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Klara Schumann †

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: J. P.
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Titel: Klara Schumann †
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 24, S. 408
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[408] Klara Schumann †. Am 20. Mai ist in Frankfurt a. M. eine Künstlerin zur ewigen Ruhe entschlummert, die ein langes reiches Leben hindurch ihre hohe musikalische Begabung unentwegt als eine Priesterin im Tempeldienst der Kunst und Schönheit bethätigt hat. Klara Schumann, in ihrem zehnten Jahre ein vielgefeiertes Wunderkind, in ihrem zwanzigsten eine Meisterin des Klaviers, die Liszts rückhaltlose Bewunderung erregt, und die Braut Robert Schumanns, als dessen Gattin sie dann die verständnisinnigste und seelenvollste Darstellerin seiner Klavierwerke wird, gehört zu den hervorragendsten, edelsten und merkwürdigsten Erscheinungen, welche die Kunst dem deutschen Frauentum zu danken gehabt hat. In der Jugend die Anmut, im Alter die Würde fein empfindender Weiblichkeit auch äußerlich verkörpernd, hatte sie das in der Welt der Kunst seltene Glück, sich auch als Tochter, Gattin und Mutter gerade mit ihrer künstlerischen Wirksamkeit bewähren zu dürfen.

Der Musiker Friedrich Wieck, als dessen Tochter sie am 13. September 1819 in Leipzig zur Welt kam und der ihr im zarten Kindesalter bereits, in welchem andere Mädchen kaum lesen lernen, nach strenger Methode Klavierunterricht erteilte, erlebte in ihrer Pianistenlaufbahn den Triumph seines Strebens. Robert Schumann, mit dem sie sich, achtzehnjährig, verlobte und drei Jahre später – 1840 – nach Ueberwindung schwerer Hindernisse vermählte, gewann in ihr als Musiker nicht bloß die Künstlerin, deren Spiel seinem musikalischen Wesen am meisten gerecht ward: seine Liebe zu ihr und die Liebe, die sie ihm schenkte, weckten in ihm erst den Quell seiner musikalisch-lyrischen Begabung; die ergreifende Empfindungsglut, welche Schumanns unsterbliche Lieder durchströmt, entzündete sich erst an der Sonne dieses von Wolken vielumdrohten Liebesfrühlings. Im innigen Verkehr dieser Künstlerehe, im Wetteifer beider Naturen, sich durch den höchsten Einsatz ihres Könnens ihre Liebe auch als Künstler zu beweisen, erstarkte Robert Schumann erst zum Schöpfer seiner mächtigsten Werke, wie der Faustmusik, gelangte anderseits sie zu der tiefen, innigen Beseelung ihres technisch vollendeten Vortrags der Meisterwerke, welche Beethoven und die anderen Klassiker, welche vor allem ihr Mann und Chopin für ihr Instrument geschaffen. Aber über ihren Studien und Konzertreisen, die seinen Ruhm mit dem ihrigen immer enger verschmolzen, vernachlässigte sie die Pflichten nicht, die ihr aus dem Haushalt, die ihr als Mutter erwuchsen. Während die unheimliche Krankheit, die den genialen Mann schon 1856 dem Leben entriß, ihre Schatten über sein Gemüt breitete und überempfindlich machte für jede rauhe Berührung mit der Außenwelt, hielt sie ihm, erst in Leipzig und Dresden (1840–1850), dann in Düsseldorf, wohin er als städtischer Musikdirektor berufen ward, musterhaft Haus. Und als sie in späteren Jahren nach dem Tode ihres Mannes begann, ihrer Kunst auch als Lehrerin zu dienen, da war es ihr vergönnt, zwei ihrer Töchter so heranzubilden, daß sie ihr bei zunehmendem Alter beistehen konnten in der Ausübung ihres Amtes als erste Klavierlehrerin am Hochschen Konservatorium zu Frankfurt a. M, das sie 1878 übernahm und bis vor wenigen Jahren mit schönstem Erfolg verwaltete. In Frankfurt gab sie auch die Jugendbriefe ihres Gatten heraus und revidierte aufs pietätvollste die Gesammtausgabe seiner Werke. Zu größeren Konzertreisen entschloß sie sich immer schwieriger; doch konnte sich die große Frankfurter Gemeinde ihrer Verehrer noch alljährlich an ihrem wunderbar lauteren Klavierspiel erfreuen, bis schweres Leiden die einst von Grillparzer besungene feine weiße Hand lähmte, die in der Welt der Töne über sechzig Jahre lang die einer zaubergewaltigen Herrscherin gewesen war. J. P.     

Klara Schumann.
Nach einer Aufnahme von Hofphotograph
Professor E. Hanfstaengl in Frankfurt a. M.