Gesetz, betreffend den Ersatz von Kriegsschäden und Kriegsleistungen
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(Nr. 660.) Gesetz, betreffend den Ersatz von Kriegsschäden und Kriegsleistungen. Vom 14. Juni 1871.
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc.
verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:
Artikel 1.
- Für Schäden an Mobilien und Immobilien, welche im Laufe des letzten Krieges Seitens des Französischen oder Deutschen Heeres durch Beschießung in dem bisherigen Bundesgebiete oder in Elsaß-Lothringen belegener Orte oder durch Brandlegung zu militairischen Zwecken in solchen Orten verursacht worden sind, wird aus den bereitesten Mitteln der von Frankreich zu zahlenden Kriegsentschädigung nach folgenden Grundsätzen Vergütung gewährt.
- 1) Die zerstörten Immobilien und Mobilien werden nach dem vollen Werth vergütet. Hat nur eine Beschädigung der Sachen stattgefunden, so wird für die hieraus erwachsene Werthsverminderung Ersatz geleistet.
- 2) Unter dem in Nr. 1. gedachten Werthe ist derjenige zu verstehen, welchen die Sachen zur Zeit ihrer Zerstörung beziehungsweise Beschädigung gehabt haben.
- 3) Für Verluste, welche durch Versicherung gedeckt sind, wird Entschädigung nicht gewährt.
- 4) Entschädigung für Immobilien wird ohne Rücksicht auf die Staatsangehörigkeit des Beschädigten gewährt; jedoch kann nach Umständen Sicherheitsleistung wegen Verwendung der Entschädigungsgelder zur Wiederherstellung des Grundstücks gefordert werden. Entschädigung für Mobilien wird nur solchen Beschädigten, welche zur Zeit der Verkündigung dieses Gesetzes in Deutschland ihren Wohnsitz haben und sofern sie nicht Deutsche Angehörige sind, nur dann gewährt, wenn die Regierung ihres Heimathslandes für den gleichen Fall die Gegenseitigkeit zusagt. [248]
Artikel 2.
- Aus der im Artikel 1. gedachten Kriegsentschädigung werden ferner diejenigen Kriegsleistungen vergütet, welche von den Bewohnern von Elsaß-Lothringen im Laufe des letzten Krieges auf Anordnung der Deutschen Militairbehörden und gegen Anerkenntniß der letzteren geleistet worden sind.
- Die Vergütung erfolgt nach Maßgabe der über die Vergütung von Kriegsleistungen im Norddeutschen Bunde bestehenden gesetzlichen Bestimmungen.
Artikel 3.
- Ueber die nach Maßgabe der vorstehenden Bestimmungen zu gewährende Vergütung wird für jeden einzelnen Fall durch Kommissionen endgültig entschieden, welche von der Landesregierung, in Elsaß-Lothringen vom Reichskanzler zu bilden sind. Die Kommissionen sind bei ihren Entscheidungen an die Festsetzungen gebunden, welche der Bundesrath zur Wahrung einer angemessenen und gleichmäßigen Handhabung der Vorschriften im Artikel 1. treffen wird. Ihre Beschlüsse werden nach Stimmenmehrheit gefaßt. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vorsitzenden. Die Kommissionen haben das Recht, die Behörden selbstständig zu requiriren, Zeugen eidlich zu vernehmen oder vernehmen zu lassen, eidesstattliche Versicherungen abzunehmen oder abnehmen zu lassen, auch den Liquidanten präklusivische Fristen für die Anmeldung oder Begründung ihrer Forderungen zu bestimmen.
Artikel 4.
- Die Auszahlung der nach Artikel 3. festgestellten Vergütung an die Betheiligten geschieht durch die Landesbehörden. Die Letzteren sind berechtigt, die von ihnen etwa gewährten Vorschüsse in Abzug zu bringen.
- Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
- Gegeben Berlin, den 14. Juni 1871.