Haenel Kostbare Waffen/Tafel 5
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HERZOGS (KURFÜRST) AUGUST VON SACHSEN
(1526–1586)
[10] Blank geriffelt, getrieben und geätzt. – Kragen 3mal geschoben. Brust mit schwachem Grat, unter den Achseln geschoben: auf dem Bruststreifen geätzt das elfteilige sächsische Wappen, von einem Landsknecht getragen. Rüsthaken, 3 Bauch-, 2 Gesäßreifen. Achseln 10mal geschoben, mit großem, 3mal geschobenem Hinterflug, rechts dreiblattförmiger Schwebescheibe; links steilem Brechrand; ganzes Armzeug. Ellbogenkacheln mit ganzen Mäuseln, Hentzen. Am linken Vorderflug eine Flügelschraube für die Tartsche. Kurze, ausgebogte und getriebene Beintaschen. Ganzes Beinzeug, geschobene Diechlinge. Kniebuckel mit getriebenen Muscheln, glatte Beinröhren, Kuhmäuler mit blattförmiger Treibarbeit. – Die Dekoration des Harnischs nähert sich, mit ihrem System feiner Riffelungen, dem Typ des Maximiliansharnisches, doch weisen der derbe Stil der Treibarbeit, u. a. auch am letzten Gesäßreifen, und die außerordentlich frische Ätzung, die neben naturalistischen Blattwerk am Brustrand ein Paar wilde Männer als Halbfiguren von fast dürerischer Lebendigkeit der Zeichnung enthält, auf ein neues dekoratives Empfinden und Können hin.
- Inventar 1606, S. 144. „Ein Blancker geezter Kühriß, auf einem Braunen Pferdte sitzendt, welcher Churfürsten Augustenn zu Sachßenn gewesenn, darzu ist Rückenn, brust, Kragenn, Spangeröll, Armzeugk, Handschuch, ein geschloßenn Helmlin, Kurze Beindäschlein, lange Kniebuckeln, ganze Beinschienen, mit Sporen, schwarzen Bügeln mit messing gestreifft …
Der Harnisch ist ein Geschenk des Erzherzogs Ferdinand 1558 an Kurfürst August (Schreiben des Erzherzogs vom 20. VIII. 1558 im Jahrbuch der Kunstsammlungen des A. H. Kaiserhauses, Bd. 11, Urkunden und Regesten 7302) und gilt als ein Werk des Plattners Jörg Seusenhofer aus Innsbruck. Ein Vergleich mit anderen Arbeiten des besonders im Auftrage Kaiser Ferdinands I. tätigen Meisters, z. B. mit dem Harnisch Franz I. in Paris und dem Roßharnisch Ferdinands I. in Wien bestätigen dies. Boeheim[ER 1] (der in seinem Aufsatz über die Seusenhofer, Jahrbuch des A. H. Kaiserhauses 1899) merkwürdigerweise den Harnisch nicht erwähnt, den er 1897 (Meister der Waffenschmiedekunst, nach Gurlitt, [a. a. O. S. 73] nennt) führt die Ätzmaler Paul Dax, Degen, Pirger und Hans Polhaimer als Mitarbeiter des Meisters an. Der Dresdner Harnisch, dessen Stil von der Strenge der Maximilianischen Formen zu der südlich bewegten Üppigkeit der Hochrenaissance überleitet, gehört zu den reifsten Arbeiten des 1580 verstorbenen, von 1536–1538 nachweisbar tätigen Meisters, in dem die Kunst seines berühmten Oheims Konrad neuen Aufschwung nahm.
Der Roßharnisch, blank, mit Riffelungen und Ätzstreifen. Ganze Stirn mit breiten Backen, runden Augengittern, geschlossenem Kanz, mit kalottenförmigen Streifbuckeln, geschweiften Flankenblechen und vollem Gelieger, durchbrochene Zügelbleche. In den Ätzstreifen ein edelsteingeschmückter Ring, aus dem drei Straußfedern aufsteigen (das Wappenbild der Medici), dazu auf gewundenem Schriftband die Buchstaben (Antiquaunzialen) der Worte: SEMPER SVAVE. Dazwischen findet sich mehreremal allein, in dem Ring auf dem Band, der Buchstabe M, sechsmal über den Harnisch verteilt, je auf einem rechteckigen Schildchen, ein N.
- Inventar 1606, S. 141. „… ein ganz geetztes gelieger“ (in Verbindung mit dem Feldharnisch Herzog Heinrichs des Frommen, Tafel 1), erst seit 1838 mit dem gegenwärtigen Harnisch verbunden.
Der Harnisch entspricht in seiner Dekoration genau dem geätzten Prunkharnisch im Musée de l’Armée in Paris (Katalog Robert II, G 179, Album Niox Pl. 4). Dieser Harnisch ist 1515 datiert, und dürfte Giuliano Medici, Herzog von Nemours, dem jüngsten Sohne des Lorenzo Magnifico, gehört haben, der sich 1515 mit Philiberte, Prinzessin von Savoyen, vermahlte. „SEMPER“ ist die Devise seines Vaters, „SVAVE“ die seines Bruders Giovanni, nachmals Papst Leos X. Die Vereinigung beider läßt die Vermutung zu, daß der Harnisch ein Geschenk Lorenzos und Giovannis an Giuliano zu seiner Vermählung war. – Die Marke N deutet auf ein Mitglied der Plattnerfamilie der Nigroli hin, die sich nach dem Geburtsort ihres Ahnherrn Tomaso „Missaglia“ nannten, der Pariser Harnisch tragt die Buchstaben NI, die der bekannten Marke der Nigroli (siehe den Harnisch, Paris G 178, der G 179 im Bau entspricht) gleichsteht. Es käme als Meister vielleicht Bernardino (Boeheim, Werke Mailander Waffenschmiede in den K. Sammlungen, Jahrbuch des A. H. Kaiserhauses, Bd. 9, 1889, S. 392) in Betracht, der 1513 erwähnt wird. Jedoch muß darauf hingewiesen werden, daß diese Buchstaben sämtlich nicht eingeschlagen, sondern geätzt sind, im Gegensatz zu dem Gebrauch der Plattner bei Beschau- und Meisterzeichen, so daß hier auch an eine Ätzmalerbezeichnung zu denken ist. Der Stil des Pariser Harnischs G 179, der sich in seinem Bau, mit durchgehenden geschlossenen Geschüben an den Beugeseiten, wie bei dem berühmten Fußturnierharnisch Heinrichs VII. im Tower (Dillon, Illustrated Guide, III, 28) eng an den Körper anlegt und in seiner Dekoration die geschlitzte Mode der Zeittracht nachahmt, und so auch des Dresdner Roßharnischs, findet in deutschen Harnischen dieser Zeit keine Parallele. So kann als Entstehungsland nur Italien in Frage kommen, wo wiederum in Mailand damals allein die technische und künstlerische Fähigkeit für ein solches Meisterwerk zu finden war.
Kürißsattel. Getrieben und geätzt; auf dem Vorderblech, das in einen abgesetzten Bogen endet, getrieben zwei Delphine auf einer Schale, darunter seitlich je ein speerbewaffneter Seemann in Kampfhaltung. Der Hinterbug muschelförmig, in der Mitte ein Medallion mit gekröntem Cäsarenkopf. – Wohl süddeutsche Arbeit, um 1530. – (FHM. E 3.)
Errata
- ↑ statt „Bocheim“ lies „Boeheim“ (siehe Druckfehlerberichtigung)