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Getäuschte Liebe

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Textdaten
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Autor: Carl Streckfuß
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Titel: Getäuschte Liebe
Untertitel:
aus: Gedichte,
S. 97–104
Herausgeber:
Auflage: 1
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1804
Verlag: J. V. Degen
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Erscheinungsort: Wien
Übersetzer:
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Quelle: Commons; Google
Kurzbeschreibung:
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[97]

Getäuschte Liebe.


1.

So war es nur ein Traum, was ich gesehen,
     Und fort hat ihn die Morgenluft getragen?
     Noch wag’ ich kaum die Augen aufzuschlagen,
     Noch zweifl’ ich, und weiß nicht, wie mir geschehen.

5
„O komm, laß uns vereint durchs Leben gehen,

     Vereint uns freuen und vereinet klagen,“
     So schien zu mir ein holdes Weib zu sagen,
     Und Aethers Düfte fühlt’ ich um mich wehen.

Der Erde neu verknüpft durch süße Banden,

10
     Hatt’ ich der schönsten Hoffnung mich ergeben,

     Und alle Wolken meiner Sorgen schwanden.

Wie schön, wie heiter lachte mir das Leben,
     Wie herrlich lief vor mir in Zauberlanden
     Ein Blumenpfad zum Ziel von meinem Streben.


[98]

2.

Die Blumen sind verblüht, der Pfad verschwunden,
     Von dichter Wildniß seh’ ich mich umfangen,
     Die Luft ist schwühl, mein Herz fühl’ ich erbangen,
     Und trüb’ und düster schleichen meine Stunden,

5
Durch nichts bin ich an’s Leben mehr gebunden,

     Zum Tode treibt mich schmerzliches Verlangen.
     Was soll ich hier? Die Hoffnung ist vergangen,
     Und meines Lebens Ziel hab’ ich gefunden.

So nah’ ich mich mit starrem Blick dem Grabe,

10
     So fühl’ ich schon mein innres Leben schwinden,

     So fühl’ ich matt und ohne Kraft die Glieder —

Das trübe Daseyn nur ist meine Habe,
     Und gern legt’ ich, der Last mich zu entwinden,
     Mein müdes Haupt zum letzten Schlummer nieder.


[99]

3.

Ich bin so arm, so traurig, so verlassen,
     Und meiner Freude Blüthen sind zerstöret,
     Von harten Kämpfen ist mein Herz verzehret,
     Und glühn fühl’ ich mein Antlitz und erblassen.

5
Die ich so heiß geliebt, dich soll ich hassen?

     Verachten dich, die ich so hoch geehret?
     Vernichten, was ich liebevoll genähret?
     Mir lacht das Glück — ich darf es nicht umfassen.

Verlassen muß ich dich, dieß ist der Wille

10
     Der strengen Tugend, doch mit sanftem Winken

     Lockt Amor schmeichelnd mich zu dir zurücke.

Und daß in mir der bange Streit sich stille,
     Sehn’ ich mich, in die ew’ge Nacht zu sinken,
     Denn Leid nur sehn auf Erden meine Blicke.


[100]

4.

Kommt nun die Stunde, wo mit schnellem Flügel
     Der Lieb’ ich sonst an deine Brust geflogen,
     Dann toben in mir wilder Sehnsucht Wogen,
     Und der Vernunft entringt der Gram die Zügel.

5
Mich treibts von Menschen weg — Durch Thal und Hügel,

     Durch Sturm und Schnee gewaltsam fortgezogen,
     Eil’ ich und sinne: Sie hat mich betrogen,
     Und ach! ihr Antlitz war der Wahrheit Spiegel.

Wie schön sie war, wie gut, wie treu ergeben —

10
     Voll holder Einfalt schien ihr ganzes Wesen,

     Von hoher Tugend schien ihr Herz entzündet.

O schöner Traum, o Glück von meinem Leben,
     O kehre wieder, immer dich zu lösen,
     Bis meines Lebens Licht in Nacht verschwindet.


[101]

5.

So treu, so innig war ich dir ergeben,
     Und du — du konntest so mein Herz betrügen?
     Noch zweifl’ ich, ob nicht meine Sinne lügen,
     Ob Truggestalten nicht den Blick umschweben.

5
Allein nach mir schien ja dein Wunsch zu streben,

     Und heiße Liebe sprach aus allen Zügen,
     Wie eiltest du, in meinen Arm zu fliegen,
     Wie schienst du ganz in meinem Blick zu leben!

Wie reich fühlt’ ich mich da an tausend Wonnen,

10
     Mit ewig jungen Blumen deine Pfade

     Zu schmücken, jeden Schmerz von dir zu scheuchen.

Doch arm ist nun mein Herz, die Kraft zerronnen —
     Mir selbst blüht nun kein Blümchen am Gestade,
     Ich selbst muß kraftlos meinem Kummer weichen.


[102]

6.

Voll Seeligkeit, vom schönsten Traum geblendet,
     Von deinen Armen innig heiß umwunden,
     War mir des Pilgerlebens Angst verschwunden,
     Und Herz und Sinn mir wunderbar gewendet.

5
Dich, rief ich, hat ein Gott mir zugesendet,

     Nun bluten nicht mehr meiner Sehnsucht Wunden,
     In dir hab’ ich des Lebens Ziel gefunden,
     Und wohl mir nun, mein Irren ist beendet.

Du sahst mich an, es schwamm dein Blick in Thränen —

10
     Mein Freund, mein Einziger, hört’ ich dich lallen,

     Und fühlte heiß dein Herz an meinem schlagen —

Wie sollt’ ich da nicht hochbeglückt mich wähnen?
     Wer zweifelt noch, wenn voll von Wohlgefallen,
     Ich liebe dich, ihm deine Augen sagen.


[103]

7.

Und diese treuen Augen konnten trügen,
     Und dieses Blickes sanftes Wohlgefallen,
     Und dieses Busens liebevolles Wallen?
     Und diese Schmeichelworte konnten lügen?

5
Nicht trauen sollt’ ich diesen edeln Zügen —

     Ich seh’ es nun, der Schleyer ist gefallen;
     Doch wem soll noch mein Herz entgegenwallen,
     An wen soll ich mich noch vertrauend schmiegen?

So will ichs denn mit festem Muthe schwören,

10
     Von nun an wandl’ ich einsam durch das Leben,

     Will keiner mehr die Hand zum Bündniß reichen.

Und sollte mich des Edeln Schein bethören,
     Dann soll den Wankenden dein Bild umschweben,
     Mich warnend in mich selbst zurück zu scheuchen.


[104]

8.

Dir zürn’ ich nicht, du hast mich nicht betrogen,
     Denn was du hattest, hast du mir gegeben;
     Schuld ist mein Herz, mit seinem heißen Streben,
     Das Engelstugend mir an dir gelogen.

5
Ich schuf dich mir — der Erde leicht entflogen,

     Riß ich dich hin, mit mir empor zu schweben;
     Auch blüht’ in dir ein neues, schönes Leben,
     Als ich in meine Welt dich fortgezogen.

Doch matt vom hohen, ungewohnten Fluge,

10
     Fielst du zurück durch deines Wesens Schwere,

     Und warfest von dir, was ich dir geliehen.

Da schwand dein Reiz, da staunt’ ich ob dem Truge,
     Da riß ich mich von dir, der lichten Sphäre
     Des Vaterlandes einsam zuzufliehen.