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Graf Adolf IV. begründet Hamburgs Freiheit

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Textdaten
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Autor: Otto Beneke
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Titel: Graf Adolf IV. begründet Hamburgs Freiheit
Untertitel:
aus: Hamburgische Geschichten und Sagen, S. 57–61
Herausgeber:
Auflage: 2. unveränderte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1854
Verlag: Perthes-Besser & Mauke
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Erscheinungsort: Hamburg
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Originalherkunft:
Quelle: Google, Commons
Kurzbeschreibung:
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[57]
22. Graf Adolf IV. begründet Hamburgs Freiheit.
(1225.)

Als nun Graf Adolf die Schiffbecker Veste eingenommen hatte, sandte er Botschaft nach Hamburg, um Rath und Bürgerschaft aufzufordern, nunmehr ihm, ihrem rechtmäßigen Fürsten, die Thore zu öffnen und die Huldigung zu leisten. Da war guter Rath theuer in der Stadt; denn jetzt mußte es sich entscheiden, ob ihr Kaufvertrag mit dem Grafen von Orlamünde ihnen bleibend nützen werde, oder ob sie mit dem umsonst gezahlten Kaufschilling auch zugleich das noch viel theurere Gut der kaum genossenen Freiheit verlieren sollten. So willkommen den Bürgern der Graf Adolf als Landesherr in Holstein war, so ungern sahen sie wiederum einen Fürsten und Regenten ihrer Stadt. Aber so völlig sonder Arglist und Unrecht sie dazu gelangt waren, sich frei zu machen, und so billig ihr Wunsch war, sich frei zu erhalten, so fühlten sie doch wohl, daß Graf Adolf, der angestammte Erbe des [58] Landes, folglich auch ihrer Stadt, ein Recht auf ihre Unterwerfung hatte, das ungleich besser war, als das des ehrlichen Käufers eines geraubten Gutes.

Nach langen Berathungen, wobei die Verzagteren zu unbedingter Unterwerfung, die Uebermüthigen aber zu trotziger Abwehr riethen, kam man endlich zu dem Entschluß, einen friedlichen Austrag der Sache zu versuchen, mittlerweile aber für den Fall des Mißlingens alle Vertheidigungs-Anstalten zuzurüsten.

Es gingen also kurz vor Weihnacht Abgeordnete der Stadt ins gräfliche Lager vor der Schiffbecker Veste; sie wurden von Adolf im Kreise seiner Räthe, Ritter und Krieger unter freiem Himmel freundlich empfangen, und aufgefordert, ihre Meldung anzubringen. Die Abgeordneten redeten also, laut einer alten Ueberlieferung, etwa folgende ebenso bescheidene als feste Worte: „Gnädiger Graf und Herr! Wir sind gesandt, Euch willkommen zu heißen und Euch Glück zu wünschen. Wenn wir daneben auch mit einer freimüthigen Ansprache Euch kränken sollten, so thun wir es zwar ungern, aber die Liebe zur Vaterstadt und das Geheiß unsrer Mitbürger zwingt uns dazu. Das Unglück, das Euren Vater betraf, und uns der Herrschaft Dänemarks unterwarf, war uns schmerzlich; aber Euer Vater hatte allen seinen Ansprüchen auf unsre Stadt eidlich entsagt, und während mehr denn 20 Jahren war von den Schauenburgern nichts zu unsrer Befreiung geschehen. Mit Herzeleid ertrugen wir der Dänen Herrschaft, wie darnach die Oberhoheit des Grafen Albrecht von Orlamünde, den wir als unsern Herrn betrachten mußten, bis uns das Glück zu Theil ward, mit großen Opfern von ihm die Lösung unsrer Unterthänigkeit zu erkaufen und Freiheit zu erlangen. Arglist oder Verrath gegen Euch und Euer Recht kann uns nicht vorgeworfen werden; man müßte denn [59] die Natur der Geschöpfe Gottes anklagen, die schon den Vogel treibt, dem Käfig zu entfliehen, wenn er es vermag.“

„Noch Vieles könnten wir anführen, was uns vor den Schranken des Gerichts rechtfertigend zur Seite stünde, was hier aber im Lager des Krieges verhallen würde. Darum wenden wir uns vertrauensvoll an Eure Großmuth und Milde, denn wir wissen, unser Glück liegt Euch am Herzen. Erwägt unsere frühere wie jetzige Lage, setzet Euch an unsere Stelle, und prüfet darnach unsere Bitte: entsagt Eurem strengen Rechte zu Gunsten unsrer von Euren ruhmwürdigen Vorfahren geliebten Stadt, bestätigt uns in unsern wohlerworbenen Rechten und Freiheiten, so werden wie Euch freudig unsre Thore öffnen, Euch als unsern Schirmherrn annehmen, lieben und ehren:, solltet Ihr aber wider Verhoffen ein Mehreres verlangen, so müssen wie offen erklären, daß wie insgesammt entschlossen sind, keine Schmälerung unsrer Rechte zu leiden, sondern für das theure Gut unsrer Freiheit lieber zu sterben.“

Und als die Hamburgischen Gesandten diese Worte geredet, ließ der Graf sie in ein Gezelt führen und gut bewirthen, während er ging, seinen Entschluß zu fassen. Und seine Holsteinischen Räthe und Ritter, die Hamburg ungern aus dem Verbande ihres Landes scheiden sahen, wollten dem Grafen zureden, daß er das Begehr abschlüge und sich mit den Waffen ersiege, was seines Rechtes sei. Aber Graf Adolf’s Herz war getroffen von den Worten der Hamburger, und auch sein Geist erwog, wie seines Vaters, Adolf’s III., Liebe für die Stadt ihr schon den Weg der Unabhängigkeit, den sie inzwischen gegangen, vorgezeichnet habe, zu wachsender Bedeutsamkeit und Größe. Und also zurückblickend in die Vergangenheit und vorwärtsschauend in die ferne Zukunft, und die Bestimmung der Stadt nach dem Willen Gottes erkennend, wurde [60] es dem großherzigen edlen Jüngling leicht, den eignen Vortheil, seine Rechte über Hamburg aufzuopfern. Und er berief die Gesandten wieder vor sich und gewährte ihnen in freundlichen Worten ihr Ansuchen, und sicherte der Stadt ihre Freiheit feierlich zu.

Und als er bald darauf in die Stadt zog, da ist er von Rath und Bürgerschaft mit Freude und Jubel empfangen und willkommen geheißen, und nachdem sie vereint die Dänen-Veste am Eichholz erobert und zerstört, hat der Graf der Stadt eine Urkunde ausgefertigt, darin er ihr Kaiser Friedrichs Privilegium und alle sonst erworbenen Rechte und Freiheiten, auch die Zollfreiheit durch ganz Holstein, zugesichert hat. Und dies ist der rechte wahre Grundstein der Hamburgischen Freiheit geworden.

Darnach haben die Hamburger den Grafen als ihren Schirmherrn und Bundesfreund angenommen und anerkannt, und haben darauf den Deutschen Handschlag mit ihm gewechselt und unter Anrufung des Segens Gottes einen feierlichen Weintrunk mit ihm gehalten. Dann ist der edle Graf weiter gezogen in sein wieder gewonnenes Land.

Und als vor beinah 40 Jahren Hamburg von Französischer Gewaltherrschaft wieder erlös’t und im Genusse der alten neuerrungenen Freiheit der unschätzbare Werth dieses höchsten Erdengutes in allen Bürgern so recht lebendig geworden war, da gedachte man auch dankbar des trefflichen Fürsten, der vor 600 Jahren so großherzig den Grund zu solchem Glücke gelegt hatte. Und in Folge eines gemeinsamen Beschlusses des Rathes und der Oberalten (vom 9. October 1820) wurde im Namen der „dankbaren Republik“ dem Grafen Adolf IV. ein Denkmal gesetzt auf dem Platze vor dem von ihm gebauten Marien-Magdalenen-Kloster, welcher fortan den Namen „Adolfs-Platz“ bekam. Und als der neuen Börse das alte [61] Kloster weichen mußte, da wurde das Denkmal vor dem neuen Gebäude des letzteren am Glockengießer-Wall wieder aufgerichtet, wo es unter Blumen und Büschen, zuweilen von frommer Hand mit Kränzen geschmückt, hoffentlich noch recht lange mahnend und erinnernd stehen wird, denn, wie die Inschrift der dritten Erztafel im Grundsteine des Denkmals sagt: „Wer über seine Zeit hinaus, kommenden Geschlechtern liebend vorsorgt, den vergessen auch diese nicht, wenn gleich Jahrhunderte vergangen.“

Anmerkungen

[376] Das Bild Adolfs geben die älteren Geschichtsbücher.