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Gesetz, betreffend die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika

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Gesetzestext
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Titel: Gesetz, betreffend die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika.
Abkürzung:
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Rechtsmaterie:
Fundstelle: Deutsches Reichsgesetzblatt Band 1891, Nr. 10, Seite 53–57
Fassung vom: 22. März 1891
Ursprungsfassung:
Bekanntmachung: 28. März 1891
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(Nr. 1945.) Gesetz, betreffend die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika. Vom 22. März 1891.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.

verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

§. 1.

Zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit in Deutsch-Ostafrika, insbesondere zur Bekämpfung des Sklavenhandels wird eine Schutztruppe verwendet, deren oberster Kriegsherr der Kaiser ist.

I. Bildung, Ergänzung und Rechtsverhältnisse.

§. 2.

Die Schutztruppe wird gebildet:
a) aus Offizieren, Ingenieuren des Soldatenstandes, Sanitätsoffizieren, Beamten und Unteroffizieren des Reichsheeres und der Kaiserlichen Marine, welche auf Grund freiwilliger Meldung der Schutztruppe zeitweise zugetheilt werden,
b) aus angeworbenen Farbigen.

§. 3.

Die der Schutztruppe zugetheilten deutschen Militärpersonen und Beamten scheiden aus dem Heere und, soweit sie der Kaiserlichen Marine angehören, aus dem Etat der letzteren aus.
Sie gelten als außer diesem Etat stehende, zeitweise abkommandirte Angehörige der Kaiserlichen Marine.
Die der Schutztruppe zugetheilten Civilbeamten der Militär- oder Marineverwaltung gelten als Militärbeamte. [54]

§. 4.

Die hinsichtlich des strafgerichtlichen Verfahrens gegen die der Schutztruppe zugetheilten Militärpersonen durch die besonderen Verhältnisse der Schutztruppe gebotenen Abweichungen von den Vorschriften der Militär-Strafgerichtsordnung werden durch Kaiserliche Verordnung bestimmt.

II. Versorgung.

§. 5.

In Betreff der Versorgungsansprüche der der Kaiserlichen Schutztruppe zugetheilten Militärpersonen und ihrer Angehörigen finden die Bestimmungen, welche für die aus dem Marine-Etat besoldeten Militärpersonen gelten, mit den nachstehenden Maßgaben Anwendung.

§. 6.

Als Dienstbeschädigung ist außer den in den §§. 3, 51 und 59 des Reichs-Militärpensionsgesetzes vom 27. Juni 1871 erwähnten Beschädigungen auch die auf die klimatischen Einflüsse während der Zugehörigkeit zur Schutztruppe zurückzuführende bleibende Störung der Gesundheit anzusehen.
Die Entscheidung darüber, ob eine mit dem Dienst in der Schutztruppe in ursächlichem Zusammenhange stehende Dienstbeschädigung vorliegt, erfolgt für diejenigen Personen des Soldatenstandes, welche in das Heer zurückgetreten sind, durch die oberste Militärverwaltungsbehörde des Kontingents im Einvernehmen mit dem Reichskanzler (Reichs-Marine-Amt).

§. 7.

Bei Bemessung der Höhe der Pension bleiben die Bezüge in der Schutztruppe außer Betracht. Hinsichtlich der Offiziere, Ingenieure des Soldatenstandes, Deckoffiziere, Sanitätsoffiziere und oberen Beamten gelten als pensionsfähiges Diensteinkommen die Gebührnisse, welche ihnen nach ihrem Dienstalter und ihrer Charge in der Kaiserlichen Marine zustehen würden.
Als pensionsfähiges Diensteinkommen gilt:
für den Oberbüchsenmacher der Betrag von 2.200 Mark,
für Feldwebel der Betrag von 2.000 Mark,
für Büchsenmacher, Sergeanten, Unteroffiziere und Lazarethgehülfen der Betrag von 1.600 Mark,
und für das sonstige Personal der Schutztruppe der Betrag von 1.200 Mark,
jährlich.

§. 8.

Die Bemessung der Pension der Personen des Soldatenstandes der Unterklassen erfolgt unbeschadet ihres Anspruchs auf Pensionserhöhung und den Civilversorgungsschein [55] nach den Bestimmungen des Reichsbeamtengesetzes, sofern es für sie günstiger ist.

§. 9.

Jeder Offizier, Ingenieur des Soldatenstandes, Deckoffizier, Sanitätsoffizier oder obere Beamte, welcher nachweislich durch den Dienst in der Schutztruppe invalide und zur Fortsetzung des aktiven Militär- oder Seedienstes unfähig geworden ist, erhält an Stelle der im §. 12 des Gesetzes vom 27. Juni 1871 vorgesehenen Pensionserhöhung eine Erhöhung der Pension, welche beträgt:
a) 1.020 Mark jährlich, wenn die Pensionirung aus der Charge eines Deckoffiziers beziehungsweise eines Lieutenants oder Hauptmanns (Kapitän-Lieutenants) II. Klasse oder, bei oberen Beamten, aus einem pensionsfähigen Diensteinkommen von weniger als 3.600 Mark erfolgt,
b) 750 Mark jährlich, wenn die Pensionirung aus einer anderen militärischen Charge (§. 7) oder, bei oberen Beamten, aus einem pensionsfähigen Diensteinkommen von 3.600 Mark und darüber erfolgt.
Militärpersonen der Unterklassen, welche in der vorbezeichneten Weise ganz invalide geworden sind, erhalten an Stelle der im §. 71 a. a. O. vorgesehenen Zulage eine Pensionserhöhung von jährlich 300 Mark.
Für diejenigen, welche der Schutztruppe ohne Unterbrechung länger als drei Jahre angehört haben, findet für jedes weitere volle Dienstjahr eine Steigerung der Pensionserhöhung um ein Sechstel bis zur Erreichung des Doppelbetrages statt.

§. 10.

Bei denjenigen aus dem Dienst der Kaiserlichen Schutztruppe scheidenden Personen, welche derselben ununterbrochen mindestens zwölf volle Jahre angehört haben, ist eingetretene Dienstunfähigkeit nicht Vorbedingung des Anspruchs auf Pension.
Für den Anspruch auf die Pensionserhöhungen (§. 9) ist jedoch der Nachweis der Invalidität erforderlich.

§. 11.

Die Zeit der Verwendung in Afrika wird bei der Pensionirung doppelt in Anrechnung gebracht, sofern sie mindestens sechs Monate ohne Unterbrechung gedauert hat. Seereisen außerhalb der Ost- und Nordsee rechnen hierbei der Verwendung in Afrika gleich.
Ausgenommen von dieser Doppelrechnung ist die in solche Jahre fallende Dienstzeit, welche bereits als Kriegsjahr zu erhöhtem Ansatz kommt.
Die Doppelrechnung der Dienstjahre in der Schutztruppe hat auch für diejenigen Militärpersonen stattzufinden, welche ohne Pension aus der Schutztruppe in ihr früheres Dienstverhältniß zurücktreten und demnächst aus diesem letzteren Dienstverhältniß pensionirt werden. [56]

§. 12.

Versorgungsansprüche wegen einer in der Schutztruppe erlittenen inneren Dienstbeschädigung können nur innerhalb sechs Jahren nach dem Ausscheiden aus der Schutztruppe geltend gemacht werden.
Bei Verwundungen, äußeren Dienstbeschädigungen und der kontagiösen Augenkrankheit ist die Geltendmachung von Versorgungsansprüchen ohne Zeitbeschränkung zulässig.
Versorgungsansprüche, die nicht wegen Dienstbeschädigung erhoben werden, sind nur insoweit zulässig, als sie bis zum Ausscheiden aus der Schutztruppe erhoben sind.

§. 13.

Scheiden Personen des Soldatenstandes aus der Schutztruppe mit Pension aus, so beginnt die Zahlung der letzteren mit dem Ablauf des Vierteljahres, welches auf den Monat folgt, in welchem das Ausscheiden stattgefunden hat. Bis zum Beginn der Pensionszahlung wird dem Pensionär das bisherige Gehalt belassen.

§. 14.

Werden Militärpersonen nach dem Ausscheiden aus der Schutztruppe wegen einer mit dem Dienst in letzterer in ursächlichem Zusammenhange stehenden Dienstbeschädigung pensionirt, nachdem sie in den Dienst des Heeres oder der Kaiserlichen Marine wieder übernommen waren, so fällt die gesammte von ihnen erdiente Pension dem ordentlichen Pensionsfonds zur Last.

§. 15.

Hinterläßt eine der Schutztruppe angehörige Person des Soldatenstandes eine Wittwe oder eheliche Nachkommenschaft, so gebührt den Hinterbliebenen für das auf den Sterbemonat folgende Vierteljahr noch das volle Gehalt des Verstorbenen.

§. 16.

Die in den §§. 41 ff., §. 56 und §§. 94 ff. des Gesetzes vom 27. Juni 1871 vorgesehenen Beihülfen stehen den Hinterbliebenen auch dann zu, wenn der Tod in Folge einer militärischen Aktion oder klimatischer Einflüsse und vor Ablauf von sechs Jahren nach dem Ausscheiden aus der Schutztruppe eingetreten ist.
Die Bestimmungen dieses Paragraphen finden auf die Angehörigen solcher Militärpersonen, welche nach einer militärischen Aktion vermißt werden, gleichmäßig Anwendung, wenn nach dem Ermessen der obersten Militärverwaltungsbehörde das Ableben mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist.

§. 17.

Oberste Verwaltungs- beziehungsweise Reichsbehörde im Sinne der Pensionsgesetze ist für die Kaiserliche Schutztruppe der Reichskanzler (Reichs-Marine-Amt). [57]

III. Uebergangsbestimmungen.

§. 18.

Außer den im §. 2 lit. a bezeichneten Militärpersonen können in die Schutztruppe auch solche Deutsche übernommen werden, welche der von dem Reichskommissar für Ostafrika angeworbenen Truppe angehören. Sie erhalten hierdurch die Rechte und Pflichten der vorerwähnten Militärpersonen.

§. 19.

Für die in die Schutztruppe übernommenen Personen ist der in der Truppe des Reichskommissars bereits abgeleistete Dienst im Sinne dieses Gesetzes demjenigen in der Schutztruppe gleich zu achten.

§. 20.

Denjenigen aus dem Heere oder der Kaiserlichen Marine zur Truppe des Reichskommissars übergetretenen Militärpersonen, welche aus dieser bereits ausgeschieden sind oder in die Kaiserliche Schutztruppe nicht übernommen werden, und ihren Hinterbliebenen können Versorgungsansprüche nach Maßgabe der bisherigen Bestimmungen über die Versorgung der Militärpersonen des Heeres und der Kaiserlichen Marine und ihrer Hinterbliebenen vom Reichskanzler zugestanden werden.
Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin, den 22. März 1891.
(L. S.)  Wilhelm.

  von Caprivi.