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Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen: Leopold Joseph von Daun

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Johann George, Chevalier de Saxe Hervorragende Persönlichkeiten in Dresden und ihre Wohnungen (1918) von Adolf Hantzsch
Leopold Joseph von Daun
Carl August von Gersdorff
Wikipedia: Leopold Joseph von Daun
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[75] Nr. 89. v. Daun, Leopold Joseph, Reichsgraf, 1705–1766, war einer der trefflichsten Feldherren des 18. Jahrhunderts und seit 1754 Feldmarschall. Für die österreichische Armee, über die er Ende des Jahres 1748 den Oberbefehl erhalten hatte, schuf er eine neue Heereseinrichtung, an deren Verbesserung er fortgesetzt arbeitete. Besonders berühmt machte D. seinen Namen durch die beiden Siege, die er den 18. Juni 1757 in der Schlacht bei Kollin und den 14. Oktober 1758 durch den Überfall bei Hochkirch über Friedrich II. erfochten hatte.

Erstmalig sah D. die Türme Dresdens, als er in der ersten Novemberhälfte 1758 mit einem Heere vor der Stadt erschien. Damals hatte er sie kaum eine Woche belagert, aber nicht betreten. Gerade ein Jahr später zog er hier ein und wohnte seit dem 17. November 1759 in dem der Gräfin Mosczynska gehörigen Gartenpalais, zuletzt bis zu seinem 1871 erfolgten Abbruche Mosczinskistraße 5 (O.-Nr. 255). Bereits am folgenden Tage verlegte D. seine Wohnung in den Steinhäuser'schen Garten. Dieser dehnte sich von dem an der Hundsgasse, jetzt Palmstraße, stehenden ziemlich langen Wohngebäude bis an die Mittelgasse, jetzt Mittelstraße, aus und war 1720 von dem Geh. Kämmerer Johann Adam Steinhäuser erkauft worden. Im Besitze seiner Nachkommen blieb er bis 1782. [76] Damals erwarb das Grundstück ein gewisser Gräfe, der den nach der Mittelgasse zu gelegenen Gartenteil abtrennte. Das von D. jetzt auch nur ganz vorübergehend bewohnte Steinhäuser'sche Haus, das in seinen Stuckdecken bis zu seinem Abbruche um die Mitte der 1870er Jahre verriet, daß es einst vornehme Personen beherbergt hatte, war seit 1859 das Gebäude Palmstraße 61 (O.-Nr. 425). Von Ostern 1861 an diente das erste Obergeschoß des Vorderhauses der damals errichteten und deshalb zunächst nur wenige Klassen zählenden 6. Bezirksschule. Sie wurde später verlegt und das Gebäude beseitigt, wodurch der Durchbruch der Wettiner Straße nach dem Postplatze zu zum Abschluß gelangte.

Bereits am 19. November verließ D. unsere Stadt, um sich an der Spitze seiner etwa 20 000 Mann starken Armee gegen den preußischen General Finck zu wenden, der bei Maxen stand und D. die Verbindung mit Böhmen abschneiden sollte. Bekanntlich gelang es letzterem, am 20. November seinen Gegner trotz tapferster Verteidigung so zu umklammern, daß er sich mit seinem fast 15 000 Mann zählenden Heeresteil ergeben mußte. Zur Erinnerung an dieses Ereignis heißt die Höhe bei Maxen im Volksmunde noch heute „der Finckenfang“. Vier Tage nach diesem Siege kehrte D. wieder nach Dresden zurück und nahm hier Wohnung „im Minsczeckischen Hause auf der Moritzstraße“. Diese dem „Historischen Kern der Dreßdnischer Merckwürdigkeiten des 1759sten Jahres“ Seite 90 entnommene Angabe enthält betreffs der Straße einen Irrtum. Wie mir Herr Hollstein mitteilte, hat es in den letzten drei Jahrhunderten in der Altstadt keinen Hausbesitzer Minsczecki gegeben. Ein Träger dieses Namens war der Schwiegersohn des Ministers Brühl; letzterer besaß an der Schießgasse und zwar der Ausmündung der Moritzstraße gegenüber das bereits mehrfach erwähnte Palais, zuletzt bis zu seinem Abbruche 1885 Große Schießgasse 10. In diesem prächtigen Gebäude hat wohl vor dem siebenjährigen Kriege der genannte Schwiegersohn Brühls wahrscheinlich einmal sein Heim gehabt, und nach diesem vornehmen Bewohner mag das Palais, wie es damals üblich war, eine Zeitlang genannt worden sein.

D. blieb nach seiner Rückkehr von Maxen bis zum 28. Januar 1760 in Dresden, begab sich aber dann nach Pirna. Da mehrere österreichische Infanterieregimenter während des ganzen Winters bis zum Frühling in unserer Stadt untergebracht waren, hatte D. sein Hauptquartier wieder nach Dresden verlegt und in dem Unruh'schen Garten Wohnung genommen. Über dieses umfangreiche Vorwerksgrundstück finden sich am Schlusse des Aufsatzes die nötigen Angaben.

Mitte Juni verließ D. mit dem kaiserlichen Heere unsere Stadt und zog nach Schlesien, kehrte aber nach der sächsischen Residenz zurück, als er erfahren, daß Friedrich der Große, wenn irgend möglich, sie in seine Gewalt bringen wollte. Zu diesem Zwecke ließ letzterer das von der Reichsarmee besetzte Dresden vom 14. bis 21. Juli heftig beschießen, konnte es aber nicht gewinnen. D., der mit seinem Heere am 20. Juli vor der Neustadt angekommen war, ging am folgenden Tage auf zwei Schiffbrücken über die Elbe nach der Altstädter Seite, und ließ in der Nacht zum 22. durch die Garnison und einen Teil seiner Truppen die [77] Preußen erfolgreich angreifen, die nun zwar die Beschießung aufgaben, aber unter Führung ihres Königs erst am frühen Morgen des 30. Juli abzogen. Am folgenden Tage brach auch D. mit seinen österreichischen Soldaten und mehreren sächsischen Reiterregimentern von Dresden nach der Lausitz auf, nachdem er zuvor in die Stadt gekommen war und sowohl die Festungswerke, als auch die zerstörten feindlichen Batterien besichtigt hatte. Wo bei diesem kurzem Aufenthalte offenbar in der Nähe Dresdens auf dem rechten Elbufer D's. Wohnung gewesen sein mag, konnte leider nicht festgestellt werden.

Im Frühjahr 1761 weilte D. zum letztenmal in Dresden. Am 8. Mai war die unter seinem Oberbefehl stehende kaiserliche Armee in das von ihr früher schon wiederholt benutzte Lager bei Plauen und Friedrichstadt eingerückt und D., bisher in Nöthnitz wohnend, hatte am nächsten Tage sein Heim im Brühl'schen Palais, jetzt Friedrichstraße 41 aufgeschlagen, hier blieb er bis gegen Mitte Oktober, dann verlegte er seine Wohnung nach der Neustadt und zwar, wie die Dreßdner Merckwürdigkeiten des Jahres 1761 Seite 79 mitteilen, in das an der Königstraße stehende Haus des „Königl. Bettmeisters Teifert“. Da, wie schon bemerkt werden mußte, für die Gebäude der Neustadt Geschoßbücherauszüge und die dazu unbedingt nötigen Verzeichnisse der Hauseigentümer noch nicht vorhanden sind, konnte auch eine Hausnummer des Teifert'schen Gebäudes nicht angegeben werden. Sicher muß es eins der größten Häuser der Straße gewesen sein, denn der damalige Oberbefehlshaber der österreichischen Armee beanspruchte gewiß für sich und für die hohen Offiziere seiner Umgebung mit Recht viele Räume. Übrigens berichten die erwähnten Merckwürdigkeiten, daß D. am Mittage des 15. Oktobers, dem Namenstage der regierenden Kaiserin Maria Theresia, in seinem Hause „ein prächtiges Traktement gegeben“ habe. Am Vormittage hatte er sich mit der „k. k. Generalität, vielen Stabs-, auch anderen Offizieren unter Begleitung eines starken Detachements Kürassiere mit Trompeten- und Paukenschall in die katholische Hofkirche“ begeben, dort dem Hochamte und dem unter Gewehrsalven gesungenen Te Deum beigewohnt und war nach Beendigung der kirchlichen Feier unter der nämlichen Begleitung „in sein Hauptquartier“ zurückgezogen. Als solches käme in erster Linie wohl das besonders umfangreiche Gebäude jetzt Königstraße 2 und Heinrichstraße 16 in Frage, das die O.-Nr. 167 trägt. – Nach längerem Aufenthalte verließ D. unsere Stadt und zog wieder nach Schlesien, doch kam es zwischen ihm und Friedrich dem Großen zu keinem Kampfe mehr. Nach dem am 15. Februar 1763 abgeschlossenen Doppelfrieden zwischen Preußen und Sachsen einerseits und Preußen und Österreich andererseits ist Feldmarschall D. nicht mehr kriegerisch tätig gewesen.

Der Unruh'sche Garten, ein sehr umfangreiches Grundstück, zu dem Wohn- und Gartengebäude, Gärten und Felder, sowie ein Elbwerder gehörten, hieß im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts das „Rappoldi'sche“ oder auch das „Garten-Vorwerk“. Es lag vor dem Ziegelschlage an der Loschwitzer, der späteren [78] Blasewitzer und jetzigen Gerokstraße und trug von 1787 an zunächst die O.-Nr. 75, später 75 a, b, c und die Hausnummern 9, 7, 8. Im Jahre 1704 kaufte es der kurfürstliche Historiograph Konrad Knauth, dessen Nachkommen es bis 1743 besaßen. Von ihnen erwarb es der kurfürstliche Geh. Kriegsrat Christoph von Unruh, der es 1755 dem niederländischen Legationssekretär Jakob Hoffmann überließ. Acht Jahre später ging das Vorwerk in das Eigentum der verwitweten Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis über. Sie verkaufte es 1764 an den Oberstallmeister und Kammerherrn Heinrich Gottlieb v. Lindenau. Von 1779 bis 1813 war der kurfürstliche Vizekanzler George Wilhelm v. Hopffgarten Besitzer des Vorwerks, das nach ihm im Volksmunde längere Zeit „Hopffgartens“, ein Teil von 1822 bis in die 1870er Jahre „Elisens Ruhe“ hieß. Wegen des 1859 dort vom Kunst- und Handelsgärtner Lüdicke angelegten und zwanzig Jahre bestehenden vielbesuchten Wintergartens wird das Grundstück älteren Dresdnern noch in guter Erinnerung sein. – Bereits 1839 begann man mit der Zerstückelung des ehemaligen Vorwerks. Die auf seinem Raume seit 1859 nach und nach errichteten Wohngebäude gehören jetzt teils der Blumenstraße, teils der Gerokstraße, teils dem zwischen jenen beiden Straßen gelegenen Teil der Elisenstraße an. (Nach Mitteilung von C. Hollstein.)