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Großherzoglich Hessisches Bachgesetz

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz die Aufräumung und Unterhaltung der Bäche betreffend.
Abkürzung: Großherzog Hessisches Bachgesetz
Art:
Geltungsbereich: Großherzogtum Hessen
Rechtsmaterie: Wasserrecht
Fundstelle: Großherzog Hessisches Regierungsblatt 1853 Nr. 9 S. 65.
Fassung vom:
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung:
Inkrafttreten: 18. März 1853
Anmerkungen:
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Gesetz,
die Aufräumung und Unterhaltung der Bäche betreffend.

LUDWIG III. von Gottes Gnaden Großherzog von Hessen und bei Rhein etc. etc.

     Wir haben mit Zustimmung Unserer getreuen Stände verordnet und verordnen hiermit, wie folgt:

Art. 1.

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Die Verbindlichkeit zur Aufräumung und Unterhaltung der Bäche, unter welchen in gegenwärtigem Gesetze alle nicht schiffbaren Flüsse und Bäche, sowie die zur Entwässerung einer oder mehrerer Gemarkungen oder größerer Gemarkungstheile bestimmten künstlichen Gräben begriffen sind, ruht auf denjenigen Gemeinden, durch deren Gemarkung sie fließen.

Art. 2.

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In so weit ein Bach die Gränze der Gemarkungen zwischen zwei Gemeinden bildet, hat jede dieser Gemeinden die Hälfte der Kosten der Aufräumung und Unterhaltung des Baches zu tragen.

Art. 3.

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Sind Privatpersonen oder der Staat oder Corporationen vermöge eines privatrechtlichen Titels verpflichtet, die Kosten der Unterhaltung eines Baches ganz oder zum Theil zu bestreiten, so wird diese Verbindlichkeit durch gegenwärtiges Gesetz nicht aufgehoben; indessen haben bei entstehenden Streitigkeiten die betreffenden Gemeinden so lange die Kostenvorlage zu leisten, bis

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die genannten Privaten oder Corporationen durch richterliches Erkenntniß zur Erfüllung ihrer etwaigen Verbindlichkeit rechtskräftig verurtheilt worden sind.

Art. 4.

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Zum Zwecke der gemeinsamen Aufbringung der Kosten für Aufräumung und Unterhaltung eines Baches können mehrere Gemeinden zu einem Verbande (Concurrenz) sich vereinigen und über das Verhältniß, nach welchem die Kosten auf sie zu vertheilen sind, Verträge abfchließen.
Solche durch Uebereinkünfte zwischen den Ortsvorständen gebildete Verbände unterliegen der Genehmigung der Regierungsbehörde.

Art. 5.

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Wenn eine oder mehrere derjenigen Gemeinden, welche bei der Aufräumung und Unterhaltung eines Baches interessirt sind, zum Zweck der gemeinsamen Aufbringung der durch diese Arbeiten entstehenden Kosten bei der Regierungsbehörde die Bildung eines Verbandes beantragen, diese aber auf dem Wege der freien Uebereinkunft nicht bewirkt werden kann, so ist auf Verlangen der Regierungsbehörde oder einer oder mehrerer der betheiligten Gemeinden von dem Bezirksrath darüber zu entscheiden, ob und aus welchen Gemeinden ein Verband zu bilden und nach welchem Verhältnisse die Kosten auf die Gemeinden zu vertheilen seyen.
Der größere oder geringere Nutzen, welcher den einzelnen Gemeinden aus der gehörigen Aufräumung und Unterhaltung eines Baches erwächst, und beziehungsweise der größere oder geringere Nachtheil, welcher die einzelnen Gemeinden in Folge der Unterlassung oder Vernachlässigung jener Arbeiten treffen kann, sollen den Maßstab bei Vertheilung der Kosten auf die in den Verband zu ziehenden Gemeinden bilden.

Art. 6.

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Die Regierungsbehörde hat, ehe sie die Entscheidung des Bezirksraths veranlaßt, das Gutachten einer Commission von Sachverständigen sowohl über die Zweckmäßigkeit der Bildung eines Verbandes an sich, als auch darüber, aus welchen Gemeinden solcher zu bilden und nach welchem Verhältnisse die Gemeinden die Kosten zu tragen haben (Art. 5), einzuholen und dem Bezirksrath mitzutheilen.
Diese Commission soll bestehen:
1) aus dem Kreisbaumeister des Bezirks oder, wenn es sich von Bildung eines Verbandes von Gemeinden aus verschiedenen Baubezirken handelt, aus einem Commissär der Oberbaudirection;
2) aus einem Sachverständigen, welchen die Gemeinde oder die Gemeinden, von denen der Verband verlangt wird, ernennen;
3) aus einem Sachverständigen, welchen die dem Verbande überhaupt oder in der verlangten Art widersprechenden Gemeinden ernennen.
Wenn mehrere Gemeinden, welche hiernach einen Sachverständigen gemeinschaftlich zu ernennen haben, über die Wahl sich nicht vereinigen können, so entscheidet das Loos, und wenn

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die Gemeinden, welche den Verband verlangen, oder diejenigen, welche ihm widersprechen, binnen einer von der Regierungsbehörde zu setzenden Frist unterlassen, einen Sachverständigen zu bezeichnen, so hat statt ihrer die Regierungsbehörde den Sachverständigen zu ernennen.
Die Verpflichtung und Instruction der Sachverständigen erfolgt durch die Regierungsbehörde oder – im Falle des Art. 7 – durch den bestellten Commissär.

Art. 7.

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Wird die Bildung eines Verbandes für Gemeinden beantragt, welche verschiedenen Verwaltungs-Bezirken angehören, so hat das Ministerium des Innern zur Leitung der Verhandlungen einen Commissär zu bestellen und, nach Vernehmung der Gemeinderäthe der betreffenden Gemeinden, Begutachtung durch Sachverständige in der durch Art. 6 bestimmten Weise und darauf erfolgter Anhörung der Bezirksräthe der betreffenden Verwaltungsbezirke mit Gutachten über die in Art. 5 bezeichneten Punkte, statt des Bezirksrathes wegen Bildung des Verbandes die Entscheidung zu ertheilen.

Art. 8.

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Soll ein zur Zeit des Erscheinens gegenwärtigen Gesetzes bereits bestehender oder auf Grund dieses Gesetzes gebildeter Verband aufgehoben oder abgeändert werden, und kommt deßfalls eine gütliche Uebereinkunft nicht zu Stande, so ist nach den in Art. 4–7 enthaltenen Bestimmungen zu verfahren und darnach zu entscheiden.

Art. 9.

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Die Kosten, welche durch die in den vorhergehenden Artikeln bezeichneten Verhandlungen entstehen, sind von denjenigen Gemeinden, durch deren Gemarkungen der Bach fleßt, oder deren Gemarkungen von dem Bache begränzt werden, vorzulegen, demnächst aber:
1) wenn ein Verband wirklich gebildet wird, auf die Gemeinden, aus welchen der Verband besteht;
2) wenn ein Verband nicht zu Stande kommt, auf die Gemeinden, welche ihn beantragt haben;
3) wenn ein bestehender Verband aufgelöst wird, auf die Gemeinden, aus denen solcher bis dahin bestanden hat, und
4) wenn ein bestehender Verband abgeändert wird, auf die Gemeinden, aus welchen der neue Verband besteht, –
nach dem Verhältnisse ihrer Gesammtsteuercapitalien zu vertheilen.

Art. 10.

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Durch Localreglements ist zu bestimmen, bei welchen Bächen und in welchem Zeitpunkte eine Ausräumung regelmäßig zu vollziehen ist.

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Diese Reglements sind nach Vernehmung der Ortsvorstände von der Regierungsbehörde, bezüglich solcher Bäche aber, welche mehrere Regierungsbezirke berühren, wenn die betreffenden Verwaltungsbeamten über den Inhalt sich nicht verständigen können, von dem Ministerium des Innern zu erlassen.

Art. 11.

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Wegen örtlicher Verhältnisse oder besonderer Ereignisse können neben der regelmäßigen Aufräumung außerordentliche Reinigungen eines Baches von den Regierungsbehörden angeordnet werden.

Art. 12.

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Die Regierungsbehörden haben wo nöthig besondere regelmäßige Beaufsichtigung der Bäche, sowie deren Aufräumung und Unterhaltung anzuordnen. Die hierdurch entstehenden Kosten sind von den betreffenden Gemeinden in demselben Verhältnisse zu bestreiten, in welchem sie die Kosten der Aufräumung und Unterhaltung zu tragen haben. Die bei der Besichtigung vorgefundenen Mängel sind sofort zur Kenntniß der Regierungsbehörde zu bringen, welche zu deren Beseitigung das Nöthige einzuleiten hat.

Art. 13.

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Die Besitzer der die Bäche begränzenden Grundstücke müssen bei der Aufräumung den Auswurf auf ihre Grundstücke dulden. Wenn sie denselben nicht selbst auf ihre Grundstücke verbreiten wollen, so ist solcher auf Kosten der Gemeinde davon wegzuschaffen. Nur wenn bei außerordentlichen Aufräumungen durch das Niederlegen des Auswurfs auf die Grundstücke oder das Wegbringen desselben die Grundstücke oder deren Crescentien beschädigt werden, ist den Grundbesitzern auf Anordnung der Regierungsbehörde dafür aus der Gemeindekasse eine Entschädigung zu bewilligen, welche, wenn die Grundbesitzer eine höhere als die ihnen gebotene Entschädigung verlangen, durch Sachverständige, von welchen Einer durch die Grundbesitzer, Einer durch die Gemeinde und Einer durch die Regierungsbehörde zu ernennen, endgültig abzuschätzen ist.
Die Anlieger müssen gestatten, daß Arbeiten und Bauten, welche an und auf ihrem Eigenthum zu dessen Schutze stattzufinden haben, daselbst vollzogen werden, und sie können nur dann eine nach Maßgabe der vorhergehenden Bestimmung festzusetzende Entschädigung hierfür fordern, wenn die Grundstücke oder deren Crescentien beschädigt werden.

Art. 14.

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Die Besitzer solcher Districte, welche, ohne einer Gemeinde einverleibt zu seyn, eine eigene Gemarkung bilden, werden nach Maßgabe der vorhergehenden Artikel wie Gemeinden behandelt und sind denselben Verbindlichkeiten wie diese unterworfen.

Art. 15.

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Die Verbindlichkeit zur Aufräumung und Unterhaltung der zur Bewässerung oder Entwässerung einzelner Grundstücke, Gewannen und Fluren bestimmten Gräben liegt den Besitzern

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derjenigen Grundstücke ob, in deren Interesse sie angelegt worden sind. Die näheren Bestimmungen hierüber sind in Localreglements hinsichtlich der Wiesen in den Wiesenpolizei-Ordnungen zu treffen.

Art. 16.

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Für Aufräumung der für Triebwerke (Mühlen etc.) angelegten Kanäle oder Gräben haben die Besitzer der Werke, zu deren Vortheil sie angelegt sind, zu sorgen, und können dazu, falls es im öffentlichen Interesse als nothwendig erscheint, oder die unterlassene Aufräumung den die Kanäle oder Gräben begränzenden Grundstücken Nachtheil droht, von der Verwaltungsbehörde aufgefordert werden, welche, wenn dem Verlangen nicht entsprochen wird, die Arbeiten auf Kosten des Besitzers des Triebwerks vornehmen läßt. Diese Kosten werden von der Verwaltungsbehörde beigetrieben.

Art. 17.

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Wenn zwischen den Besitzern der die Triebwerkskanäle begränzenden Grundstücke und den Besitzern der Triebwerke wegen Duldung des Auswurfs bei Aufräumung jener Kanäle keine privatrechtliche Regulirung besteht, müssen zwar die Besitzer der Grundstücke den Auswurf auf letztere gestatten; sie können aber dafür angemessene, bei entstehendem Streite richterlich festzusetzende Entschädigung verlangen. Auch sind die Besitzer der Triebwerke verbunden, den Auswurf auf Anordnung der Verwaltungsbehörde wegzuschaffen. Die regelmäßigen Reinigungen der erwähnten Kanäle sind zu einer Zeit vorzunehmen, in welcher dadurch die Besitzer der angränzenden Grundstücke am wenigsten Schaden leiden.

Art. 18.

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Wenn an dem Ufer eines Baches oder Grabens Bäume oder Gebüsche sich befinden, welche dem Wasserlauf nachtheilig sind, so kann deren Entfernung von der Verwaltungsbehörde angeordnet werden. Der Eigenthümer solcher, dem Wasserlauf nachtheiligen Gegenstände hat jedoch nur in dem Falle Anspruch auf Entschädigung, wenn solche Bäume oder Gebüsche vor Erlassung dieses Gesetzes angepflanzt worden sind.

Art. 19.

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Das unbefugte Einlegen oder Einwerfen von Steinen, Sand, Erde, Bäumen, Schutt-Unrath und anderen festen Körpern in die Bäche oder Gräben oder Triebwerkskanäle ist bei Vermeidung einer Polizeistrafe von dreißig Kreuzern bis zehn Gulden untersagt. Vorübergehende Vorrichtungen zu besonderen Nutzungszwecken, so weit diese überhaupt zulässig oder gestattet sind, müssen bei gleiche Strafe nach jedesmaligem Gebrauche entfernt werden.

Art. 20

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Verletzungen und Beschädigungen der an Bächen und Gräben angelegten Dämme, namentlich auch durch Einpflügen, Graben und Hacken und Wenden mit dem Pfluge an dem Dammfuße

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werden, insoweit nicht der Tatbestand einer widerrechtlichen vorsätzlichen Eigenthumsbeschädigung im Sinne des Strafgesetzbuchs vorliegt, mit einer Geldbuße von einem bis zwanzig Gulden bestraft.

Art. 21.

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An Orten, wo den Gerbern, Färbern, Besitzern von Bleichanstalten, Metzgern und Inhabern von ähnlichen Gewerbsanlagen der Gebrauch des Wassers in Bächen zu ihrem Geschäftsbetrieb gestattet ist, oder wo das zu solchen Gewerben benutzte Wasser in Bäche abgeleitet wird, können zur Verhütung einer Beeinträchtigung des Bedarfs an reinem Wasser über die Art der Benutzung des Wassers in den Bächen Localreglements erlassen werden. Zuwiderhandlungen dagegen werden mit dreißig Kreuzern bis zehn Gulden bestraft.

Art. 22.

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Die in diesem Gesetze angedrohten Strafen werden in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen voll den Stadt- und Landgerichten, als Polizeigerichten erster Instanz, in der Provinz Rheinhessen von den Gerichten der einfachen Polizei ausgesprochen.

Art. 23.

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Die auf den Grund des gegenwärtigen Gesetzes erkannten Geldstrafen, welche sich als uneinbringlich darstellen, werden im Gesängniß und zwar mit 24 Stunden für jeden Gulden verbüßt.

Art. 24.

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Das in Gemäßheit dieses Gesetzes stattfindende Administrativ-Verfahren ist stempelfrei.
Urkundlich Unserer eigenhändigen Unterschrift und des beygedrückten Staatssiegels.
Darmstadt, am 18. Februar 1853.
LUDWIG
v. Dalwigk