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Hut und Halsbinde

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Textdaten
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Autor: Dr. J. Herm. Baas
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Titel: Hut und Halsbinde
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 35, S. 586–588
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1893
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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Hut und Halsbinde.

Von Dr. J. Herm. Baas.

Zu den merkwürdigsten und hygieinisch bedeutungsvollsten Ergebnissen der neueren medizinischen Forschung gehört die Lehre von der Entstehung, Erhaltung und Regelung der Körperwärme. Eingeleitet wurden diese Untersuchungen durch den berühmten französischen Chemiker Lavoisier im denkwürdigen Jahre 1789, welches dadurch zum Revolutionsjahr auch für die Physiologie wurde. Lavoisier lieferte damals den Beweis, daß alle Verbrennungen durch Sauerstoff bewirkt werden, und lehrte zugleich, auch die thierische Wärme beruhe auf Verbrennungsvorgängen, welche im Körper, und zwar in der Lunge und nur in der Lunge, durch den eingeathmeten Sauerstoff der Luft stattfänden. Das letztere war jedoch ein Irrthum, welchen der große Schöpfer der neueren Chemie nicht mehr berichtigen konnte, weil der sogenannte Wohlfahrtsausschuß trotz aller Bitten Lavoisiers um Aufschub der Hinrichtung wenigstens bis zur Beendigung seiner erneuten Untersuchungen, ihn als einen Feind der Freiheit und des Fortschritts im Jahre 1794 guillotinieren ließ, eine der schmachvollsten Unthaten, welche der an Greueln überreichen Revolution zur Last fallen. Jene Berichtigung geschah dann in der Folge durch den Nachweis, daß nicht in der Lunge allein, sondern auch im ganzen übrigen Körper und in allen Geweben desselben diejenigen chemischen Vorgänge sich abspielen, deren Endergebniß die Körperwärme ist.

Die Kohlen, welche die unsichtbare wärmespendende Flamme im Körper zu unterhalten bestimmt sind, nennen sich Speise und Trank. Diese beiden sind dasselbe für den Körperofen, was die gewöhnlichen Kohlen für den Zimmerofen sind.

Der Körperofen ist ein Selbstregulierofen von zwar allerältester, aber doch allervollkommenster Art; denn er hat die wunderbare Eigenschaft, daß die von ihm erzeugte Wärme unter normalen, aber auch noch zu einem Theil unter abnormen Verhältnissen nahezu immer die gleiche bleibt. Sie hält sich auf der Durchschnittshöhe von 36,5° bis 37,5° C. bei allen Rassen, unter allen Klimaten und zu allen Jahreszeiten. Durch körperliche und [587] geistige Arbeit sowie durch die Verdauung wird sie um einige Zehntelsgrade gesteigert, während Fasten u. dgl. ein Sinken bewirkt.

Die Messungen mittels des Thermometers geben den Grad der Körpertemperatur an. Zur Messung der Menge erzeugter Wärme dagegen hat man einen anderen Maßstab gewählt, und zwar besteht dieser in derjenigen Wärmemenge, welche nothwendig ist, um einen Kubikcentimeter oder, was dasselbe ist, ein Gramm Wasser um 1° C. wärmer zu machen; man nennt sie eine Wärmeeinheit oder „Kalorie“. Mißt man mit diesem Maßstab nun die vom menschlichen Körper in einem Tage erzeugte Wärmemenge, so erhält man das erstaunliche Ergebniß, daß ein Mensch von 164 Pfund Gewicht in 24 Stunden 2700000 Wärmeeinheiten hervorbringt, ein Pfund vom Körpergewicht also 16 463. Mit der von einem mittelschweren Manne täglich gelieferten Wärmemenge könnte man sonach 2700 Liter Wasser von 0° C. auf 1° C. erwärmen oder 27 Liter vom Gefrier- auf den Siedpunkt erhitzen.

Mit dieser auf den ersten Blick recht groß erscheinenden Wärmemenge muß der menschliche Körper jedoch auch sehr bedeutende tägliche Aufgaben bestreiten, so daß bei näherer Betrachtung sich herausstellt, daß er sogar eine recht sparsame Haushaltung zu führen gezwungen ist. Bedarf er doch (nach Steiner) zur Erwärmung von Speise und Trank, bei mittlerem Verbrauch und einem Temperaturgrad beider von 12° C., täglich 70 157, zur Erwärmung der von ihm in 24 Stunden eingeathmeten 16 Kilogramm Luft (bei 0° C.) 140064 und zur Unterhaltung seiner Wasserverdunstung (Schweiß etc.) 397 536 Wärmeeinheiten. Den Rest, allerdings mehr als Dreiviertheile der Gesamtwärme, gebraucht er, um sich zu seiner Umgebung im richtigen Wärmeverhältniß zu halten, wozu neben der Lunge die äußere Haut das meiste beiträgt. Auf den alleinigen Verbrauch der letzteren entfallen demgemäß von der oben angegebenen Gesamtsumme 2092243 Wärmeeinheiten. Die Haut giebt sie nach außen auf drei Wegen ab: durch Leitung, Strahlung und Verdunstung, durch Leitung etwa den vierten Theil, durch Strahlung die Hälfte und durch Verdunstung den Rest.

Die Beziehungen des Körpers zur Außenwelt und deren Einwirkungen auf seine Wärmeerzeugung und Wärmeabgabe sind nun im Laufe des Tages und der Stunden einem außerordentlichen Wechsel unterworfen. Deshalb hat einestheils die Natur selbst Vorsorge getroffen und muß anderntheils der Mensch selbst dazu mithelfen, daß Erzeugung und Verlust untereinander im Gleichgewicht bleiben, mit anderen Worten, es giebt einerseits dem Körper eigenthümliche unwillkürliche Wärmeregulierungsvorrichtungen und andererseits muß der Mensch solche sich selbst schaffen. Zu den Mitteln der Selbsthilfe gehören Ernährung, Wohnung (Heizung) und Kleidung.

Wie die letztere im ganzen beschaffen sein muß, um ihren Zweck zu erfüllen, wollen wir hier nicht besprechen, sondern uns darauf beschränken, zu erörtern, wie sie für Kopf und Hals ausgewählt und was dabei beachtet werden muß, damit sie als eine physiologisch und hygieinisch richtige bezeichnet werden kann.

An die Kopfbekleidung muß vor allem die Anforderung gestellt werden, daß sie sehr leicht und luftdurchlässig sei; denn der Haarwuchs gewährt ja ohnehin schon in jungen Jahren und auch in späteren wenigstens so lange, als er noch nicht zu stark gelichtet ist, für sich allein einen im Grunde ausreichenden Schutz.

Bei kleinen Kindern ist der Blutandrang nach dem Kopfe und die Absonderung der Kopfhaut besonders lebhast, so daß das Häubchen, welches man ihnen selbst im wärmsten Bettchen vielfach heute noch aufsetzt, alter Gewohnheit und moderner Eitelkeit folgend, ganz unnöthig und oft sogar schädlich ist. Zum Ueberfluß wird es häufig gar noch unter dem Kinn zugebunden und hemmt dadurch den Blutabfluß vom Kopfe. Kein Wunder, daß sich die Kleinen schreiend dagegen wehren und erst ruhig werden. wenn man ihnen das „warme schöne Häubchen“ abnimmt! Man sollte den Kopf der kleinen Kinder bei warmem Wetter ganz frei lassen, selbst wenn sie ins Freie getragen werden; nur bei kühler und windiger Witterung mag man ihn draußen an der Luft leicht bedecken. Dasselbe gilt für die schon älteren Kinder, welche übrigens in der Regel aus angeborener hygieinischer Vernunft selbst dafür sorgen, daß ihnen der Kopf nicht zu heiß wird, indem sie die von der Putzsucht oder Aengstlichkeit der Eltern ihnen aufgenöthigte Bedeckung sobald wie möglich mit geradezu „unartiger“ Hartnäckigkeit herunterziehen.

Sind die Kinder in das schulpflichtige Alter eingetreten, so läßt man zwar die Mädchen vernünftigerweise sehr oft bloßköpfig oder doch nur sehr oberflächlich mit einem leichten Hut bedeckt ausgehen und giebt ihnen, wenn dies des Regens wegen nothwendig wird, lieber einen Schirm. Den Knaben dagegen zieht man selbst bei gutem Wetter über den dichthaarigen Kopf warme Tuchkappen oder schwere Tuch- und Filzhüte, deren Schilde oder Krempen noch dazu meist so klein und schmal sind, daß sie nicht einmal das Auge vor der Sonne schützen. Nur in den Hundstagen giebt man ihnen Strohhüte, deren Poren aber häufig mit Firniß zugestrichen sind. Fragt man, warum denn die Knaben nicht auch, wie die Mädchen, entweder mit ganz unbedecktem Kopf oder doch wenigstens nur mit breitrandigem leichten Hut statt mit schwerer Kappe sich bewegen dürfen, so wird als Grund entweder der kurze Haarschnitt angeführt oder es wird auf die angeborene größere Wildheit der Knaben hingewiesen, durch die nun einmal schwere und starke Stoffe selbst für die Kopfbekleidung nöthig würden. Ist nach alledem nur schwer gegen die herrschende Sitte anzukämpfen, so sollte wenigstens durch Luftöffnungen zu beiden Seiten und auf dem Deckel der Ueberhitzung des Kopfes und durch breite Schilde oder Krempen der Augenblendung vorgebeugt werden.

Auch die Kopfbedeckung der Jünglinge und Männer steht meist jener der Mädchen und Frauen in gesundheitlicher Beziehung nach. Die Damenhüte sind freilich nicht selten in der Form häßlich, ja ungeheuerlich, mit farbigen Bändern, Federn, künstlichen Blumen, Käfern, Schmetterlingen, selbst Eidechsen und leider auch mit toten Vögeln „verziert“ und überladen, aber sie bestehen doch im Gerüst meistens aus sehr porösen und leichten Stoffen und sitzen glücklicherweise nur so zum Scheine oben auf dem Wirbel der Venusköpfchen oder Junohäupter. Die Tuchhüte, Filzhüte, Arbeitskappen, Pelzkappen, Cylinder etc. der Jünglinge und Männer sind dagegen recht schwer oder sitzen doch zu tief und fest, führen auch entweder gar keine oder doch nur unzureichende Ventilationsöffnungen, so daß dem Herrn der Schöpfung schon bei einigermaßen warmer Witterung und geringen Anstrengungen der „Schweiß von der Stirne heiß“ herabrinnt. Etwas besser sind, das muß der Gerechtigkeit halber zugegeben werden, die Sommerkopfbedeckungen der Männer aus Stroh-, Haar- oder Bastgeflecht; doch könnten auch diese durch Beseitigung des sogenannten Schweißleders und Ersatz desselben durch Leinen- oder Seidenstoffe, dann durch Weglassen des steif appretierten und so für die Luft nicht mehr durchlässigen inneren Futters und des äußeren Glanzfirnißüberzuges verbessert werden.

Der Kopf soll möglichst kühl gehalten werden, das ist eine alte und bleibt eine gute Gesundheitsvorschrift. Leichte Hauskäppchen mögen unter Umständen für Kahlköpfige sich empfehlen, Perücken dagegen hemmen, wenn sie nicht mit vielen Ventilationslöchern versehen sind, ihres dichten Stoffmaterials (Leder) wegen zu sehr die Kopfausdünstung. Nachtmützen sind bei Männern überflüssig, weitmaschige Nachtnetze bei Frauen zur Schonung und Erhaltung des schönsten Kopfschmuckes, des Haares, unbedenklich, ja geboten; denn durch das Kämmen der verwirrten Strähnen werden stets viele Haare ab- und ausgerissen.

Ohrenklappen an den Kopfbedeckungen können gegen das Erfrieren der Ohren bei sehr starker Kälte nöthig sein, doch werden sie von ängstlichen Müttern besonders den Knaben häufiger, als geboten ist, angelegt, oft schon bei geringer Kälte, ja selbst bei bloß windigem Wetter, so daß sie infolge der daraus erwachsenden Verweichlichung nicht selten zu Gehörgangentzündungen, ja zu Erkrankungen des inneren Ohres Veranlassung werden.

Zuweilen sieht man auch, besonders auf dem Lande, wo die Erkältungsfurcht noch größer zu sein pflegt als in den Städten, bei Knaben den ganzen Kopf mit Ausnahme von Nase und Augen mit einer dicken gestrickten Haube überzogen, einer Art Kopfstrumpf, über der dann noch eine schwere Kappe, wenn nicht gar eine Pelzkappe thront. Ein solcher Kopfschutz führt zur Ueberhitzung und ist deshalb unter allen Umständen verwerflich. Zweckdienlicher sind die das Haupt lose umhüllenden und nach vorn ganz offenen Kapuzen (Baschliks), die man an Wintermänteln aus Wollstoff zum Schutz gegen Kälte und Regen angebracht findet; unbedingt zu vermeiden aber sind die aus Kautschuk [588] u. dergl. hergestellten wasser- und luftdichten Schutzhauben, selbst wenn sie vorn offen sind, weil der Stoff durch Abhaltung der Ventilation sehr schädlich wirkt.

Die enganliegenden und durch ohrenverschlleßende Bänder befestigten, oft dickgefütterten Stoffhauben der Mädchen und Frauen, wie sie jetzt noch in manchen ländlichen Bezirken als althergebrachte Volkstracht sich finden, sind vielleicht malerisch, aber natürlich zu heiß, wogegen die leichten duftigen Tüllhäubchen älterer Damen hygieinisch nicht beanstandet werden können, im Gegentheil empfohlen werden müssen. Pelzkäppchen, welche man als Wintertracht oft bei Mädchen sieht, wären unbedingt viel schlechter als der gewöhnliche Damenhut, wenn sie sich nicht infolge der weiblichen Haartracht nur unvollständig anlegten.

Der Soldatenhelm, die bekannte „Pickelhaube“, ist wegen seiner Schwere, seines steifen undurchlässigen Leder- und Metallmaterials und seiner schwarzen Farbe, welche die Sonnenstrahlen besonders gut aufsaugt, eine der heißesten und deshalb denkbar schlechtesten Kopfbedeckungen; doch ist er wenigstens, so gut dies möglich ist, zweckmäßig ventiliert. Die gewöhnliche Soldatenkappe ist zwar verhältnißmäßig leicht, aber da sie keinen Schild hat, so schützt sie das Auge nicht vor Blendung, was übrigens bei dem Helm mit seinem schmalen Schild auch nur ungenügend der Fall ist.

Die leichteste und zweckmäßigste, am besten ventilierte Kopfbedeckung, namentlich für den Sommer, bildet der hellfarbige oder weiße Tropenhut aus dünnem stoffüberzogenen Kork. Am nächsten kommen ihm die billigen Basthüte mit sehr breiter Krempe (Sombreroform), die sich insbesondere für Arbeiter empfehlen, welche sich der Sonnenhitze aussetzen müssen.

Vom hygieinischen Standpunkt aus für Männer am meisten zu empfehlen ist also ein dunkelfarbiger, breitkrempiger, möglichst leichter, ungefütterter, innen mit Leinenschweißtuch besetzter, an beiden Seiten und oben mit Ventilationsöffnungen versehener, steifer oder weicher Tuch- oder Filzhut oder eine Kappe aus leichtestem, wenig gefüttertem, luftdurchlässigem Seidenzeug mit großem Schild für den Winter und ein weitmaschiger, ungefirnißter, hellfarbener Stroh-, Bast- oder Roßhaarhut für den Sommer. Ueber die Kopfbedeckung der Frauen, welche zum Glück in der Regel nur sehr lose sitzt, kann man nur so viel sagen, daß sie aus dem durchlässigsten leichtesten Stoff hergestellt und mit allen schweren Verzierungen verschont werden sollte.

Insofern die Haare die natürlichste Kopfbedeckung sind, ist auch deren Pflege Gegenstand der Hygieine. Sie täglich zu kämmen, wird wohl nicht leicht jemand versäumen, um so häufiger aber wird aus Aberglauben ober Bequemlichkeit ein gründliches Waschen derselben unterlassen. Ist doch die Ansicht noch weit im Volke verbreitet, daß man z. B. kleinen Kindern den Kopf nicht mit Seife waschen dürfe. Deshalb sammelt sich denn auch oft genug die bei ihnen besonders starke Absonderung an und bildet, mit Staub vermischt, den sogenannten Gneis. Er wird als „gesund“ betrachtet, weil er als ausgeschiedene „Schärfe des Blutes“ gilt, während er in Wirklichkeit sehr oft die Ursache zu Kopfausschlägen wird, welche einfach als Schmutzkrankheiten zu bezeichnen und der schlechten Pflege zuzuschreiben sind. Erwachsene und zumal Frauen fürchten die Seifenwaschung deshalb, weil sie den Haarausfall begünstigen soll, während das gerade Gegentheil richtig ist. Regelmäßiges tüchtiges Waschen des Kopfes mit darauffolgender sorgfältiger Abtrocknung schadet den Haaren nie, sondern erhält sie und verhindert vor allem die Schuppenbildung und Pilzansteckung, die häufigsten Ursachen zu frühzeitiger, allgemeiner oder stellenweiser Kahlheit.

Andererseits herrscht merkwürdigerweise noch fast überall der Glaube, daß man durch häufiges und möglichst starkes Schneiden der Haare ihren Wuchs „kräftige“ und „erhalte“. Dieser Trugschluß hat wohl darin seinen Hauptgrund, daß lange Haare beim Kämmen eher abgerissen werden als kurze. Daß aber das Kurzscheren der Haare nicht gleichbedeutend ist mit Erhalten derselben, geht denn doch schlagend oder vielmehr „glänzend“ aus der alltäglichen Wahrnehmung hervor, daß die kurzhaarigen Männerköpfe viel häufiger und früher kahl werden als die langbehaarten der Frauen, auch daraus, daß bei Naturvölkern, welche ihre Haare niemals kürzen, Kahlköpfigkeit selten ist. Der Haarschnitt ist nichts anderes als eine Sache der Gewohnheit und der Mode und schadet auch wohl bei sparsamer Anwendung nicht sehr; bei zu häufigem und zu kurzem Schnitt dagegen wird zum Ersatz des Abgeschnittenen die Kraft des Haarbodens zu sehr in Anspruch genommen, so daß diese geradezu erschöpft wird und eine verfrühte Kahlköpfigkeit entsteht. Auch die Damen tragen neuerdings vielfach „Bubenköpfe“, um das Haar zu „kräftigen“, das ist aber nach dem soeben Gesagten nicht nützlich und auch meist nicht schön: ein langes schlichtes Haar ist und bleibt eine der reizendsten Zierden des weiblichen Kopfes. Auch die abgeschmackten sogenannten „Simpelfransen“, die meist noch mit dem Brenneisen mißhandelt werden, wodurch sie allen Glanz verlieren, schädigen die Erhaltung des Haarwuchses, ebenso wie das Lockenbrennen und Lockenwickeln. Endlich ist es nicht gut, die Haare beim Flechten allzu straff zu spannen, denn durch das fortgesetzte Zerren wird auf den Haarboden ein schädlicher Reiz ausgeübt.

Die Kämme müssen von Zeit zu Zeit durch Bürsten mit Seife und Einlegen in Sublimatlösung mit nachfolgender Abspülung gründlich desinfiziert werden. Das gilt natürlich ganz besonders für Friseurgeschäfte, weil in diesen gar leicht die Pilze ansteckender Haarkrankheiten übertragen werden können. Mancher „natürliche Hut“ ist schon als Opfer verunreinigter Kämme gefallen.

Ebenso wichtig wie eine richtige Kopfbedeckung ist für die Gesundheit eine zweckentsprechende Halsbekleidung; dennoch werden hier, und besonders wieder von Männern, noch größere Fehler gemacht als auf dem Gebiete der Mützen und Hüte.

Der Hals, als Verbindungsglied zwischen Kopf und Rumpf, muß beiden dienen. Er hat u. a. die Aufgabe, dem Gehirn Blut zuzuführen und aus diesem wieder zum Herzen zurückzuleiten, ersteres durch die starken Halsschlagadern, letzteres durch Blutadern, welche zum Theil in der Tiefe des Halses neben den Schlagadern, zum Theil dicht unter und in der Haut liegen; ferner enthält der Hals die Zufuhrwege der Luft zur Lunge und der Speisen und Getränke zum Verdauungssystem. Die Luftröhre mit Kehlkopf ist vorn sichtbar, die Speiseröhre liegt tief hinten in der Nähe der Wirbelsäule versteckt; ebenso liegen die Nerven in der Tiefe und das Rückenmark in der beweglichen Knochenhülse der Wirbelsäule.

Auf alles dies muß bei der Halsbekleidung Rücksicht genommen werden; es kommt aber noch anderes dazu.

Durch die Kleidung wird eine erwärmte Luftschicht um den ganzen Körper gebildet, eine Art Luftmantel. Diese Luftschicht muß natürlich gewechselt werden, darf nicht stagnieren, und daß dies nicht stattfindet, dazu dient neben den Poren der Kleidungsstoffe und den andern Oeffnungen der Kleidungsstücke hauptsächlich die Halslücke der letzteren, aus dem einfachen Grunde, weil die wärmere Luft vermöge ihrer größeren Leichtigkeit nach oben strebt. Die Halsöffnung ist demnach Austritts- und Ventilationsrohr für die Luft, welche den Körper umgiebt. Diesen Abzug zu erleichtern ist die Aufgabe der Kleidung; sie darf vor allem den Hals nicht dicht umschließen oder gar auf ihn drücken.

Verwerflich sind daher zu enge Hemdenkragen und Halsbinden. Sie hindern einestheils die Athmung, und dann pressen sie die Halsadern zusammen, stören den Blutzu- und Rückfluß, rufen Kopfweh, Schwindel etc., mit einem Wort: Strangulationserscheinungen hervor. Weiter aber verhindern sie den Austritt des nach oben gehenden Luftstroms, so daß die feuchtwarme Luft um den Körper stockt und ihn belästigt. Jedermann weiß aus Erfahrung, wie wohlthuend und kühlend es wirkt, wenn man bei starker Hitze den Hemdenknopf öffnet und die Halsbinde ablegt, selbst wenn beide nicht zu eng sind. Ebenso wie knappe Kragen und Binden hindern auch dicke, um den Hals gewundene Halstücher und Pelze, wie man sie oft im Winter sieht, durch Verschluß des Halsventilationsrohrs den Luftwechsel. Sie halten zwar bei kaltem Wetter die Wärme des Körpers fest, aber auch die Ausdünstungen zurück und stören die so sehr wichtige Hautathmung; sie verweichlichen den Hals und begünstigen mittelbar und unmittelbar die Entstehung von Erkältungen. Der Hals darf also nur lose mit Hemd und Binde umgeben sein, dicke Tücher müssen ganz vermieden werden. Die Wetterfestigkeit der Matrosen beruht nicht zum geringsten Theil auf der vernunftgemäßen Bekleidung oder vielmehr Nichtbekleidung des Halses.

Die alte Gesundheitsregel, daß man den Kopf kühl und die Füße warm halten soll, ist durch die Vorschrift zu vervollständigen, daß der Hals frei und offen sein muß.