Zum Inhalt springen

Kaiser Wilhelm II. auf dem Exercierfelde

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
<<< >>>
Autor:
Illustrator: {{{ILLUSTRATOR}}}
Titel: Kaiser Wilhelm II. auf dem Exercierfelde
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 30, S. 515–516
Herausgeber: Adolf Kröner
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1888
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
Drucker: {{{DRUCKER}}}
Erscheinungsort: Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
Eintrag in der GND: {{{GND}}}
Bild
[[Bild:|250px]]
Bearbeitungsstand
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Um eine Seite zu bearbeiten, brauchst du nur auf die entsprechende [Seitenzahl] zu klicken. Weitere Informationen findest du hier: Hilfe
Indexseite


[513]

Kaiser Wilhelm II. auf dem Exerzierfelde.
Originalzeichnung von F. Wittig.

[515] Kaiser Wilhelm II. auf dem Exerzierfelde. (Mit Illustration S. 513.) Ehe der letzte schwere Schicksalsschlag das deutsche Volk traf und ihm nach einer kurzen Spanne Zeit den zweiten Kaiser entriß, konnte man alltäglich um die zwölfte Mittagsstunde an der Ecke der „Linden“ und der Friedrichstraße in Berlin dichte Menschenansammlungen bemerken, welche gespannt nach einer Richtung die endlose Straße hinunterblickten. Hörte man dann in der Ferne den vollen Klang der Militärmusik und sah die blitzenden Truppenzüge sich nähern, so fuhr es wie ein elektrischer Funken durch die hier angesammelte, nach vielen Hunderten, ja Tausenden zählende Menge; alles schob und drängte sich nach vorwärts, Hüte und Taschentücher wurden geschwenkt, brausend ertönten Hoch- und Hurrahrufe, und freundlich grüßend dankte für diese Huldigungen der an der Spitze eines Infanterieregimentes einherreitende Kronprinz Wilhelm.

Anstrengungsreiche Stunden lagen dann bereits hinter ihm, denn seitdem er an seinem diesjährigen Geburtstage, dem 27. Januar, zum Generalmajor und Kommandeur der zweiten Gardeinfanterie-Brigade ernannt worden war, verstrich fast kein Tag, an welchem er nicht einen Theil desselben dem ihm unterstellten Truppenkörper gewidmet hätte, sei es, daß er dem Exerzieren auf einem Kasernenhofe beiwohnte, daß er unvermuthet bei den Turnübungen erschien oder die einzelnen Offiziercorps zu ausführlichen dienstlichen Besprechungen und Instruktionen um sich versammelte, wobei der Thronfolger, wenn es nöthig war, „kein Blatt vor den Mund nahm“, wovon das Rügen verschiedentlicher Modeausschreitungen ein offenkundiges Zeugniß abgelegt hat.

Ganz besonderen Eifer aber widmete der Prinz den Inspizierungen seiner Brigade auf dem Tempelhofer Felde. In früher Morgenstunde, wenn Berlin allmählich erst erwachte, ritt er, entweder mit dem zur Besichtigung bestimmten Regimente oder auch allein, nur von einem Adjutanten begleitet, zu der weiten historischen Ebene jenseit des Kreuzberges. Mit sichtlicher Hingebung, mit von hohen Militärs begeistert gerühmtem sichersten Verständniß lag er dort seinen verantwortungsvollen Pflichten als Brigadekommandeur ob. Es war ein schönes, von einer sich an der Tempelhofer Chaussee hinziehenden langen Zuschauerkette oft genug bewundertes Bild, den ritterlichen Hohenzollernsohn auf seinem stattlichen Goldfuchs, gefolgt von einer glänzenden, aus Offizieren aller Waffengattungen gebildeten Suite, dahinsprengen zu sehen, hier selbst das Kommando übernehmend, da den Parademarsch grüßend, dort sich an die Spitze der stürmend vorgehenden Kolonnen setzend, dann gleich darauf sich zu einem andern Bataillon verfügend und, nachdem das Signal ertönt, an der Seite reitend, genau den Schritt der einzelnen Glieder verfolgend, um nachher, wenn sich die Stabsoffiziere um ihn versammelt, detaillirte Kritik zu üben.

Berlin ist bekanntlich eine durch und durch militärische Stadt, und der Berliner hat ein feines, sich von Jugend an äußerndes Verständniß [516] für alles Soldatische; daß der Enkel Kaiser Wilhelms eben durch und durch Soldat ist, hat ihm schon früh, gerade in der Reichshauptstadt, die Sympathien der weitesten Kreise eingetragen, als deren lautes Echo man jene oben erwähnten Huldigungen betrachten konnte. Aber auch seitdem die Kaiserkrone das jugendliche Haupt des bisherigen Kronprinzen Wilhelm schmückt und er als Kaiser Wilhelm II. den Thron seiner Väter bestiegen, hat er schon vielfach seine Sorgfalt für die Armee, seine rege Antheilnahme an derselben bewiesen. „So gehören wir zusammen – Ich und die Armee – so sind wir für einander geboren und so wollen wir unauflöslich fest zusammenhalten, möge nach Gottes Willen Friede oder Sturm sein“ so lautete es in seinem ersten Armeebefehl. Trotz der so zahlreich an ihn herantretenden Regierungsgeschäfte erübrigte Kaiser Wilhelm doch noch immer Zeit, sich direkt mit seinen Truppen, zunächst durch die Oertlichkeit veranlaßt, mit denen des Gardecorps, in Verbindung zu setzen. Von seiner Sommerresidenz, dem Marmorpalais bei Potsdam, kommend, besuchte er in der Generalmajorsuniform des Garderegiments zu Fuß gerade während der letzten Wochen wiederholt ohne jegliche vorherige Anmeldung das Bornstedter Exerzierfeld und übernahm mehrfach persönlich die Führung der Regimenter, beispielsweise jüngst die seines Leibhusaren- und die des 3. Gardeulanenregiments, als schneidiger Reiter zuerst alle Hindernisse überwindend und an der Spitze der Kavalleriemassen dem markirten Feinde entgegenstürmend. Daß dieser Feind auf lange hinaus nur eben ein markirter sein möge – wer hätte im Deutschen Reiche nicht diesen Wunsch, zumal ihn, alle Kriegsgerüchte und Kriegsgelüste mit einem Schlage vernichtend, Kaiser Wilhelm selbst, umgeben von den Fürsten seines Reiches, vor den Vertretern des gesammten Volkes so warm erst kürzlich geäußert! Wir werden diesen denkwürdigen historischen Vorgang unsern Lesern in einer der nächsten Nummern in getreuer bildlicher Darstellung vorführen.