Gesetz, betreffend die Stellenvermittelung für Schiffsleute
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(Nr. 2873.) Gesetz, betreffend die Stellenvermittelung für Schiffsleute. Vom 2. Juni 1902.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:
§. 1.
[Bearbeiten]- Auf die gewerbsmäßige Stellenvermittelung für Schiffsleute finden die Vorschriften der Gewerbeordnung insoweit Anwendung, als nicht nachstehend besondere Bestimmungen getroffen sind.
§. 2.
[Bearbeiten]- Wer die Stellenvermittelung für Schiffsleute gewerbsmäßig betreiben will, bedarf dazu der Erlaubniß der höheren Verwaltungsbehörde.
- Die Erlaubniß ist zu versagen:
- 1. wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Nachsuchenden in Bezug auf den beabsichtigten Gewerbebetrieb darthun;
- 2. wenn der Nachsuchende eines der im §. 3 Abs. 1 bezeichneten Gewerbe betreibt; die Landes-Zentralbehörden sind befugt, Ausnahmen von dieser Vorschrift zuzulassen.
§. 3.
[Bearbeiten]- Wer die Stellenvermittelung für Schiffsleute gewerbsmäßig betreibt, darf gewerbsmäßige Vermiethung von Wohn- und Schlafstellen, Gastwirthschaft, Schankwirthschaft, Kleinhandel mit geistigen Getränken, Handel mit Ausrüstungsgegenständen für Schiffsleute und das Geschäft eines Geldwechslers oder Pfandleihers weder selbst noch durch Andere betreiben. Die Landes-Zentralbehörden sind befugt, Ausnahmen von dieser Vorschrift zuzulassen.
- Der Stellenvermittler darf ferner mit Gewerbetreibenden der vorbezeichneten Art nicht dergestalt in Geschäftsverbindung treten, daß er sich für die Ausübung seiner Vermittlerthätigkeit von ihnen Vergütungen irgend welcher Art gewähren oder versprechen läßt.
§. 4.
[Bearbeiten]- Die den Stellenvermittlern für Schiffsleute zukommenden Gebühren werden durch Taxen bestimmt, welche von den Landesregierungen oder den von diesen bezeichneten Behörden nach Anhörung von Vertretern der Stellenvermittler, der Rheder und der Schiffsleute festgesetzt werden.
- Die Gebühr ist von dem Rheder und dem Schiffsmanne je zur Hälfte zu zahlen; eine entgegenstehende Vereinbarung zu Ungunsten des Schiffsmanns ist [216] nichtig. Der Anspruch des Stellenvermittlers auf die vom Rheder zu zahlende Hälfte erlischt, wenn der Schiffsmann seinen Dienst nicht zur festgesetzten Zeit antritt.
§. 5.
[Bearbeiten]- Die Landesregierungen erlassen Vorschriften darüber, in welcher Weise die Stellenvermittler für Schiffsleute ihre Bücher zu führen und welcher polizeilichen Kontrole über den Umfang und die Art ihres Geschäftsbetriebs sie sich zu unterwerfen haben.
§. 6.
[Bearbeiten]- Die Erlaubniß zum Gewerbebetriebe muß zurückgenommen werden, wenn aus Handlungen oder Unterlassungen des Inhabers die Unzuverlässigkeit desselben in Bezug auf den Gewerbebetrieb klar erhellt.
- Die Unzuverlässigkeit in Bezug auf den Gewerbebetrieb ist stets anzunehmen, wenn der Stellenvermittler wiederholt die festgesetzte Gebührentaxe überschritten oder sich außer den taxmäßigen Gebühren Vergütungen irgend welcher Art von dem Schiffsmanne hat gewähren oder versprechen lassen, oder wenn er dem Verbote des §. 3 zuwiderhandelt.
- Stellenvermittlern für Schiffsleute, welche vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes den Gewerbebetrieb begonnen haben, muß derselbe untersagt werden, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf den Gewerbebetrieb darthun.
§. 7.
[Bearbeiten]- Wegen des Verfahrens und der Behörden, welche in Bezug auf die Zurücknahme der Erlaubniß und die Untersagung des Gewerbebetriebs maßgebend sind, gelten die Vorschriften der §§. 20, 21 der Gewerbeordnung.
§. 8.
[Bearbeiten]- Mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Haft wird bestraft:
- 1. wer den Gewerbebetrieb eines Stellenvermittlers für Schiffsleute ohne die vorgeschriebene Erlaubniß unternimmt oder fortsetzt oder von den bei Ertheilung der Erlaubniß festgesetzten Bedingungen abweicht;
- 2. ein Stellenvermittler für Schiffsleute, welcher
- a) einen nach §. 3 Abs. 1 ihm verbotenen Gewerbebetrieb unternimmt oder fortsetzt, oder welcher sich von Gewerbetreibenden der dort bezeichneten Art für die Ausübung seiner Vermittlerthätigkeit Vergütungen irgend welcher Art gewähren oder versprechen läßt;
- b) die von der Behörde festgesetzte Taxe überschreitet, oder sich außer den taxmäßigen Gebühren Vergütungen anderer Art von dem Schiffsmanne gewähren oder versprechen läßt;
- c) es unternimmt, einen Schiffsmann zum Bruche des eingegangenen Heuervertrags zu verleiten; [217]
- 3. ein Gewerbetreibender der im §. 3 Abs. 1 bezeichneten Art, welcher es unternimmt, einen Stellenvermittler für Schiffsleute durch Gewährung oder Versprechung von Vergütungen irgend welcher Art zu einer den Interessen des Schiffsmanns widerstreitenden Ausübung der Vermittlerthätigkeit zu bestimmen.
§. 9.
[Bearbeiten]- Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfünfzig Mark oder mit Haft wird bestraft:
- 1. ein Stellenvermittler für Schiffsleute, welcher den im §. 5 bezeichneten Vorschriften zuwiderhandelt;
- 2. ein Stellenvermittler für Schiffsleute oder ein Gewerbetreibender der im §. 3 Abs. 1 bezeichneten Art, welcher im Inlande den von einer zuständigen Behörde erlassenen Vorschriften zur Verhinderung des vorzeitigen Betretens einlaufender Schiffe und des Anbordbringens von geistigen Getränken zuwiderhandelt;
- 3. der Kapitän, der im Inlande den Vorschriften einer zuständigen Behörde, im Auslande den Anordnungen eines Seemannsamts zuwider Stellenvermittler für Schiffsleute oder Gewerbetreibende der im §. 3 Abs. 1 bezeichneten Art an Bord läßt oder an Bord duldet;
- 4. der Kapitän, welcher es unterläßt, dafür zu sorgen, daß ein Abdruck dieses Gesetzes im Volkslogis zugänglich ist (§. 10).
- In den Fällen des Abs. 1 Nr. 3, 4 kommen im Auslande für die Festsetzung der Strafe und für das weitere Verfahren die in den §§. 5, 122 bis 125 der Seemannsordnung enthaltenen Vorschriften zur Anwendung.
§. 10.
[Bearbeiten]- Ein Abdruck dieses Gesetzes muß auf jedem deutschen Kauffahrteischiff im Volkslogis zur jederzeitigen Einsicht der Schiffsleute vorhanden sein.
§. 11.
[Bearbeiten]- Dieses Gesetz tritt am 1. April 1903 in Kraft.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Neues Palais, den 2. Juni 1902.