Historische Hochwasser in Aschaffenburg
Nummer 277 | 49. Jahrgang. | Dienstag 5. Dezember 1882. |
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Aschaffenburg, 5. Dez. Das provisorische Komite zur Unterstützung der nothleidenden überschwemmten Gegenden von Unterfranken und Aschaffenburg, das sich in Würzburg gebildet hat, wendet sich mit folgendem Aufruf an die Mildthätigkeit: „Aus allen Gegenden unseres Regierungsbezirkes kommen betrübende Nachrichten über das schwere Unglück, welches in den letzten Tagen durch Wasserfluthen über eine große Zahl von Familien gebracht wurde. Schon jetzt herrscht in vielen Orten ein wahrer Nothstand: der eintretende Winter droht das Elend noch zu vermehren. Hier muß Hilfe werden, schleunigst Hilfe! Im Hinblick auf die Nothlage und auf Anregung und Ansuchen vieler unserer Mitbürger haben wir Unterzeichnete uns entschlossen, hier in Würzburg ein Nothstandskomite für Unterfranken in das Leben zu rufen, zu dessen Bildung wir bereits bewährte Männer aus allen Kreisen der Einwohner unserer Stadt eingeladen haben.
Würzburg und alle anderen Orte in Franken haben reichlich gespendet, als kürzlich der Bruderstamm in Tyrol durch Ueberschwemmungen in Noth versetzt wurde; die Mildthätigkeit Würzburgs und des ganzen Frankenlandes wird nicht zurückbleiben, wenn es gilt, auch den eigenen Angehörigen unserer Heimath Unterstützung zu leisten! Im Vertrauen hierauf erlauben wir uns die dringlichste Bitte um milde Gaben zum Besten der nothleidenden überschwemmten Gegenden unseres ganzen Regierungsbezirkes, seien es Gaben an Geld oder an Kleidern und wärmenden Betten und Decken, oder an Nahrungsmitteln.
Jedes Geschenk ist willkommen; jedes begleite der Segen Gottes; jedem folge das Vergelten Gottes.“
>>> Wir fügen unserer Seits die Bemerkung bei, daß wir gerne bereit sind, Gaben zu diesem edlen Zwecke anzunehmen.
München, 4. Dez. König Ludwig hat zur augenblicklichen Unterstützung der durch die jüngsten Hochwasser Beschädigten die Summe von 40,000 M. zur Verfügung gestellt und den k. Staatsminister des Innern, Frhrn. v. Feilitzsch beauftragt, die am meisten beschädigten Gegenden zu bereisen und die hienach veranlaßten nöthigen Vorkehrungen zu treffen. Derselbe wird sich im Vollzuge dieses allerhöchsten Auftrages sofort zunächst in die Pfalz und sodann nach Unterfranken begeben.
Aus Unterfranken. Beim Hochwasser wurden am 24. d. M. a) ca. 100 Ster gemischtes Prügelholz und 900 Buchenwellen, Schonderfelder Einwohnern gehörig, vom Holzplatze am linken Saalufer daselbst, b) ca. 25 Ster Buchenscheitholz, dem kgl. Juliusspital in Würzburg gehörig, vom Holzplatze am rechten Saalufer unterhalb Gräfendorf, c) ca. 150 Ster Buchenholz, dem Freiherrn v. Thüngen gehörig, vom Lagerplatze am Schondraufer oberhalb Gräfendorf weggerissen und fortgeschwemmt. Die kgl. Bezirksämter Marktheidenfeld und Lohr lassen nun danach fahnden.
Frankfurt, 4. Dez. Den Schaden, welchen das Hochwasser in der Saalgasse bis zum Fahrthor an Waarenlagern, Viktualien, Brennmaterialien angerichtet, wird auf ca. 80,000 M. geschätzt. Die Verwüstung im Saalhof ist eine bedeutende, namentlich in den daselbst befindlichen Gewölben. – Der Sprung an der Obermainbrücke hat nichts zu sagen, erklärten die Sachverständigen, er datirt von Erbauung der Brücke. – Herr v. Rothschild hat den schwer heimgesuchten Bürgelern mehrere Waggon Steinkohlen gesandt. – Die Sammlungen für die Ueberschwemmten in Tyrol sind geschlossen und haben M. 9168,22 ertragen.
Am Samstag Abend sahen mehrere Herren, welche die alte Sachsenhäuser Brücke passirten, wie ein Frauenzimmer sich auf die Brüstung der Brücke schwang, die Arme hoch emporhob und, ehe man es verhindern konnte, sich in den Main stürzte. Auf der Brüstung ließ sie ein Körbchen stehen, in welchem ein Bierglas und ein Stück Brod vorgefunden wurde.
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Das dermalige Hochwasser hat zu Vergleichen mit den früheren hohen Wasserständen schon vielfach Veranlassung gegeben. Nachstehend veröffentlichen auch wir eine uns von geschätzter Hand zugekommene Uebersicht von Hochwasserständen des Maines.
Jahr | Tag, Monat | Pegelstand | Bemerkungen. |
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1682 | 26. Januar | 7,03 | Starker Eisgang. Das Wasser stand 6 Fuß hoch über der Krahnenmauer. Zur Erläuterung sei hier bemerkt, daß man in früherer Zeit die gewöhnliche Wasserhöhe des Mains zu 3 Fuß annahm. Die sog. Krahnenmauer (vermuthlich Schloßfundament), welche zur steten Beobachtung der Wasserhöhe diente, wurde auf 21 Fuß angeschlagen; ein Wasserstand von 24 Fuß galt als Hochwasser. Die Bezeichnung „6 Fuß über der Krahnenmauer“ entspricht sonach einem Wasserstand von 30 Fuß. |
1784 | 1. März | 6,86 | Der Main war schon lange zugefroren gewesen, das Eis hatte eine Dicke von 3 Fuß erreicht. Am 27. Februar fiel ein starker Schnee, – Tags darauf, 28. Februar, trat ein plötzlicher Platzregen ein und eben so plötzlich ging der Main mit einem Hochwasser auf, so daß die Bewohner in der Nähe des Mainufers kaum Zeit fanden, ihre Wohnungen zu räumen. Das Eis, die angeschwemmten Floßböden, Holländer- und anderes Holz beschädigten die Brücke und Häuser, rissen die Wendelinuskapelle jenseits und das Gartenhaus der Oberkellerei diesseits der Brücke fort. |
1664 | 1. Juni | 6,27 | Das Wasser floß über die Krahnenmauer. |
1845 | 31. März | 6,27 | Nach einem starken Eisgang im Monat Januar ging bei einer strengen Kälte und ungeheurem Schneefall im Februar der Main wieder zu. Bei anhaltender Kälte erlangte das Eis eine große Dicke. Am Sonntag den 23. März wurde auf dem Maine eine Kegelbahn eröffnet, die Küfer machten Fässer und die Fischer improvisirten eine Fischbäckerei. Am 25. März stellte sich Regen bei großer Wärme ein und Sonntag den 30. März (Palmsonntag) hob sich das Eis durch den Druck des oberländischen Eises. Rapid wuchs das Wasser, so daß die Brücke gesperrt werden mußte. Die Wache zog ab und auch der Examinator verlegte seine Wohnung in die Stadt. In der Fischergasse konnte die Kommunikation nur vermittelst Nachen und einer Nothbrücke unterhalten werden. Eine ungeheuere Masse Holz schwemmte auf dem Maine vorbei und auch hier nahm das Wasser einen großen Holzstoß mit fort. |
1882 | 27. November | 6,08 | Das große Hochwasser wurde durch lange anhaltendes Regenwetter, das den zuvor gefallenen Schnee rasch schmolz, und durch einige Wolkenbrüche in der oberen Maingegend veranlaßt. Die Flüsse und Bäche traten allenthalben aus und richteten an Gebäuden, Feldern und Wiesen bedeutenden Schaden an; auch manches Menschenleben ging durch die Fluthen oder deren Wirkungen zu Grunde. Der Bahnverkehr mußte an vielen Orten durch die Ueberschwemmungen der Bahnkörper und die Dammrutschungen unterbrochen werden. |
1876 | 20. Februar | 5,68 | Die Pegelhöhe zeigte bereits am Samstag den 19. Hochwasser, welches am 20. (Sonntag) Mittags seinen Höhepunkt erreicht hatte, die untere Fischer- und Löherstraße und die Frankfurter Chaussee waren überschwemmt; der Postverkehr mit Miltenberg, Obernburg, Großostheim wurde eingestellt und die Brücke abgesperrt. Leider sollte das Hochwasser auch zu einem Unglücksfalle Veranlassung geben. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag wurde ein Gefährt, dessen Führer das Wasser passiren und die Brücke noch erreichen zu können glaubte, vom Wasser ergriffen und von der Chaussee abgeschwemmt. Pferde und Gefährt wurden abgetrieben, dem Kutscher gelang es, einen Baum zu umklammern, von wo ihn unter Einsetzung des eigenen Lebens die drei braven Schiffer Josef Geiger, Karl Geiger und Nikolaus Glaab noch während der Nacht glücklich retteten. |
1862 | 3. Februar | 5,68 | Die untere Fischergasse, so wie die Frankfurter Chaussee waren unter Wasser gesetzt, weßhalb die Postomnibusse nach Großostheim und Miltenberg ihre Fahrten einstellen mußten. Ebenso war der Telegraphenverkehr nach Darmstadt in Folge umgestürzter Telegraphenstangen unterbrochen. |
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Jahr | Tag, Monat | Pegelstand | Bemerkungen |
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1799 | 29. Januar | 5,49 | Dem Hochwasser ging eine starke Kälte (193/4 Grad R.[WS 1]) voraus, zum Drittenmale war der Main zugefroren. Am 22. Januar wurde die Temperatur gelinder, am 24. stellte sich förmliches Thauwetter ein und am 26. Januar fing es an zu regnen, der Regen dauerte ununterbrochen bis zum 28. Mittags fort. Um 11 Uhr ging der Main auf, das Eis thürmte sich oberhalb der Brücke haushoch auf. Um 1 Uhr kam das Eis in Bewegung, das Wasser stieg bedeutend, fiel aber bis Abends 41/2 Uhr wieder. Am 29. Januar, Nachts 12 Uhr, kam das Tauberwasser mit weiterem Treibeis. Das Wasser stieg und erreichte an diesem Tage seinen Höhepunkt. Am 31. Früh um 3 Uhr, kam das oberländische Eis, und mit ihm trat ein abermaliges Steigen des Wassers ein, das Streich- und Ankerschelche, so wie vieles Gehölz mit sich führte. Schnee und Regen wechselten dann bis zum 2. Februar, wo wieder Frost eintrat, dem aber bald wieder gelinde Witterung, und am 15. Februar Regen und Schnee folgten. Das Wasser des Mains wuchs abermals, fiel aber wieder bei eingetretener Kälte. Der 19. Februar brachte Schnee- und Regenwetter, dann stellte sich überaus warme Witterung, am 20. fortdauernder Regen und in der Nacht des 21. Februar sogar ein Gewitter mit Blitz und Donner ein. Das Wasser wuchs andauernd während 68 Stunden, vom 21. bis 24., an welchem Tage auch die sog. Oberwächs eintraf, die von Schweinfurt aus durch einen Husaren hier angezeigt worden war. |
1810 | 25. Februar | 5,48 | Veränderliche Witterung, dann starke Kälte von 24 Grad. Der Schnee fiel beträchtlich und blieb liegen. Der Main war zugefroren. Nach heftigem Regen und eingetretenem Thauwetter ging der Main wieder auf. Das Wasser wuchs allmälig und erreichte die angegebene Höhe. |
1831 | 5. März | 5,18 | Im Oktober, November und Dezember waren noch die schönsten Tage und die Neujahrsnacht 1830/31 eine der angenehmsten, hell und warm. Auch der Januar brachte Nachmittags meist helle und warme Tage; den 10. Januar fand man sogar die ersten Blumen. Aber der 28. Januar brachte Schnee, – die Kälte stieg von jetzt ab bis zum 30/31. auf 15 und 17 Grad Kälte. Der Schnee, zu dem abwechselnd immer wieder neuer fiel, blieb namentlich in den Wäldern liegen, bis am 1. März Regen und Wärme eintrat, der auch am 2., 3. und 4. bei 7 Grad Wärme anhielt. Der Schnee schmolz rasch und schon der 4. März brachte großes Wasser, das am 5. Nachts seinen höchsten Punkt erreichte. |
1820 | 22. Januar | 5,14 | Im Dezember 1819 fiel eine große Schneemenge, der jedoch nicht lange liegen blieb, indem der Schnee vor Weihnachten nach dreitägigem Regen abging und eine solche Wassermenge verursachte, daß in der Weihnachtsnacht das Wasser über die Ufer drang. Hierauf trat Kälte bis zu −18 Grad ein. Nach sechstägigem Eisgang ging der Main zu. Allein er blieb nur 8 Tage zugefroren, denn Thauwetter und Regen stellten sich ein und am 18. Januar 1820 ging der Main wieder auf. Am 22. Januar, Früh 10 Uhr, kam das oberländische Eis. Der Main wuchs in jeder Stunde 8 bis 12 Zoll. |
1684 | — | 5,12 | Das Wasser stand über der Krahnenmauer. |
1850 | 6. Februar | 4,96 | Im Januar Schnee, große Kälte und Mainzugang. Sehr baldiger Aufgang ohne besonderen Anstand. |
1839 | 26. Februar | 4,89 | Eis und großer Schnee, der sodann das Hochwasser veranlaßte. |
1796 | 24. Dezember | 4,88 | Am 6. Dezember fror der Main zu, ging am 20. Dezember nach zwölftägigem Thauwetter auf. Am 22., Mittags 1 Uhr, kam das letzte oberländische Eis; es regnete 3 Tage lang anhaltend, so daß das Wasser in der Weihnachtsnacht alle Stunden um 2 Zoll wuchs. |
1841 | 20. Januar | 4,79 | Der hohe Schnee, welcher durch das Thauwetter schmolz, brachte großes Wasser. Da der Main auch große Eismassen mit sich führte, so geschah es, daß in dem Mauerwerke zweier Bögen der hiesigen Mainbrücke an jenen Stellen, wo schon früher Reparaturen vorgenommen worden waren, bedeutende Defekte entstanden. Der Stadtmagistrat hatte zur Abwendung jeder Gefahr die Passage für Fuhrwerke und Reiter auf der Mainbrücke und für die Fußgänger das Verweilen auf der Brücke untersagt. |
1712 | — | 4,73 | — — — |
1788 | — | 4,73 | — — — |
1795 | 12. Februar | 4,59 | Am 27. Januar, 2 Uhr Nachmittags, ging nach eingetretenem Schneewetter der Main auf. Das Eis bedeckte die Ufer in ungeheuren Massen. Am 12. Februar, Abends 5 Uhr, kam das oberländische Eis, das Wasser stieg bis Nachts 11 Uhr und erreichte eine Höhe von 16 Fuß. |
1848 | 11. Februar | 4,56 | Im Januar sehr kalt. Der Main fror zu. Zu Anfang Februar trat Thauwetter ein, der Main ging auf mit großem Hochwasser, das am 11. Februar seinen Höhepunkt erlangte. |
1870 | 23. Dezember | 4,48 | Das Hochwasser mit vielem Treibeis erreichte am 23. seine größte Höhe. Dasselbe trat so rasch ein, daß mehrere Schiffe, die in Stadt- und Dorfprozelten durch den Eisgang abgerissen wurden, nicht mehr geborgen werden konnten und nun ohne Führung der hiesigen Brücke zutrieben. Die Zahl dieser Schiffe betrug 9, drei davon zerschellten an den Brückenpfeilern, drei trieben durch die Brücke und die übrigen drei konnten durch die Anstrengungen der hiesigen Schiffer an’s Land gezogen werden. |
1880 | 5. Januar | 4,42 | Der Main erreichte eine Höhe, daß die Frankfurter Chaussee und der Exerzierplatz, so wie die untere Fischergasse, wenn auch nur in geringem Grade, überschwemmt waren. |
Auch am 22. Juli 1342 war großes Hochwasser; außerdem waren in den Jahren 1488, 1493, 1537 und 1593 sehr hohe Wasserstände, jedoch niederer als 1784.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Die Temperaturangaben beziehen sich auf die damals übliche Réaumur-Skala; 19,75 °Ré ≈ 24,7 °C. Die Angabe Grad Kälte entspricht Minustemperatur, Grad Wärme Plustemperatur.