In der Rast
In der Rast.
Ein Gruß aus den Bergen zum Sedantage.
(Oberbairische Mundart.)
So schön, wie heunt, war’s dengerscht[1] nie im Schlag,[2]
So frisch und kühl, koa Wölkei umadum.[3]
Es geht der Bergwind in die F(e)ichten drin;
Am Wendelstoa’ is d’ Sunna scho’ herobn,
Da hat a Holzknecht g’arbeit’t in dem Schlag,
An Brustfleck off’[4] und d’ Hacken in der Hö(c)h,
Daß’s weithin hallert[5] bei an jeden Stroach.
All’s is voll Bleaml no’(ch) und lautern Thau;
A Re(c)h kimmt ’raus – und na is wieder staad …
Und nix mehr hörst, als wie die Scheiter krachen.
Seit viere fruah scho’ is der Holzknecht auf;
Jetzt rast’t er aus und setzt si(ch) auf an Stoa’
Wird’s ihm ganz seltsam auf amal im G’müth.
Heunt san’s acht Jahr; heunt an dem nämli’n Tag.
Da is er draußten g’standen, draußt im Feld,
Bei Sedan hoaßt man’s. – Hunderttausendweis
Da hat er’s g’hört, wie's g’schrien und g’achezt[6] habn,
Wie s’ g’sungen habn auf d’ Nacht bei ihre Feuer;
Da hat er’s g’seh(g)n, wie s’ tausend-tausendweis
Die Todten trag’n, und Fahnenwerk und G’schütz
Ganz z’sammabrochen … wie der fortg’führt wird.
Der Holzknecht sitzt in seine Bloama[7] drin;
Er kann’s nit glaubn; es is, als hätt’s ihm ’traamt[8].
Er lupft an Aermel von sein Hem(e)d auf
Sein spitzig’s Hütl mit ’n Gamsbart drauf.
Dös thuat er abi – er war aa dabei.
Luus[9] – drunten läut’s. Jetzt wandeln’s[10] scho’ im Dorf.
Er hat as Beten und as Kirchengehn
Es war koa Vaterunser nit, wie sunst,
Und dengerscht g’spürt er’s, dengerscht woaß er’s g’wiß:
So hat er nie in koaner Kirch’ no(ch) bet’.
Und all’s, wie’s g’west is, kimmt da drinna für:[11]
Es hat der oane nit den andern kennt,
Und is do(ch) oaner für den andern g’storb’n.
Weit is ihr Sprach’ und Heimath auseinand,
Und do(ch) habn’s g’wißt – mir alle g’hören z’samm’!
Um Geld und Gut, um Haus und Hof nit feil.
As Läuten drunt, es is scho’ lang vorbei.
Er setzt sei Hütl mit’n Gamsbart auf
Und nimmt sei’ Hacken und geht an sein Baam.[12]
Es klopft der Specht; es schlagt a Drossel droben;
All’s is voll Bloama und voll lautern Thau – –
So schön, wie heunt, war’s nie no(ch) in sein’ Schlag.
Tegernsee, 1878.
Carl Stieler.