchen-Chemie.

Von Dr. H. Hirzel.




Kochgeschirre.

Die Nahrungsmittel, welche die Natur den Menschen theils aus dem Pflanzenreiche, theils aus dem Thierreiche darbietet, werden von denselben, wenigstens von den Bewohnern der civilisirten Länder nur in einzelnen Fällen roh genossen. Sie werden gedämpft, gesotten, geröstet, gebraten, gebacken, überhaupt auf die verschiedenste Weise zubereitet und dann Speisen genannt. Die Bereitung der Speisen geschieht allerdings oft mit dem richtigen Vorgefühle, etwas der Gesundheit Zuträglicheres, das heißt, Verdaulicheres und Nahrhafteres darzustellen; doch mindestens ebenso häufig allein und in der Absicht, die rohen Nahrungsmittel wohlschmeckender zu machen und ihnen durch Zusatz von Gewürzen, einen den Appetit reizenden Geruch mitzutheilen. Vielleicht bietet sich später einmal die Gelegenheit dar, zu zeigen, daß:

Wenn man nur kocht, was dem Gaumen schmeckt,
Den Tisch nur mit Delicatessen deckt,
Man dem Magen seine Ruhe nimmt,
Den Körper um die Gesundheit bringt.

Heute wollen wir aber ganz bescheiden am Eingange zum Heiligthum der Hausfrauen, „der Küche," stehen bleiben, einen Blick auf das in der Küche befindliche Kochgeschirr werfen und prüfen, aus was für einem Material dasselbe besteht.

Wenn das Kochgeschirr, in welchem die Speisen zubereitet oder aufbewahrt werden, der Gesundheit schädliche Bestandtheile enthält, welche sich in den Speisen auflösen oder mit denselben vermischen, so sind nur Spuren solcher giftiger Substanzen, die aber täglich mit der Speise in den Körper gelangen, hinreichend, der Gesundheit nachtheilige Wirkungen auszuüben, ja selbst solche Störungen (sogenannte Vergiftungen) zu verursachen, die den Tod oder wenigstens langwierige ernste Krankheiten zur Folge haben. In vielen Ländern bestehen daher eigene Gesetze, welche die Geschirre vorschreiben, deren man sich zum Kochen bedienen kann, und diejenigen verbieten, welche aus giftigen Materialien bestehen; doch werden diese Gesetze meistens nicht genügend beachtet und nicht streng genug überwacht, was um so unverzeihlicher ist, da das Wohl so vieler Menschen durch schlechtes Geschirr gefährdet werden kann.

Der Blick in eine Küche belehrt uns, daß die zum Kochen oder Aufbewahren der Speisen dienenden Geräthschaften, hauptsächlich Kupfer-, Eisen- und Töpfergeschirre sind, und wir wollen nun prüfen, welche Vortheile oder Nachtheile dieselben besitzen.

a. Kupfergeschirr.

Das Kupfer, dieses allgemein bekannte, durch seine eigenthümlich rothe Farbe leicht erkennbare Metall, besitzt die in diesem Falle wichtige Eigenschaft, beim Liegen an der Luft und besonders bei Berührung mit sauren, schleimigen oder fetten Substanzen matt zu werden und sich mit einem grünen Häutchen zu bedecken. Dieses grüne Häutchen, im alltäglichen Leben Grünspan genannt, besteht aus wasserhaltigem kohlensaurem Kupferoxyd, und bildet sich, indem das Kupfer Sauerstoff, Wasser und Kohlensäure aus der Luft anzieht. Es löst sich sehr leicht in allen Speisen auf und theilt denselben giftige Wirkungen mit. Die Kochgeschirre von Kupfer empfehlen sich allerdings durch ihre Solidität, sind auch schon seit uralten Zeiten gebräuchlich und waren noch zu Anfang dieses Jahrhunderts der Stolz der Hausfrauen, indem sie als die Zierde einer Küche betrachtet wurden. Sie sind aber, wie aus Obigem hervorgeht, sehr gefährlich und geben stets, selbst wenn sie vorher ganz blank gescheuert worden, etwas Kupfer an die Speisen ab. Werden nun täglich solche Speisen genossen, so sammelt sich das Kupfer in immer größerer Menge in dem Körper an, und wenn auch anfangs keine üblen Folgen verspürt wurden, so macht doch dieses giftige Metall mit der Zeit seine Wirkung geltend und stört zunächst die Vorgänge der Verdauung; dann kommen aber plötzlich heftige Krankheitserscheinungen zum Vorschein, die meistens den Tod herbeiführen oder wenigstens nur in einzelnen Fällen ganz beseitigt werden können. Diese Erscheinungen sind zunächst: heftiger anhaltender Kopfschmerz, Appetitlosigkeit, Neigung zum Brechen; sie steigern sich, und es treten immer heftiger werdende Magen- und Leibschmerzen, stetes Uebelbefinden, Erbrechen, Krämpfe und fieberhafter Zustand auf. Das Gesicht wird fahl, der Körper magert zusehends ab, und erst im elendesten Zustande befreit der Tod sein unglückliches Opfer von den großen Leiden der Kupfervergiftung. Wohl hat man empfohlen und gebeten, alles zum Hausgebrauche bestimmte Kupfergeräthe mit einer dünnen Lage von reinem Zinn zu bedecken (zu verzinnen), und es läßt sich nicht läugnen, daß selbst sehr saure und fette Speisen in gut verzinntem Kupfergeschirr gekocht werden können, ohne nur eine Spur von Kupfer aufzulösen; allein oftmals ist die Verzinnung nicht vollständig, besonders bei alten Kupferpfannen, die viele Beulen haben; auch nutzt sich dieselbe sehr schnell ab, wird dann gewöhnlich nicht gleich oder gar nicht wieder erneuert, und so sind die erwähnten Uebelstände immer nicht dadurch gehoben. Das Kupfergeschirr ist zwar in der neueren Zeit aus vielen Küchen ganz verschwunden; doch fehlt es namentlich auf dem Lande und in kleineren Städten, von welchen wir viele nahmhaft machen könnten, nur in wenigen Küchen, und wir finden in diesen besonders größere, gewöhnlich geerbte Kessel von Kupfer, an deren innerer Fläche meist nur Spuren von Zinn, [547] dagegen um so dickere Grünspanhäutchen sitzen, und doch werden solche Kessel mit unglaublicher Sorglosigkeit zum Einsieden von Pflaumen, Preißelbeeren, Heidelbeeren und anderen sauren Früchten, zum Kochen von Klößen, Fischen u. s. w. benutzt. Die Folgen des öfteren Kupfergenusses sind aber in solchen Familien auch deutlich genug an den blassen kränkelnden Gesichtern der von Krämpfen heimgesuchten Leute zu erkennen. Das Kupfer sollte daher aus jeder Küche entfernt werden, und es ist in der That vollständig entbehrlich.

Dasselbe gilt auch vom Messing, welches durch Zusammenschmelzen von Kupfer und Zink dargestellt wird, und aus welchem ebenfalls zuweilen Kochgeschirre verfertigt werden. Namentlich finden wir aber in den Küchen messingene Mörser. Das Messing bedeckt sich viel langsamer mit einem Grünspanhäutchen als das Kupfer, muß aber doch mit Vorsicht benutzt, und messingene Mörser müssen vor dem Gebrauche stets sorgfältig ausgewischt und gereinigt werden.

b. Eisengeschirr.

Von allen Metallen, deren Preis überhaupt die Anwendung als Material zu Kochgeschirren gestattet (Gold, Platin oder Silber würden sich am Besten eignen, sind aber für den gewöhnlichen Hausgebrauch zu theuer), ist das Eisen das brauchbarste und unschädlichste. Dasselbe zieht zwar noch viel leichter und rascher als das Kupfer, Sauerstoff und Wasser aus der Luft an und bedeckt sich an seiner Oberfläche mit einer immer dicker werdenden Kruste von wasserhaltigem Eisenoxyd, sogenanntem Rost, welcher sich ebenfalls leicht in den verschiedenen Speisen auflöst. Allein durch einen geringen Eisengehalt werden die Speisen durchaus nicht vergiftet, sondern sind der Gesundheit eher zuträglich als schädlich, da das Eisen zu den unentbehrlichen Bestandtheilen des menschlichen Körpers gehört. Dennoch können die Kochgeschirre aus reinem Eisen nur in einzelnen Fällen gebraucht werden; denn wollte man z. B. saure Früchte oder andere saure Speisen in denselben zubereiten, so würde so viel Eisen aufgelöst, daß die Speise dadurch einen schlechten Geschmack erhalten und das Geschirr sehr bald durchlöchert würde. Um diesen Uebelstand zu beseitigen, hat man anstatt reinem Eisen, verzinntes Eisen oder Weißblech zu Kochgeschirren benutzt, oder man hat die innere Fläche der eisernen Pfannen und Töpfe mit einer Emaille und Glasur überzogen. Wir finden daher in den Küchen hauptsächlich drei Arten von Eisengeschirr, nämlich Geschirr aus gewöhnlichem Schwarzblech, glasirtes Eisengeschirr und Weißblechgeschirr.

1. Schwarzblechgeschirr wird aus reinem, zu mehr oder weniger dünnen Platten ausgewalztem Schwarzblech verfertigt und eignet sich ganz vorzüglich zum Braten von Fleisch oder anderen Nahrungsmitteln in Butter oder anderen Fetten. Es kann nie zur Vergiftung der Speisen Veranlassung geben und bleibt, da es aus reinem gewalztem Eisen besteht, sehr lange brauchbar, nur darf man nichts sehr Saures darin kochen, auch nichts sehr Salziges darin aufbewahren, und wenn man es wäscht, muß es immer sehr gut abgetrocknet werden. Versäumt man dieses, so rostet es sehr schnell und bekommt Löcher.

2. Glasirtes oder emaillirtes Eisengeschirr besteht entweder aus emaillirtem Schwarzblech und ist dann viel düuner und leichter; oder – und zwar gewöhnlich – nur aus emaillirtem und glasirtem Gußeisen, ist aber dann viel dicker, plumper und schwerer. Dieses Geschirr eignet sich zur Zubereitung aller Speisen, ist daher ganz unentbehrlich geworden, kann aber unter Umständen, die wir gleich näher bezeichnen wollen, zu Vergiftungen Veranlassung geben. Man fabricirt es jetzt in allen Ländern und zwar im Allgemeinen auf folgende Weise. Die gegossenen Waaren, welche aus einem ziemlich porösen, schwammigen Eisen (das sich in Säuren viel leichter auflöst, als das festere, dichtere Eisen des Schwarzbleches) bestehen, werden erst mit etwas verdünnter Schwefelsäure (sogenanntem gewässertem Vitriolöl) angebeizt, das heißt auf ihrer innern Fläche damit befeuchtet, dann mit kaltem Wasser abgespült, mit der feuchten Emailmasse gleichmäßig bestrichen, noch feucht mit der fein gepulverten Glasurmasse bestäubt und dann in einem Ofen einer starken Glühhitze ausgesetzt, damit so die Email- und Glasurmasse gleichmäßig festschmelzen. Die Emailmasse stellt man dar, indem man erst Kieselsteinpulver und Borax zusammenschmilzt, die geschmolzene Masse dann sehr fein mahlt, auf das Innigste mit eisenfreiem, feinem Thon und etwas gemahlenem Feldspath vermengt und befeuchtet. Die Glasurmasse besteht gewöhnlich aus Feldspath (einem in der Natur sehr häufig vorkommenden Mineral), Soda, Borax und etwas Zinnoxyd; da sie aber durch Zusatz von bleihaltigen Substanzen, besonders von Bleiglätte, Bleiglanz oder Mennige leichter schmelzbar und weniger spröde wird, so werden ihr diese Körper leider sehr häufig beigemengt. Ein Zusatz von bleihaltigen Substanzen zur Glasur dieser Geschirre sollte, da er nicht unumgänglich nothwendig ist, auf das Strengste verboten werden, indem gerade dadurch das sonst ganz unschädliche emaillirte Eisengeschirr giftige Bestandtheile erhält, die sich in den Speisen auflösen können. Da auch das Töpfergeschirr gewöhnlich mit einer bleihaltigen Glasur überzogen wird, so wollen wir bei diesem über die Bleivergiftung und über die Art und Weise, wie solche Geschirre geprüft werden können, näher sprechen. Das emaillirte Eisengeschirr ist, wenn die Emaille und die auf der Emaille liegende Glasur gut eingebrannt und frei von Blei ist, nicht nur ganz unschädlich, so daß die Speisen selbst Tage lang darin aufbewahrt werden können, sondern auch sehr dauerhaft; nur ist es nothwendig, daß die Töpfe beim Kochen möglichst mit der Speise angefüllt werden, da sonst durch eine ungleiche Erhitzung leicht einzelne Theile der Glasur abspringen; ebenso dürfen die letzten Speisereste nicht allzu heftig mit Blechlöffeln ausgekratzt werden, weil dadurch die Glasur leicht beschädigt werden kann. Hat aber ein solches Geschirr seine Glasur verloren, dann wird es schneller unbrauchbar, als das Schwarzblechgeschirr, und die darin zubereiteten Speisen nehmen einen schlechten Geschmack an.

3. Weißblechgeschirr wird hauptsächlich von den Klempnern verfertigt. Das Weißblech besteht aus einem mehr oder weniger dicken, ganz glatten Eisenbleche, das durch Eintauchen in reines geschmolzenes Zinn auf beiden Seiten mit einer Lage von Zinn überzogen worden ist, einen lebhaften Glanz besitzt und seiner weißen Farbe wegen Weißblech genannt wird. Es wird seltener zum Kochen, gewöhnlich nur zum Dampfen oder Backen benutzt, und wir finden daher in den Küchen meistens nur kleinere Geräthschaften, kleine Töpfchen, Kessel, Schüsseln u. s. w.. davon. Das Weißblech hält nämlich keine sehr hohe Temperatur aus, da das Zinn ein sehr leicht schmelzbares Metall ist, und bei öfterem Gebrauche allmälig vom Eisen abschmilzt. Aus demselben Grunde kann man auch keine nur aus Zinn bestehenden Kochgeschirre verfertigen, da sie sehr bald zusammenschmelzen würden. Beim Gebrauche des Weißblechgeschirres ist ebenfalls einige Vorsicht nöthig, da man zu seiner Fabrikation oft unreines mit Blei oder Kupfer oder beiden Metallen vermengtes Zinn anwendet. Durch das Zinn wird allerdings die leichte Auflöslichkeit des Bleies und Kupfers in Speisen so gemindert, daß man diese ohne Gefahr in solchem Geschirr zubereiten, aber unter keinen Umständen, besonders wenn sie sehr salzig, sauer oder fettig sind, darin aufbewahren darf. Zuweilen wird auch Schwarzblechgeschirr oder gußeisernes Geschirr inwendig verzinnt, doch ist auch hier die Anwendung von reinem Zinn nothwendig, und auch hier stellt sich der Uebelstand des leichten Abschmelzens und der raschen Abnutzung der Zinnbekleidung ein, weshalb ein gut und ohne blei platirtes Eisengeschirr oder das ordinäre Schwarzblechgeschirr jedenfalls den Vorzug verdient.

[557]
c. Töpfergeschirr.

Das Töpfergeschirr fehlt wohl keiner Küche. Reiche und Arme gebrauchen es schon seit Jahrhunderten, um ihre Speisen darin zuzubereiten und aufzubewahren, und doch giebt es, gerade weil es so allgemein benutzt wird, am Häufigsten zu gewöhnlich sehr schlimmen Vergiftungen Veranlassung. Die Haupt- und Grundmasse aller Töpfergeschirre ist ein Gemenge von Thon mit Kiesel, Sand, Kalkstein oder anderen ähnlichen Gesteinarten. Die Oberfläche dieser Masse ist aber mit einem glasartigen, mehr oder weniger durchsichtigen, gewöhnlich gelb, weiß, grün, blau, braun oder schwärzlich gefärbten Ueberzuge, der sogenannten Emaille oder Glasur bedeckt, welche fast immer und überall aus einer viel Bleioxyd (einer Verbindung von Blei mit Sauerstoff) enthaltenden Glasmasse besteht und die Ursache der Gefährlichkeit dieser Waaren ist. Man verfährt nämlich bei der Anfertigung der Töpfergeschirre im Allgemeinen auf folgende Weise. Zuerst werden alle Substanzen, die man dazu gebraucht, der Thon, Mergel Kalkstein, Sand, Kiesel u. s. w. auf Mühlen sehr fein gemahlen, dann auf die Weise gemischt, daß man sie zusammen mit Wasser zu einem nicht zu dünnen Brei anrührt. Der erhaltene Brei wird rasch etwas getrocknet, hierauf gehörig durchgeknetet oder mit den Füßen durchgestampft, bis er eine gleichmäßige bildsame Masse darstellt. Aus [558] dieser Masse, dem sogenannten „irdenen Teig“ werden nun die Geschirre theils mit der freien Hand, theils durch Eindrücken in Gyps oder Thonmodelle geformt, an der Luft oberflächlich getrocknet, glasirt und endlich gebrannt. Zur Glasur nimmt man meistens Bleiglätte (unreines Bleioxyd) oder andere bleihaltige Körper, mehr oder weniger reinen Sand, Thon oder Lehm, oft auch Kreide und um eine Färbung hervorzubringen, Hammerschlag (färbt braun), Kupferasche (färbt grün), Zaffer (färbt blau), Zinnasche (färbt weiß), oder Braunstein (färbt schwarz), je nachdem sich der Töpfer die eine oder andere dieser Substanzen leichter und billiger verschaffen kann.

Diese zur Bildung der Glasur bestimmten Stoffe werden ebenfalls zuerst fein gemahlen und mit Wasser zusammen zu einem Brei angerührt. In diesen Brei taucht man nun die zu glasirenden Waaren entweder ein oder man bespült oder bestreicht sie damit, und zwar, je nachdem das Geschirr zu feinern oder gröbern Zwecken verwendet werden soll, entweder auf beiden oder nur auf der innern Fläche. Manche Geschirre werden auch erst schwach gebrannt und dann erst in den Glasurbrei eingetaucht, oder wie man sich ausdrückt, „glasirt.“ Nach dem Glasiren folgt endlich das Brennen. Die Geschirre werden in dem eigens hierzu eingerichteten Töpferofen aufgeschichtet und 25 bis 30 Stunden einer ziemlich bedeutenden Glühhitze ausgesetzt. Hierbei schmilzt die an der Oberfläche haftende Glasurmasse und bildet eine zusammenhängende glasige Decke. Nachdem dies erfolgt ist, wird der Ofen verschlossen und das Geschirr erst, nachdem er sich vollständig abgekühlt hat, aus demselben herausgenommen; denn je langsamer die Abkühlung, desto fester und dauerhafter die Waare. Ein gutes Töpfergeschirr muß einen raschen Temperaturwechsel ertragen können, ohne zu springen, beim Anklopfen mit dem Finger einen reinen Klang geben und eine Glasur besitzen, die keine Sprünge bekömmt, nicht abblättert und sich nicht mit einem scharfen Messer ritzen läßt. Dennoch kann Geschirr, welches allen diesen Anforderungen entspricht, Vergiftungen veranlassen. Der Grund hiervon liegt, wie schon erwähnt, in der bleihaltigen Glasur. Die Töpfer sollen zwar nur möglichst wenig Bleiglätte zur Glasur nehmen, damit sich das Bleioxyd vollständig mit der Kieselsäure oder Kieselerde, aus welcher der Sand und zum Theil auch der Thon oder Lehm besteht, zu sogenanntem Bleiglas verbinden kann, das von den Speisen nicht oder wenigstens nicht leicht angegriffen wird. Allein dann ist eine hohe Temperatur und daher viel Brennmaterial, auch viel Zeit erforderlich, um eine solche Glasur zum Schmelzen zu bringen. Je mehr Bleiglätte aber zur Glasur kömmt, desto leichter schmilzt dieselbe. Der Töpfer kann dann sein Geschirr mit Hülfe von weniger Brennmaterial und in kürzerer Zeit brennen, dasselbe billiger, ja selbst besser aussehend darstellen.

Ist es daher zu verwundern, daß die Töpfer, denen größtentheils unbekannt ist, welch’ großen Schaden sie mit solchem bleireichen Geschirr anstiften können, so viel als möglich Bleiglätte zur Glasur nehmen; besonders, da man trotzdem, daß das Holz, überhaupt das Brennmaterial, immer theurer wird, von ihnen doch ein ganz billiges Geschirr verlangt? Die Folgen dieses Mißverhältnisses, die Bleivergiftungen, treten daher auch immer häufiger auf. Enthält nämlich die Glasur des Töpfergeschirres verhältnißmäßig viel Bleioxyd, so lösen besonders saure und salzige Speisen, die man darin kocht oder aufbewahrt, nach und nach einen Theil des Bleioxydes auf und werden bleihaltig. Oefterer Genuß solcher Speisen ist außerordentlich schädlich, und es treten darnach besonders folgende Krankheitserscheinungen ein: das den Zähnen zunächst liegende Zahnfleisch nimmt eine bläuliche bis schiefergraue Farbe an, sein äußerster, die Zähne berührender Theil erscheint wie eine graue Linie, der Geschmack im Munde wird unangenehm süßlich, der Athem übelriechend, die Haut schmutzig gelb oder erdfahl, der ganze Körper, vorzüglich aber das Gesicht, magert ab und die Gesichtshaut wird runzelig. Doch das sind erst die Vorboten der langsam aber sicher tödtenden Bleivergiftung oder Bleikolik. Nach einiger Zeit stellt sich periodenweise ein äußerst heftig werdender zusammenziehender Schmerz in der Nabelgegend ein, der so furchtbar werden kann, daß selbst der gleichmüthigste Mensch in laute Wehklagen ausbricht. Dieser Schmerz ist dadurch vor ähnlichen zu unterscheiden, daß er sich durch Druck eher etwas vermindert als steigert. Der Vergiftete leidet oft an tagelanger Stuhlverstopfung, oft an plötzlichem heftigem Durchfall, häufigen Uebelkeiten, fortwährendem, sehr bitter schmeckendem Aufstoßen und häufigem Erbrechen; der Durst ist bedeutend, der Appetit tritt gewöhnlich während der Schmerzanfälle ein, der Unterleib ist zurückgezogen und fühlt sich hart an, die Gesichtszüge sind durch Todesangst und unbeschreibliche Schmerzen entstellt, die Kräfte vernichtet. Oftmals gesellen sich hierzu die heftigsten Kopfschmerzen, Krämpfe, Empfindungslosigkeit oder Lähmung einzelner Glieder; doch das Bewußtsein bleibt ungetrübt und der Unglückliche wünscht zuletzt sehnlichst, daß der Tod seinen Qualen ein Ende machen möge, was aber nur sehr langsam geschieht.

Diese Gefahr ahnen wohl die wenigsten Menschen; sie bereiten ihre Speisen sorglos in dem Töpfergeschirr und bewahren sie auch oft Tage darin auf. Wir halten es daher für unsere Pflicht, hierauf aufmerksam zu machen, und wollen nicht versäumen, wenigstens anzudeuten, auf welche Weise man einen nachtheiligen Bleiglanz im Geschirr leicht entdecken kann; und jedes neu eingekaufte glasirte Geschirr, auch das emaillirte Eisengeschirr sollte vor dem Gebrauche auf diese Weise geprüft werden. Man füllt das Gefäß mit Essig an, den man vorher mit der 6–12fachen Menge Wasser vermischt hat, setzt zugleich etwas Salz zu, erhitzt es zum Kochen, läßt die Flüssigkeit in kleineren Gefäßen eine halbe, in größeren eine ganze, in sehr großen mehrere Stunden lang kochen, und in dem Topfe erkalten. Hierauf schickt man eine Probe derselben in die Apotheke oder zu einem Chemiker mit dem Bemerken, derselbe möge etwas Schwefelwasserstoffwasser dazu setzen; oder will man den Versuch selbst anstellen, so bewahrt man ein faules Ei in einem gut schließenden, im Dunkeln stehenden Glase (einer gewöhnlichen Arzneiflasche) auf, und setzt von diesem etwas zu der Flüssigkeit. Färbt sich dieselbe nach Zusatz von Schwefelwasserstoffwasser oder faulem Ei (die faulen Eier verdanken einem Gehalte an Schwefelwasserstoff ihren übeln Geruch) braun oder bilden sich schwarze Flocken darin, so ist der untrügliche Beweis geliefert, daß sich Blei aus der Glasur des Geschirres darin aufgelöst hat, indem die dunkle Färbung oder Bildung von schwarzen Flocken, von Schwefelblei abhängt, das nach Zusatz von Schwefelwasserstoff entsteht. Das Geschirr ist dann verwerflich. Bei gutem Geschirr bleibt dagegen die Probeflüssigkeit klar und farblos. Jedenfalls ist die schon in vielen Familien eingeführte Sitte, die neuen Kochgeschirre, bevor man sie benutzt, erst ein oder mehrere Male mit Wasser auszukochen, dem man etwas Essig und Salz zugesetzt hat, der allgemeinsten Nachahmung dringend zu empfehlen.

Immerhin ist die bleihaltige Glasur ein großer Uebelstand und kann unter Umständen, auch wenn sie gut gebrannt war, allmälig an die Speisen übergehen und schädlich wirken. Das Beste wäre daher, wenn endlich einmal ein Töpfergeschirr mit bleifreier Glasur gebrannt würde, was keine Unmöglichkeit ist. Allerdings ließe es sich dann wohl kaum für einen so billigen Preis darstellen, allein im Vergleiche zu dem hohen Werthe der Gesundheit, die unnöthiger Weise gefährdet wird, wäre eine geringe Preiserhöhung, aber bleifreies, unter jeder Bedingung unschädliches Geschirr, gewiss kein unvortheilhafter Tausch und ein Opfer, welches wohl alle vernünftigen Menschen sich selbst und den Ihrigen gerne bringen würden.

Dasselbe gilt von der etwas feineren Fayencemasse, aus welcher die weißen, oft auch bunten Schüsseln, Teller, Tassen etc., die nicht zum Kochen, sondern hauptsächlich zum Tischgebrauche dienen, in den verschiedensten Größen und Formen verfertigt werden. Das Fayencegeschirr erhält meistens eine dicke, bleireiche Glasur, die sich beim täglichen Gebrauch ziemlich rasch abblättert oder abnutzt, auch leicht Blei an die Speisen abgiebt. Es ist daher noch gefährlicher als das gemeine Töpfergeschirr, namentlich dürfen Speisen, vorzüglich Salat, durchaus nicht lange darin liegen bleiben. Der Salat darf überhaupt nur in Holz, gewöhnlichen bleifreien Glas- oder Porzellangefäßen, welche niemals schädliche Bestandtheile abgeben können, zugerichtet und aufbewahrt werden.

Der Blick in die Küche und auf das in dieser befindliche Kochgeschirr hat uns gezeigt, daß dieser Gegenstand nicht gleichgültig, sondern im Gegentheil einer ernsten Beachtung werth ist, indem bei größerer Vorsicht in der Wahl der Kochgeschirre viel Unglück und Elend verhütet werden könnte. Wenn Niemand mehr schlecht glasirtes Töpfergeschirr kaufen wollte, so würden die Töpfer dazu gezwungen, ihr Geschirr gut und mit möglichst bleifreier Glasur zu brennen. Zum Kochen der Speisen bediene man sich, wo es nur immer möglich ist, des ordinären Schwarzblechgeschirres; [559] zum Aufbewahren derselben verschaffe man sich Gefäße von Holz, echtem Steingut (Steingut ist ein Geschirr, welches wie das Porzellan keine oder wenigstens keine bleihaltige Glasur hat, doch nennt man auch manchmal das oben erwähnte Tischgeschirr fälschlich Steingut), Porzellan oder Glas (z. B. ganz ordinäre Zuckergläser, die in jeder Glashandlung in allen Größen zu bekommen sind. Den Essig bewahrt man am besten in gläsernen Flaschen, gewöhnlich in grünen Bouteillen auf).