Heinrich das Kind von Brabant
Heinrich das Kind von Brabant.
Thüringische Volkssage, vergl. Brandes Einfl. und Wirk. des Zeitgeistes, 1ste Abth. Hannover 1810. S. 164. Thüring. Chronik in Senkenberg, Se. III. 330. |
Als nach Landgrafen und Königs Heinrich[1] Tode der thüringisch-hessische Mannsstamm erloschen war, entspann sich langer Zwiespalt um die Erbschaft, wodurch zuletzt Thüringen und Hessen von einander gerissen wurde. Alle Hessen und auch viele Thüringer erklären sich für Sophien, Tochter der heiligen Elisabeth und vermählte Herzogin in Brabant; deren unmündigen Sohn, genannt Heinrich das Kind (geb. 1244.), sie für ihren wahren Herren erkannten. Der Markgraf von Meißen hingegen sprach das Land an, weil es aus König Heinrichs Munde, dessen Schwestersohn [349] er war, erstorben wäre; und überfiel Thüringen mit Heereskraft. Damals war allenthalben Krieg und Raub im Lande, und als der Markgraf Eisenach eroberte, soll er, der Volkssage zufolge, einen Mann, der es mit dem hessischen Theil gehalten, von dem Felsen der Wartburg herabschleudern lassen, dieser aber in der Luft noch laut ausgerufen haben: „Thüringen gehört doch dem Kinde von Brabant!“ -
Sophia zog aus Hessen vor Eisenach; da man die Thore verschlossen, und sie nicht einlassen wollte, nahm sie eine Axt, und hieb in Sanct Jörgenthor, daß man das Wahrzeichen zweihundert Jahre hernach noch in dem Eichenholz sah. –
Die Chroniken erzählen, jener Mann sey ein Bürger aus Eisenach, Namens Welspeche, gewesen; und weil er den Meißnern nicht huldigen wollen, zwei Mal mit der Blide über die Burgmauer in die Stadt geworfen worden, aber unverletzt geblieben. Als er immer standhaft bei seiner Aussage verharrte, wurde er zum dritten Mal hinabgeschleudert, und verlor sein Leben.
- ↑ Er war Bruder Landgrafen Ludwigs, hatte die heilige Elisabeth dessen Wittwe hart behandelt, und Herrmann ihren einzigen Sohn, der Sage nach, vergiften lassen.