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Kleiner Briefkasten (Die Gartenlaube 1872/14)

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Textdaten
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Autor:
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Titel: Kleiner Briefkasten
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 14, S. 236
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1872
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originaltitel:
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[236] B. Sch. in W–r. Wir wollten Ihnen erst schriftlich antworten. Leider aber kommt der Fall, daß bei Anerbietungen von Manuscripten – namentlich solchen, die aus Frauenhänden kommen – statt an unser Urtheil, an unser Mitleidsgefühl appellirt wird, so häufig vor, daß wir endlich gern einmal die Gelegenheit ergreifen, uns hierüber öffentlich und deutlich auszusprechen. Wir glauben Ihrer Versicherung, daß die Rücksendung Ihrer Arbeit Sie „namenlos unglücklich“ gemacht hat; wir beklagen es, wenn Sie darin eine „Grausamkeit“ sehen, „die fast derjenigen gleichkommt, die einem Verhungernden das letzte Stück Brod verweigert.“ Können wir uns aber bei der Entscheidung über die Annahme oder Nichtannahme von Manuscripten von den Regungen des Gefühls und der Barmherzigkeit leiten lassen? Nein! die einzige Rücksicht, die wir hier nehmen dürfen, geht darauf, daß wir unseren Lesern, unseren Abonnenten tüchtige und würdige Lectüre bieten. Diese versprechen wir ihnen, diese erwarten sie. Und glauben Sie nur nicht, daß diese einzige „Ausnahme“, die wir zu Ihren Gunsten machen sollen, wirklich die einzige wäre und bleiben würde. Klagen und Bitten, wie sie Ihr letzter Brief enthielt, kommen – aber fast nur von Frauen und Mädchen – uns dutzendweise zu, und ihnen gegenüber kann, wenn wir unser Journal nicht aus lauter Mitgefühl absichtlich zu Grunde richten wollen, unsere einzige Rettung nur die sein, um so fester an unserem Princip zu halten, um so treuer das Interesse unserer Leser im Auge zu haben und um so bestimmter auch für die Zukunft lediglich unser eigenes bestes Urtheil über die Brauchbarkeit oder Unbrauchbarkeit einer Arbeit entscheiden zu lassen.

K. in Mgdbg. Für Ihre Bedürfnisse können wir Ihnen nur eine Zeitschrift, „Die Gegenwart“ von Paul Lindau empfehlen, das erste kritische Wochenblatt in Berlin, welches gleichzeitig über politische, literarische, künstlerische und gesellschaftliche Tagesfragen längere und eingehendere Besprechungen bietet. Da es dem Redacteur bei Gründung seines Blattes gelang, tüchtige und anerkannte Federn zu gewinnen, die es verstanden, die schwer zugängliche Kritik in anmuthige Formen zu kleiden, so war es bei dem reichen Material, welches Berlin bietet, selbstverständlich, daß man der neuen Wochenschrift ein günstiges Prognostikon stellen konnte, was sich denn auch nach Ablauf des ersten Vierteljahrs vollständig erfüllt hat. „Die Gegenwart“ findet, wie wir hören, vielfache Verbreitung und Anerkennung und Lindau hat genug redactionelle Gewandtheit und Verbindungen, um sich diese raschgewonnene Gunst zu erhalten. Mit verständnißvoller Umsicht weiß er sein Terrain auszubeuten Während andere Revuen, u. A. die ganz vortreffliche Freytag-Dove’sche[WS 1] Wochenschrift „Im Neuen Reich“, meist einen allgemeinen Charakter documentiren, legt Lindau, der selbst eine spitze und pikante Feder führt, den Accent seiner Kritik mehr auf Berliner Verhältnisse und Zustände, ohne gerade die übrigen ganz zu vernachlässigen. Eine stattliche Reihe bewährter und durch ihre bisherigen Leistungen anerkannter Mitarbeiter giebt dem Blatte eine scharf ausgeprägte Autorität und läßt – wenn die Kritik weiter in so frischer freisinniger Weise gehandhabt wird – noch viel Fesselndes und Ansprechendes erwarten. Von allen Revuen ist somit die Lindau’sche die einzige, welche neben den politischen und socialen Tagesfragen die Hauptströmungen in den Gebieten der Malerei, plastischen Kunst, Theater und Musik mit aufmerksamem Auge und eingehenden Artikeln verfolgt, und schon deshalb dürfte „Die Gegenwart“ alle Ihre Ansprüche erfüllen.

Karl J–i–ke. in Berlin. Sie thun ja ungeheuer gebildet, und das Alles, weil Sie auf Janke’s deutsche Nationalbibliothek abonnirt sind! Leider haben Sie sich durch dieselbe irre führen lassen; die Novelle „Der Todte von St. Anna’s Capelle“ ist bekannter Weise nicht vom Verfasser der berühmten Erzählung „Zwischen Himmel und Erde“, sondern von einem seiner Zeit zu Reichenbach in Schlesien lebenden Assessor, welcher unter dem Namen Otto Ludwig diese und noch eine zweite Novelle schrieb. Dieser Umstand hatte denn auch die – wie sich nach der Hand herausstellte – ungerechtfertigte Aufnahme der Erzählung „Der Todte von St. Anna’s Capelle“ in die oben erwähnte deutsche Nationalbibliothek zur Folge. Uebrigens hat der Reichenbacher Erzähler vermuthlich aus derselben Quelle geschöpft, welche auch Dr. R. Haas, der Verfasser unserer Skizze, für sich benutzte, nämlich aus Visini’s Beiträgen zur Criminalwissenschaft.

P. J. in Valencia. Wir haben Ihre Zusendung mit Dank erhalten, müssen sie aber, so hübsch sie geschrieben ist, doch ablehnen, da das Motiv nicht bedeutend genug erscheint. Vielleicht schicken Sie uns gelegentlich etwas Anderes.

O. B. in W., Missouri. General v. Stiehle ist am 14. August 1823 zu Erfurt geboren, hat auch dort das Gymnasium besucht, und soll – nach Aussage eines seiner Schulcameraden – vom Erfurter Gymnasium aus in das Cadetten-Corps getreten sein. – Seine Vorname ist Gustav.

L. Mf. in Nürnberg. Ihr Wunsch ist schon längst erfüllt. In Nr. 41 vom Jahrgang 1869 der Gartenlaube finden Sie eine eingehende Charakteristik des eben verstorbenen Patrioten Mazzini aus der Feder Ludmilla Assing’s.

Fr. H. in L. Wir danken Ihnen für Ihre Mittheilung, die uns in der That überrascht hat; denn wir selbst hatten nicht die geringste Ahnung, daß wir neulich mit Nr. 12 der Gartenlaube die eintausendste Nummer unseres Blattes ausgegeben haben. Außer der „Illustrirten Zeitung“ in Leipzig hat unseres Wissens bis jetzt kein illustrirtes Journal in Deutschland diese Nummernhöhe erreicht.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Freytag-Dowe'sche