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Kindersegen

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Textdaten
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Autor: Otto Beneke
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Titel: Kindersegen
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 93–95
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[93]
37. Kindersegen.
(1313.)[1]

Um Neujahr 1313 war ein Graf von Holstein mit seiner Gemahlin zu Hamburg. Und als über Tisch die Herrschaften und ihre Junker sich allerhand Stadt-Neuigkeiten erzählen, [94] wie’s zu sein pflegt, wenn man in Hamburg bei der Mahlzeit sitzet, da kommt die Rede auf eines rechtschaffenen Bürgers Hausfrau, bei der so eben Drillinge angekommen waren. Nun war die Gräfin noch sehr jung und unerfahren, darum verwunderte sie sich ungemein über diese Sache, und wollte es gar nicht für möglich halten, daß solche Drillings-Geburt sollte mit rechten natürlichen Dingen zugegangen sein, vermeinte also, die Bürgersfrau müsse wohl ungetreu oder eine Zauberin sein, denn ohne Sünde oder Hexenkunst könne nie mehr als ein Kind zur Zeit geboren werden, und eben so gut als zwei oder drei, könnten’s ja auch noch viel mehr sein, und wenn’s mit der Bürgersfrau Richtigkeit habe, so wolle sie sich’s gefallen lassen, so viel Kinder zu bekommen als Tage im Jahr.

Um nun die Gräfin wegen ihrer einfältigen und fürwitzigen Reden zu strafen, und die Unschuld der ehrlichen Hamburgerin recht ans Licht zu bringen, – was geschieht? Noch bevor das Jahr um ist, bekommt die Gräfin zum Entsetzen ihres Herrn und der Amme und Aller, dir es erfahren, wie zu ihrem eigenen unsäglichen Schrecken 364 Kindlein, nicht mehr und nicht weniger, 364 ganz kleine niedliche Kinderchen, jedes so winzig klein wie eine Seekrabbe, und alle waren springend lebendig, und hatten kralle Aeuglein im Köpfchen und schrieen zusammen ganz allerliebst. Das war eine schöne Bescheerung! Des Grafen Capellan kam flugs herbei mit dem leeren Taufbecken, dahinein that man alle 364 Kinderchen, und besprengte sie behutsam mit Weihwasser, und jedes Köpflein bekam ein Tröpflein. Das war ihre heilige Taufe. Und darnach wurden die 364 allesammt still und immer stiller, – sie hatten ihren Erdenberuf, die Ehrenrettung der Hamburgerin, erfüllt; – sie durften verscheiden.

[95] Fragt nun irgend ein Ungläubiger spitzfindig: warum waren’s denn nur 364, da doch das Jahr 365 Tage hat? so ist die Antwort: die Gräfin wird wohl auch im Kalender schlecht bewandert gewesen sein und immer geglaubt haben, es gebe nur 364 Tage im Jahr, d’rum konnte sie billig auch nicht mit mehreren gestraft werden, als sie sich vermessen hatte.

Anmerkungen

[378] Nach Beckendorp’s handschriftl. Chronik – Aehnlich ist eine von einer Holländischen Gräfin erzählte Sage.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Jahreszahl fehlt im Original. Nachgetragen aus dem Inhaltsverzeichnis.