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Graf August von Platen-Hallermund

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
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Autor: G.
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Titel: Graf August von Platen-Hallermund
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 44, S. 755
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1896
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung:
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[755] Graf August von Platen-Hallermund. Neben den volkstümlichen Dichtern, welche in sinnigen und innigen Klängen aus dem Herzen des Volkes heraussingen, hat es stets Poeten gegeben, welche sprachgewaltig der dichterischen Schönheit huldigten und ihre Verse gleichsam mit unvergänglichen Zügen in den Marmor gruben. Unsere klassischen Dichter Goethe und Schiller stehen in der Mitte zwischen beiden: ein großer Teil der Goetheschen Dichtungen gehört den Meisterwerken dieser poetischen Skulptur an. Ein Dichter, dessen Säkulartag auf den 24. Oktober d. J. fällt, hat sich gerade durch die Formenschönheit seiner Poesien seinen Ruf und ein dauerndes Andenken erworben; er bleibt ein glänzendes Muster auch für die Volkspoesie; wenn diese allzusehr zu verlottern droht und allzubequem in ausgetretenen Pfaden dahinschlendert: da mag sie emporschauen zu den strengen Linien seiner meisterlichen Dichtung und von seiner Muse den ernsten graziösen Gang erlernen! Graf August von Platen war nicht bloß ein Verskünstler und Sprachbändiger ersten Ranges: er war auch ein Dichter, der eines hohen begeisterten Schwunges fähig war. Zu Ansbach am 24. Oktober 1796 geboren als Sohn eines bayrischen Oberhofmeisters, schlug er anfangs die militärische Laufbahn ein und nahm als Unterlieutenant an dem Feldzuge des Jahres 1815 teil. Nach der Beendigung desselben ließ er sich beurlauben und studierte, einem regen wissenschaftlichen Triebe folgend, in Würzburg und Erlangen, wo er sich an den Philosophen Schelling anschloß. Gegenstand seines Studiums waren Philosophie, Philologie und die orientalischen Sprachen, die ihm die Anregung zu Nachdichtungen, wie seine „Ghaselen“ (1821), gaben. In Deutschland fühlte er sich indes auf die Länge nicht heimisch; es zog ihn nach Italien, von wo er nach seiner ersten Reise seine schönen „Sonette aus Venedig“ (1824) mitbrachte, während er nach einem zweiten Besuch des klassischen Landes, das ja auch zwei der herrlichsten Dichtungen Goethes gereift, sich 1826 dauernd in demselben niederließ und von dort nur zweimal auf kurze Zeit nach Deutschland zurückkehrte. Erst in den Jahren 1832 bis 1834 hielt er sich wieder in München und Augsburg auf. Im Sommer 1834 kehrte er nach Italien zurück, flüchtete vor der Cholera nach Sicilien und starb dort am 5. Dezember 1835. Sein Grab ist im Garten der Villa Landolina bei Syrakus.

Graf August von Platen-Hallermund.

Unter Platens Oden und Hymnen finden sich einige, die, trotz mancher Verkünstelung der Form, tief aus der Zeit herausgegriffen sind und sich im Lapidarstil mit dem Schwung eines Lord Byron gegen die Machthaber wandten, welche die Freiheit der Völker gefährdeten und unterdrückten. In volkstümlicherem Ton ist diese Tendenz ausgeprägt in den „Polenliedern“, welche die ganze Energie der späteren politischen Lyrik atmen. Georg Herwegh kann in vieler Hinsicht als ein Jünger Platens betrachtet werden. Ebenso volkstümlich sind viele seiner Balladen, mag der Dichter nun den Einsiedler von St. Just oder Kolumbus und Alarich feiern. Was seine großen satirischen Komödien „Die verhängnisvolle Gabel“ und den „romantischen Oedipus“ betrifft, so werden darin litterarische Richtungen gegeißelt, die der Vergangenheit angehören. Dennoch sind diese Dichtungen nicht veraltet; sie atmen eine so schöne Begeisterung für echte Kunst, daß sie eine dauernde Mahnung bleiben müssen für alle Zeiten dichterischer Verwahrlosung. Hier lockt Platen in der That „der Sprache Zierden ab, daß alle Welt erstaunet“:

„Weltgeheimnis ist die Schönheit, das uns lockt in Bild und Wort;
Wollt ihr sie dem Leben rauben, zieht mit ihr die Liebe fort:
Was noch atmet, zuckt und schaudert, alles sinkt in Nacht und Graus,
Und des Himmels Lampen löschen mit dem letzten Dichter aus!“

G.