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Gestörte Abendmahlzeit

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Textdaten
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Autor: unbekannt
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Titel: Gestörte Abendmahlzeit
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 37, S. 589, 592
Herausgeber: Ernst Keil
Auflage:
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Erscheinungsdatum: 1867
Verlag: Verlag von Ernst Keil
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Erscheinungsort: Leipzig
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Originalherkunft:
Quelle: Scans bei Commons
Kurzbeschreibung: Der Fuchs und die Häschen
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Bearbeitungsstand
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[589]

Gestörte Abendmahlzeit.
Für die Gartenlaube gezeichnet von Ludwig Beckmann.

[592] Gestörte Abendmahlzeit. (S. Seite 589.) Wir glauben unseren Lesern zutrauen zu dürfen, daß sie beim ersten Blick auf diese Illustration den Griffel des Meisters erkennen, dem die Gartenlaube schon so manches schöne Bild verdankt. Es ist Ludwig Beckmann, der berühmte Thiermaler und Thierkenner, welcher über den Gegenstand seiner Darstellung uns Folgendes mittheilt: Drei junge Häschen – von der Mutter bereits sich selbst überlassen – haben sich gegen Sonnenuntergang zum ersten Male aus ihrem Versteck im hohen Wiesengrase hervorgewagt, um auf einem freien Plätzchen jungen Klee und zarte Blättchen zur Abendmahlzeit aufzusuchen. Da führt ein unglücklicher Zufall den Erzschelm Reineke über den Wiesenpfad und der verrätherische Wind hat seiner feinen Nase sofort den Aufenthalt der drei harmlosen Gesellen kund gethan. In weitem Bogen, vorsichtig auf dem Bauche dahinkriechend, hat Reineke sich unbemerkt herangeschwindelt und steht nun plötzlich, wie aus der Erde hervorgewachsen, dicht hinter seinen unglücklichen Schlachtopfern.

Das erste Häschen – links im Vordergrund – scheint noch keine Ahnung der drohenden Gefahr zu haben, es knabbert lustig weiter im saftigen Blätterwerk; das mittlere aber hat ein leises Rascheln vernommen und richtet sich auf, vielleicht in der sichern Erwartung, die lang vermißte Mama einmal wieder zu sehen. Allein statt der bekannten mütterlichen Visage erblickt unser Häschen plötzlich ein wildfremdes, spitzschnauziges Gesicht, dessen grünfunkelnde Augen eben nichts Gutes verheißen. Verblüfft glotzt das Thier die unheimliche Erscheinung an, den halbverzehrten Kleestengel vor Schrecken unbeweglich zwischen den Zähnen haltend. Aber auch sein Brüderchen zur Rechten hat bereits Verdacht geschöpft; es sah und hörte die Halme sich bewegen, wagt indessen kaum die bereits halb erhobenen Löffel völlig aufzurichten und schielt in seiner Herzensangst rückwärts nach dem verdächtigen Gegenstande, bereit, bei dessen geringster Bewegung Reißaus zu nehmen. Allein Reineke weiß sehr wohl, daß die Unglücklichen wie festgebannt an ihrem Platze verharren werden, so lange er sich nicht rührt; er steht daher unbeweglich wie ein Steinbild, und während sein Auge bereits vor Mordlust funkelt, überlegt er nur noch, in welcher Reihenfolge er die drei Brüder wohl am sichersten erschnappen möge!