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Herman Grijn’s Kampf mit dem Löwen

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: Hermann Grieben
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Titel: Herman Grijn’s Kampf mit dem Löwen
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 26, S. 417
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Altkölnische Sage
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[417]
Herman Grijn’s Kampf mit dem Löwen.
Altkölnische Sage.


Zu Köln am Domhof saßen
     Die würdigen Herren vom Stift,
Verdrossen über die Maßen
     Vor lauter Gall’ und Gift;

5
Es mocht’ auch keiner dreister

     Auf sie zu sprechen sein,
Als Grijn, der Bürgermeister
     Der reichsgetreu’sten Stadt am Rhein.

Der wahrte jedem Bürger

10
     Sein wohlverbrieftes Recht,

Daß auch der ärmste Schürger
     Nicht würd’ ein Pfaffenknecht;
Deß bosten sich am meisten
     Ein Knünch[1] und ein Kaplan;

15
Die hätten dem Ueberdreisten

     Doch gar zu gern ein Leids gethan.

Am Domhof lag im Zwinger
     Ein Löwe grauenhaft,
Dem kein Athlet und Ringer

20
     Gewachsen war an Kraft;

Den plagten sie mit Fasten
     Und luden gleißnerisch
Den Mann, den bestgehaßten,
     Auf guten Imbiß ein zu Tisch.

25
Der hat’s wohl angenommen

     Und als er am Dom erschien,
Da hieß es: „Schön willkommen
     Seid Ihr, Herr Herman Grijn!“
Doch als er stand im Saale

30
     – Sie ließen ihn just allein –

Da brach mit einem Male
     Das Löwenungethüm herein.

„Ha! Bin ich so zu Gaste
     Geladen an diesen Heerd?“

35
Er rief’s voll Zorn und faßte

     Sein doppelschneid’ges Schwert.
„Daß man sich so maskire,
     Ist das am Dom erlaubt?“
Er rief’s und warf dem Thiere

40
     Den seid’nen Mantel über’s Haupt.


Und eh’ der Leu begriffen,
     Den kölnischen Maskenscherz,
Da fuhr ihm scharfgeschliffen
     Der Stahl schon tief in’s Herz.

45
Er sank mit Wuthgebrülle,

     Getroffen auf den Tod;
Da lag, von der seidenen Hülle
     Bedeckt, das arge Gastgebot.

Und als nun tief erschrocken

50
     Das Pfaffenpaar erschien,

„Ihr hofftet zu frohlocken“ –
     So sprach Herr Herman Grijn;
„Ihr hattet mich dem Leuen
     Als Imbiß zugedacht.

55
Das soll Euch schwer gereuen;

     Ihr sollt noch sterben diese Nacht.“

Da half kein Dräu’n und Bitten;
     Bald war der Spruch gethan,
Den Henkertod erlitten

60
     Der Knünch und der Kaplan. –

Am Rathhaus sieht man heuer
     Gemeißelt noch in Stein
Das Löwenabenteuer;
     Zur Lehre soll’s dem Enkel sein. –

65
So geht die kölnische Sage

     Vom Löwenkampf am Dom;
Drum gilt noch heutzutage
     Das Wort am deutschen Strom:
Ob süß es fall’, ob sauer,

70
     Es sei dir Beides gleich;

Halt fest, du kölnischer Bauer,
     Halt fest am Kaiser und am Reich!

Hermann Grieben.




  1. Knünch, contrahirt aus Canonicus (wie Münch aus Monachus), ist die von Alters her in den Rheinlanden und in den oberdeutschen Gegenden noch heute volksübliche Bezeichnung der Stifts- und Domherren.