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Geschichtsauffassung und Geschichtsschreibung/VII. Die humanistische Hofgeschichtschreibung unter Kaiser Maximilian

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VII.
Die humanistische Hofgeschichtschreibung unter Kaiser Maximilian.

Überblickt man die Masse der literarischen Hervorbringungen des deutschen Humanismus, so scheint es, als schlössen sie sich alle um einen einzigen Mittelpunkt zusammen: Maximilian. Auf Tausenden von Widmungsblättern prangt sein Name. Von den philosophischen Spekulationen Picos von Mirandula bis zu dem deutschen Livius und Vegetius ist nichts, wofür man ihm nicht Interesse zutraut. Und es ist nicht bloß ein empfangendes Mäzenatentum, das man ihm zuschreibt. Was Cuspinian aussprach, das war die allgemeine Meinung des humanistischen Chorus: Eius ductu literae Hebraicae, Graecae ac Latinae, elegantiores quoque disciplinae quasi in Germania primum ortae sunt ac paulatim succreverunt et tandem vi ac impetu quodam eruperunt.[1] Max ist wenigstens für die deutschen Humanisten selbst der Schöpfer dieser ganzen humanistischen Kultur.

Man wird auf das Lob von Leuten, die selbst an dem schläfrigen Friedrich III. allerlei mäzenatische Interessen zu entdecken wußten, nicht viel geben. Aber das ist sicher: Maximilian hat die humanistische Kultur in Deutschland zwar nicht geschaffen, aber er hat sie mit der lebendigsten Anteilnahme erfaßt und gefördert.

Aber kommt er auch von ihr her? Oder gehört er ihr auch nur innerlich an? Allerdings, er liest den Cäsar und spricht Latein trotz schlechter Jugendbildung, wie Beatus Rhenanus von ihm rühmt, er sammelt Münzen und Inschriften, wie die Päpste und die italienischen Tyrannen. In seinen Schlössern in Graz und Cilli stehen Grabsteine römischer Legionare, einen in Ettlingen gefundenen Neptun hat er 1511 nach Weißenburg, einen Herkules aus der Reichenau nach Innsbruck führen lassen.[2] Wenn er 1499, mit Pirckheimer auf der Fahrt über den Bodensee, einem Schreiber Stücke einer Selbstbiographie im „Reuterlatein“ diktiert, so mochte dieser wohl an Cäsar denken, wenn er mit Aldus Manutius über die Errichtung einer Akademie in [197] Wien verhandelt oder das Poetenkollegium im Sinne der „alten Kaiser, seiner Vorgänger“ stiftet, so konnte man an einen deutschen Augustus glauben.[3]

Aber doch ist dies alles für Maximilian nur ein Gewand, in dem er nie ganz heimisch wird. Der Herrscher, der sein Privatleben in einem allegorischen Gedicht und sein öffentliches in einem Ritterroman beschreibt, der das Heldenbuch zusammenstellen läßt und uns damit die Gudrun erhalten hat, der in Schloß Runkelstein die alten gemalten Geschichten vom Tristan erneuert und ein Werk über Feirefis plant[4], steht anders zu den geistigen Strömungen der Zeit, als etwa die Tübinger um Bebel, die über die inepta carmina von Dietrich von Bern und von dem Riesen Fasolt spotten, und auch anders als Celtis und sein Kreis.

Von der Überzeugung, die auch die deutschesten der Humanisten beseelte, daß man eben doch die angeborene Barbarei abtun müsse, um in das Reich der wahren Bildung einzugehen, ist keine Spur bei ihm. In einer überaus merkwürdigen Stelle seiner autobiographischen Aufzeichnungen[5] erzählt er, wie er sich als Knabe dagegen gesträubt habe, von seinem Lehrer „in poetica ac aliis artibus liberalibus“ unterwiesen zu werden; er wollte lieber Geschichten von hochgemuten Königen hören und die weltlichen Künste lernen, die man außerhalb der Schule sich erwirbt. – So ist er geblieben. Wenn er sich zu Worms von den Fürsten in seinen Königsrechten bedrängt sieht, dann fällt ihm kein Vergleich aus der Antike ein, sondern er sagt, er wolle kein Herrscher sein, den man, wie weiland König Gunther, gebunden an die Wand henken könne, er läßt auf demselben Reichstag nach den Gebeinen des hürnenen Siegfried graben[6], und wenn er um sein Grabmal die Erzbilder seiner Ahnen und Lieblingsgestalten versammelt, so sind darunter König Artus und Theoderich.

Maximilians eigentliches Wesen wurzelt doch, wie es der Beiname „der letzte Ritter“, oder wie man auch hat sagen wollen, „der letzte Epiker“, richtig ausspricht, in der mittelalterlichen Kultur des Rittertums, und diese ist bei ihm eine ähnliche Verbindung mit dem Humanismus eingegangen, wie bei den burgundischen Ahnen seiner Gemahlin oder bei den Estes, die Ariost beschützten. Vielleicht hat er damit gerade die zukunftsreichsten Triebe des deutschen Humanismus gefördert – poetisch war auch an den Allegorien des Teuerdank doch mehr als etwa an der albernen Göttermaschinerie, die Richard Bartholinus in seiner Austrias in Bewegung setzte –, aber wir werden doch, auch auf dem Gebiet der Geschichtschreibung, wenn wir recht [198] scheiden wollen, aus der Menge humanistischer Unternehmungen, die sich an seinen Namen hängen, diejenigen, denen er ihn nur geliehen hat, von denen sondern müssen, die wirklich aus seinem Geiste hervorgegangen sind.

Und da verengt sich der Kreis. Wir sahen, wie er auch der Protektor der Germania illustrata geworden ist. Beatus Rhenanus berichtet, daß er Belohnungen auf die Auffindung alter deutscher Urkunden gesetzt habe, Melanchthon auf Grund von Äußerungen des Stabius, daß Maximilian eine deutsche Chronik aus den widersprechenden Nachrichten der Provinzialgeschichten habe zusammenlesen lassen wollen.[7] Aber es gibt keine Beweise dafür, daß diese Pläne auch nur angerührt worden sind, und den Gedanken der Germania illustrata hat Celtis, wie wir sahen, nach Wien gebracht, und er ist mit ihm von dort verschwunden. Aber es gibt von Celtis noch einen anderen historischen Plan: Er wollte eine Theodericeis schreiben, ein Epos auf den Gotenkönig, das zugleich eine Geschichte Deutschlands enthalten hätte[8], – wenn er den Gedanken dazu nicht von Maximilian erhalten hat, so hat er ihn ganz aus seinem Geiste erfunden.

Denn das historische Interesse des Kaisers richtete sich zunächst auf seine und seiner Vorfahren Taten, die ihm Jakob Mennel noch auf dem Sterbebette vorlesen mußte, und es blieb im letzten Grunde – das hat schon Cuspinian gut gesehen[9] – ein genealogisches. Freilich genealogisch im weitesten Sinne, das ihn einerseits, wie bei dem Innsbrucker Grabmal, über die Ahnherrn des eigenen Hauses hinaufführt zu Gottfried von Bouillon, Theudebert von Burgund, Chlodwig, Theoderich und Artus – oder auch zu den „Heiligen des Hauses Österreich“, wie er sie in einer Holzschnittfolge darstellen ließ – und anderseits, wie in dem zweiten großen Denkmal, das er für den Speirer Dom plante[10], auch ohne es vollenden zu können, zu seinen dort ruhenden Vorgängern auf dem Kaiserthrone, deren Reihe sich ihm so natürlich wie nur je einem Kaiserreihenschreiber des Mittelalters bis auf Cäsar fortsetzte. Die Geschichtschreibung Maximilians, die er selbst pflegt oder pflegen läßt, ist also, wie Heinrich Ulmann und Simon Laschitzer treffend gesagt haben[11], in erster Linie persönlich und dynastisch, in zweiter imperialistisch.

In beiden Richtungen gab es Anfänge aus früherer Zeit. Besonders reich waren die Vorarbeiten auf dem eigentlich genealogischen Gebiete. Schweizer, Schwaben und Österreicher hatten sich wetteifernd bemüht, dem kleinen aargauischen Grafengeschlecht einen möglichst erhabenen Ursprung zu sichern. Aber weder die Hypothese [199] von den zwei feindlichen römischen Brüdern aus dem Geschlecht der Pier Leoni, die vielleicht schon König Rudolfs Kanzler Heinrich von Klingenberg aufgebracht hatte[12], noch Gregor Hagens Versuch, eine jüdisch-biblische Abstammungsreihe zu rekonstruieren, hatte sich halten können. Zwar war jene noch Heinrich von Gundelfingen und mit einiger Veränderung auch Albrecht von Bonstetten brauchbar erschienen, die sich bereits als eine Art von Hofgeschichtschreibern an den Hof des Tiroler Herzogs Sigismund anschlossen, und die Ansicht Hagens hatte in Ebendorfer einen Erneurer gefunden, aber die Herleitung der Habsburger von einem „guten und alten Geschlecht“ in Rom war für Maximilians genealogischen Ehrgeiz sicher ungenügend und gegen Gregor Hagen hatte Enea Silvio seine vernichtenden Angriffe gerichtet. Eine Zeitlang scheint man von der Gelehrsamkeit des Nauklerus eine Lösung auch dieser Frage gehofft zu haben, aber der setzte in seine Chronik nur eine kurze Bemerkung über die Unsicherheit all dieser Phantasien.[13] So blieb die Arbeit der Hofgeschichtschreibung Maximilians vorbehalten, und es entsprach der Natur des Kaisers, daß er die Aufgabe auf breitester Grundlage zu lösen suchte.

Wichtig war es für diese Bestrebungen schon, daß Maximilian das Amt eines Hofhistoriographen schuf. In Frankreich und Burgund war das schon älter, aber für Deutschland ist, soweit ich sehe, Maximilian mit der Schaffung eines solchen Amtes vorangegangen, er hat dann bald bei den Wettinern in Wittenberg und den Wittelsbachern in Heidelberg und München Nachahmung gefunden.

Von vornherein hat sich Maximilian die genealogische Verherrlichung seines Hauses in doppelter Form gedacht; es sollte ein Stammbaum und eine Stammchronik entstehen.[14] Wie jedes im einzelnen geplant war, bleibt dunkel, aber wir dürfen wohl annehmen, daß der Stammbaum nur eine in der Weise der Zeit bildlich darzustellende Genealogie, höchstens mit kurzen Belegen aus den Chroniken, die Stammchronik aber, wie Max es einmal ausdrückte, aller Habspurger und Österreicher lob, nobilitatem, prudentias, dexteritates bis auf den Kaiser selbst erhalten sollte[15], also etwas, wie es Ebendorfer schon mit seiner Heraushebung der qualitas seiner Herzoge und seiner folgenreichen Beinamenerfindung versucht hatte, und wie es dem Kaiser an den burgundischen Chroniken so gut gefiel.

Zunächst scheint der Ravensburger Ladislaus Suntheim der Vertrauensmann Maximilians gewesen zu sein. Er hatte schon 1491 den Text zu einer Genealogie der Babenberger geliefert, er kam zudem [200] vom Hofe des Tiroler Erzherzogs Sigismund her, wo man den Humanismus nicht viel anders anschaute als Max selbst. Er wurde dann auch, wohl 1498, ausdrücklich zum „Chronikmacher“ oder „Chronikmeister“ Maximilians ernannt.

Wie sich Max sein Geschäft vorstellte, verrät ein charakteristischer Eintrag in seinem Gedenkbuch, der sich doch wohl auf die Anfänge von Suntheims Tätigkeit bezieht. „Herr Lasla priester soll die österreichisch, sächsisch und bairisch Chroniken zusammenstimmen.“ Also die „concordia chronicarum“ ist das Ziel, hier für die genealogische Forschung[16], wie sie es für den älteren Humanismus überhaupt gewesen ist. – Suntheims Eigenart kennen wir. Aber auf dem beschränkten Gebiet, das ihm Maximilian zuwies, war er ein wirklicher Forscher, der Fragen, wie die Ausdehnung des alten Herrschaftsgebietes der Zähringer mit Umsicht behandelte. Aber er scheint Maximilian zu langsam und zu bedächtig gewesen zu sein, auch war er ein alter Mann, als sich der Kaiser diesen Arbeiten energisch zuwendete, und so ist er als des „römischen Königs Chronist“ bald gegen den Jakob Mennel zurückgetreten.[17]

Mennel hat als seinen Lehrer Nauklerus bezeichnet[18], aber dieser hat keine Ursache gehabt, auf den Schüler stolz zu sein – Mennel ist, soweit wir sehen können[19], einer der geringsten Geister, die damals den Trieb in sich fühlten, etwas Historisches zu schaffen. Er ist, wie er selbst sagt, mit Legendenlesen groß geworden, und die erste „historische“ Arbeit, die er 1503 Maximilian widmete, war eine Zusammenstellung der Vor- und Wunderzeichen der älteren und neueren Zeit.[20] Dann bot er sich als Mitarbeiter bei den genealogischen Plänen des Kaisers an und ist dann auch in seinem Auftrag jahrelang weit „umgeritten“, um das Material für Stammbaum und Stammchronik herbeizuschaffen. Er hat dabei wohl eine Vorstellung davon, daß hier „brieff, register, rödel, seelbuecher und schrifften“ bisweilen noch wichtiger sein könnten, als die oft „einander widerwertigen Cronichisten“, er achtet auf Särge, Grabsteine, Inschriften von alten „Porten und Thürnen“[21], er hat also den Wunsch, die habsburgische Genealogie ebenso auf das urkundliche Material zu gründen, wie wir es bei Peutinger für die Kaiserreihe sehen werden, aber er ist dazu nicht entfernt imstande. Er betrachtet die Geschichte als einen großen Gerichtshandel, bei dem er im Stile der Zeit Zeugen abhört und sich möglichst viel Briefe und Siegel produzieren läßt, im übrigen aber das ganze Material scholastisch zusammenstellt. Und so sehen wir ihn denn bald ebenso willig die Chroniken „zusammenzustimmen“, um [201] den Habsburgischen Stammbaum zunächst an den der Frankenkönige anzuknüpfen und diesen dann mit den alten Mitteln der Trojanersage bis zu Priamus und Hektor hinaufzuführen. Er hat denn auch den Hunibald des Trithemius als willkommene Bestätigung seiner Phantasien freudig aufgenommen, und es ist wohl kein Zweifel, daß Maximilian ihm darin gefolgt wäre, wenn nicht durch Johann Stabius[22] die Kritik eingesetzt hätte.

Stabius hat damals nicht nur die eingehende Untersuchung des Tritheimschen Nachlasses veranlaßt, der das Truggebilde des Hunibald wenigstens für den Wiener Kreis vernichtete, er hat auch gegen die Suntheim-Mennel-Tritheimschen Genealogien den einzigen Einwand erhoben, dessen die Kritik damals fähig war: er fand, daß sie chronologisch für die beanspruchten Zeiträume nicht ausreichten und in den für die Abzweigung entscheidenden Gliedern aus der gleichzeitigen Überlieferung nicht erwiesen werden könnten.[23] Aber dann ist doch auch er selbst der genealogischen Phantasterei erlegen. Ja, er scheint es sogar für nötig gehalten zu haben, seinen Rivalen zu übertrumpfen. Sein Werk ist ein Stammbaum, der bis auf Noah zurückgeht. Hier ist dann Maximilian selbst oder vielleicht erst sein Narr, Kunz von der Rosen, verständiger gewesen als der gelehrte Humanist.[24] Aber auch Mennel auszustechen, ist Stabius nicht gelungen. Mennel erscheint dem Kaiser doch als der geeignetste Mann, die Heiligen des Hauses Österreich zu beschreiben. Er hat auch nach der Kritik des Stabius 1518 das Ganze seiner genealogischen Forschungen in einem umfangreichen „Geburtsspiegel“ zusammenfassen dürfen und dann nach Maxens Tod seine Weisheit kleinweise unter das Volk gebracht. In dieser popularisierenden Tätigkeit erinnert er an Sebastian Brant, mit dem er ja auch bei den Arbeiten für die Heiligen und die Genealogie in persönliche Beziehungen getreten ist[25], doch wird man ihn geistig tiefer stellen müssen. Seinen Standpunkt mag es bezeichnen, wenn er in seinem „Keyserall und Papstall“ 1522 zum Nachlesen gleichmäßig die Chronik des Hermannus Contractus, die Papstleben des Platina und die berüchtigten Betrügereien des Zwickauer Arztes Erasmus Stella empfiehlt.[26]

Die Geschichte hat an all diesen Arbeiten nicht viel gewonnen, auch an denen des Stabius nicht, es muß uns genügen, daß aus ihnen in gewissem Sinne die Holzschnitte der Ehrenpforte Albrecht Dürers, der Genealogie und der Heiligenreihe Hans Burgmairs und Leonhard Becks und schließlich auch die Erzfiguren Peter Vischers in Innsbruck hervorgegangen sind. –

[202]
Neben den genealogischen Projekten des Kaisers finden wir schon in seinem vierten „Gedenkbüchl“, das in die Jahre 1508–1515 gesetzt wird, unter den beabsichtigten Werken an erster Stelle ein Kaiserbuch. Das war das literarische Denkmal, das den Speirer Bildwerken an die Seite treten sollte. Wir können auch diesen Plan weit zurückverfolgen, über Maximilian hinaus. Schon Thomas Ebendorfer schrieb im Auftrag Friedrichs III. eine Chronica regum Romanorum, erst von hier aus ist er zu seiner österreichischen Geschichte gekommen. Mit Maximilian und dem Humanismus tritt aber auch diese historische Aufgabe unter einen neuen Gesichtspunkt. Bestrebungen scheinbar entgegengesetzter Art wirken dabei zusammen. Es scheint ein Widerspruch, daß der Humanismus einerseits den deutschen Charakter des Kaisertums seit Karl dem Großen mit allen Mitteln verteidigt und die deutsche Auffassung der Kaisergeschichte gegen die italienisch-päpstliche hervorkehrt und anderseits den größten Wert darauf legt, diese deutsche Kaiserreihe an die römische anzuknüpfen und sogar in der Behandlung der beiden möglichste Gleichförmigkeit anstrebt. Aber das wird nicht empfunden, von den Humanisten so wenig wie etwa von Lupold von Bebenburg, der ja auch ein gut Teil seiner Beweisführungen für ein selbständiges deutsches Kaisertum auf die Nachfolge im römischen Imperium gründet, und trotz aller Bemühungen um einen Anfang deutscher Geschichte dachte auch von den Humanisten niemand, der von deutschen Kaisern handeln wollte, daran, die Verknüpfung mit der römischen Kaiserreihe aufzugeben. Der Drucker, der 1505 Wimpfelings Epitome ans Licht gab, stellte ihm das Breviarium des sog. Sextus Aurelius Victor, das eine Kaiserreihe von Augustus bis Theodosius enthielt, voran und ließ den Liber Augustalis des Benvenuto von Imola[27] folgen, den Laurentius Abstemius damit verbunden hatte. Er enthielt wieder eine Kaiserreihe, diesmal von Cäsar bis zu Maximilian. Benvenuto selbst war bis zu Wenzel gelangt, die vier Skizzen für Ruprecht, Sigismund, Abrecht II. und Friedrich III. hatte kein Geringerer als Pius II. hinzugefügt[28]; die Bemerkungen über Maximilian kommen wohl auf Rechnung des Abstemius selbst. So war eine doppelte Vorhalle für das Wimpfeling-Murrhosche Werk entstanden und historischer Lesestoff von Christi Geburt bis zur Gegenwart geboten. Der Gedanke einer solchen Zusammenstellung von Altem und Neuem blieb den Humanisten geläufig. Noch 1520 hat Beatus Rhenanus seiner Ausgabe der lateinischen Panegyriker auch die modernen des Hermolaus Barbaras, Erasmus, Pandulfus Collenutius usw. auf Friedrich, Maximilian und die Ihren hinzugefügt,

[203] um, wie er sagte, mit dem Neuen das Alte zu retten.[29] Aber das waren Behelfe. Das Feld für ein wirkliches Kaiserbuch blieb frei, und wie es natürlich war, daß ein Kaiser, der sich nicht ungern Maximus Aemilianus nennen ließ, gerade ein solches Werk immer wieder entstehen zu sehen wünschte, so drängten die Münz- und Inschriftenforschungen der Humanisten zu neuen Darstellungsversuchen.

Schon Johann von Dalberg muß auf Grund seiner Münzsammlung „Caesares“ geplant haben.[30] Sie sind schwerlich fertig geworden, aber Peutinger, der sich danach erkundigte, nahm den Plan auf breiteren Grundlagen wieder auf, und neben ihm treffen wir Johann Huttich, Johann Fuchsmag und Cuspinian am gleichen Thema. Schon 1507 weiß Wimpfeling, daß Maximilian einen „Bildersaal deutscher Ahnen“ plane. Es kann doch kaum etwa anderes als das Kaiserbuch gewesen sein, das mit Münzbildern, etwa von Dürers Hand ins Große übersetzt, zu illustrieren gewesen wäre, wie es dann Peutinger und Cuspinian wirklich anlegten.[31]

Fast aber schien es, als sollte auch hier italienische Formgewandtheit der deutschen Gründlichkeit zuvorkommen. 1517 ließ der Venetianer Johannes Baptista Egnatius, ein Schüler Angelo Politianos und als Philolog längst von Ruf, seine drei Bücher De Caesaribus a dictatore Caesare ad Constantinum Palaeologum, hinc a Carolo Magno ad Maximilianum Caesarem erscheinen.[32] Da war nun eine moderne Reihe von Kaiserbiographien, nach einem Gesamtplane gleichmäßig durchgeführt, in eleganter, oft rhetorisch wirksamer Sprache, das meiste kurz zusammengefaßt, aber doch auch nicht ohne interessante Einschübe, wie über den Ursprung von Byzanz, über das Arsacidenreich, die Türken, über Mahomed und die „Captivitas Romae“ von 410, Dinge, auf deren Neuheit die Vorrede gebührend hinwies. Überdies war das Buch unzweifelhaft mit Rücksicht auch auf deutsche Leser geschrieben, wenn es auch einem Franzosen gewidmet war, die Kaiser von Karl dem Großen bis Arnulf[33] als Gallier erscheinen und der Verlust des Imperiums mit Otto dem Großen als Schmach für Frankreich betrachtet wird. Denn dies hat den Egnatius ebensowenig wie sein italienischer Patriotismus gehindert, die meisten deutschen Kaiser in sehr günstigem Lichte zu sehen. Er findet, daß an ihnen doch viel mehr Lobenswertes sei als an den schismatischen Byzantinern, sogar in ihrem Verhältnis zu den Päpsten.[34] Er sagt von Heinrich V., sein Wesen sei mehr List als Mannhaftigkeit gewesen, was doch sonst bei den Germanen nicht gewöhnlich sei. Bei den [204] Staufern hat ihn weder ihr Kampf gegen die Kirche noch der gegen Italien in seinem Streben nach Unparteilichkeit wankend gemacht, selbst Sigismund möchte er den Karlen und Ottonen gleichsetzen, wenn er zu den Künsten des Friedens, in denen er hervorragte, auch Glück im Kriege gehabt hätte.

Aber Gesinnung und Stil sind denn auch das Beste an dem Werkchen, für die historische Erkenntnis war der Fortschritt gering. Egnatius betonte zwar eifrig, daß er über die Einnahme Roms durch Alarich dem Prokop mehr als Biondo entnommen habe, daß er für die Byzantiner als erster Zonaras, Niketas Choniates und Christodulos heranziehe, aber im übrigen geht er auf gebahnten Wegen. In dem Abschnitt, wo wir ihn mit Leto vergleichen können, ist dieser ihm weit überlegen, und es stimmt nicht günstig für Egnatius, daß er trotz offenbarer Abhängigkeit von seinem größeren Vorgänger ihn niemals nannte.[35]

Speziell für die deutsche Geschichte beruht er überwiegend auf Biondo, Platina und Enea Silvio, also denselben Quellen, die der Geschichtsabriß von Murrho-Wimpfeling bot; es scheint sogar, als habe er diesen selbst herangezogen,[36] Kritik ist seine Sache nicht. Nur wo ihm andere vorgearbeitet haben, wie bei der Taufe Konstantins und seiner Schenkung, äußert er bedächtige Zweifel, anderes, wie das dreijährige Interregnum zwischen Heinrich II. und Konrad II. oder die Ermordung Friedrichs II. durch Manfred, hat ihm kein Bedenken erregt, den Seesieg der Venetianer über Otto, den Sohn Barbarossas, vermag er nicht preiszugeben, „etsi scriptorum variet fides“.

Das Buch des Egnatius ist als ganz frische literarische Neuigkeit durch Ulrich von Hutten noch im Jahre des Erscheinens nach Deutschland gekommen, Egnatius hielt es für geeignet, sich dadurch dem Erasmus zu empfehlen. Er blieb mit deutschen Humanisten in enger Verbindung, so mit denen des Basler Kreises, Beatus Rhenanus, Glarean, auch mit Zasius, besonders aber mit Pirckheimer, der ihm die Gründe der Blüte und des Verfalls deutscher Reichsstädte auseinandersetzte und bei dem Italiener in hohem Ansehen stand.[37] Aber wir bemerken nicht, daß die Caesares in Deutschland gewirkt haben, höchstens daß man gelegentlich das Urteil des Egnatius über deutsche Kaiser als das eines lobenden Ausländers zitiert oder auch trotz seiner Bemühungen als ungerecht empfindet.[38] Nicht einmal Johann Huttich hat sich dadurch abhalten lassen, 1526 sein in Inhalt und Form ziemlich ähnliches Kompendium herauszugeben.[39] Die Absichten Peutingers und Cuspinians gingen von vornherein weiter und tiefer.

[205]
In der Anlage ist Peutingers Kaiserbuch[40] unstreitig das interessantere Werk. Wir sahen bereits, wie es aus seinen Inschriften-, Münz- und Urkundensammlungen herauswuchs, wie Peutinger sich zunächst das einfache und klare Ziel steckt, die chronikale Überlieferung durch urkundliche Zeugnisse zu bestätigen oder zu korrigieren. Vielleicht hätten wir ein solches Werk von Peutinger, wenn er Gelegenheit erhalten hätte, es 1505 als Bestandteil der Germania illustrata des Celtis erscheinen zu lassen. Wir sahen, daraus ist nichts geworden, und bald drängen sich andere Bestrebungen hinzu.

Peutinger muß, obgleich er nicht am Kaiserhofe lebt, doch durchaus in den Kreis der Hofgeschichtschreibung Maximilians gestellt werden. Kein anderer der bedeutenden Humanisten außerhalb Wiens steht so im Bannkreis der eigentlich Maximilianischen Unternehmungen. Das ist um so merkwürdiger, als Peutinger dem Kaiser viel weniger wesensverwandt war als Celtis und Pirckheimer und auch in seiner Geistesrichtung sich stärker von ihm unterschied. Wie der ganze Augsburger Humanismus, erscheint er klassischer oder mindestens antikischer gewendet als Max. Innerlich zusammengefunden hat er sich mit dem Kaiser wohl nur in der Vorliebe für die Werke der italienischen Astrologie, deren Vermittler er geworden zu sein scheint, und besonders charakteristisch wäre es, wenn wir seine Ablehnung des Teuerdank aus einem tieferen Grunde herleiten könnten.[41] Aber Peutinger hatte viel zu wenig Eigenart, um solche Neigungen und Abneigungen zu wirklicher Persönlichkeit auszubilden, und so erscheint er ganz als das ausführende Organ des Kaisers. Er ist wohl noch mehr als Stabius das historische Orakel Maximilians. Er ist es, den man fragt, wie der Kaiserin Leonore Vater geheißen hat, oder ob der König Zwentibold – Kaiser Arnulfs uneheliches Kind – in die kaiserliche Genealogie zu setzen sei[42], und wenn Maximilian die epigraphischen und numismatischen Forschungen Peutingers tatkräftig förderte, ja vielleicht erst durch ihn ernsthaft für dies Gebiet interessiert wurde, so durfte anderseits Peutinger es auch nicht unter seiner Würde finden, hundert Frauennamen für Seiner Majestät „scharpffe Metzen“, d. h. die neuen Geschütze zu suchen und insbesondere nicht müde werden, all den tausend historischen Kleinigkeiten nachzuspüren, die Maximilians unermüdliche Fragelust ihm hinwarf.

So ist auch sein Kaiserbuch ein buntscheckiges Ding geworden, schwankend zwischen Genealogie, Biographiensammlung und Regestenwerk, und man merkt es den vielen Entwürfen und den zahllosen Korrekturen, die auch in den Reinschriften noch angebracht sind, an, [206] wie sich dem Verfasser Rahmen und Inhalt der Darstellung beständig verändern.

Immerhin lassen sich auch so einige Grundzüge Peutingerscher Arbeitsweise erkennen. Was geschaffen werden soll, ist eine Reihe von Kaiserporträts von Cäsar bis Maximilian, die nicht in breiter historischer Erzählung zu geben sind, sondern die zusammenfassende Kürze einer Gedenkschrift anstreben und deshalb, auch wo dies nicht möglich ist, den Stoff der einzelnen Biographie nicht chronologisch, sondern nach Materien zu ordnen streben. Das sieht man sogleich bei Cäsar, aber dann auch bei Karl dem Großen und Friedrich Barbarossa. Der eigentlichen Biographie folgt ein Abschnitt De uxoribus et filiis, diesem dann bei den Kaisern des Altertums Inscriptiones et Numismata, bei den deutschen sind Urkunden oder Urkundenzeilen vorangesetzt oder nachgestellt.

Es ist diese systematische Verwendung der Urkunden, die Peutingers Werk einen eigenartigen Charakter gibt. Er ist da in seinen Absichten weit über seine Zeit hinausgeschritten, die Ergebnisse sind freilich noch dürftiger, als es hätte sein müssen.

Peutinger hat die Urkunden zunächst benutzt, um die Zeit des Regierungsantritts, der Kaiserkrönung, des Todes der einzelnen Herrscher festzustellen.[43] So korrigiert er nach einer Freisinger Urkunde das Jahr des Regierungsantritts Heinrichs I. aus 920, was auch noch Nauklerus bot, in 918,[44] bei Otto III., wo eine lokale Augsburger Überlieferung[45] als Todesjahr 1011 angab, hat er nach den Urkunden 1001 hergestellt. Daß er beide Male die Zählung der Regierungsjahre unrichtig reduziert hatte, konnte er nicht wissen. Bedenklicher mußte es ihn machen, wenn er in Altaich auf eine Urkunde stieß, in der Heinrich II. schon 1009 imperator heißt.[46] Daß sich die Urkunde ebendadurch als Fälschung erweise, konnte ihm nicht in den Sinn kommen. Er schließt vielmehr, daß Heinrich schon vor seiner Krönung in Rom den Kaisertitel geführt habe, einem Zeitgenossen Maximilians mußte dies ja auch begreiflicher sein, als es etwa der vorigen Generation gewesen wäre, und daß es zu anderen Theorien Peutingers paßt, wird sich zeigen.

Doch in erster Linie hätte es sich für Peutinger darum gehandelt, die Urkunden für die eigentliche Darstellung nutzbar zu machen. Hier nun ist der Umfang des Materials, über das er für die einzelnen Herrscher verfügt, ebenso verschieden, wie die Benutzung. Während er für die Karolinger nicht nur zahlreiche Urkunden, sondern auch die Kapitulariensammlung des Ansegisus und so wichtige Aktenstücke [207] wie die Divisio imperii von 806 und die Exauctoratio Ludwigs des Frommen von 833 kennt und richtig verwertet,[47] muß er sich bei Heinrich IV. bereits mit den Dokumenten begnügen, die Ekkehard[48] und Platina ihm boten, und auch hier hat er so Bedeutsames, wie die promissio Canusina, die er bei Platina fand, fortgelassen.

Seine Art zu arbeiten sieht man gut an der Benutzung der Kapitulariensammlung des Ansegisus. Hier hat er von vornherein nur notiert, was das Verhältnis der geistlichen und weltlichen Gewalt betrifft – man sieht, daß er diesem sein Hauptinteresse zuwendet, – dann aber muß er bemerkt haben, daß mehrere dieser Stücke auch im Corpus iuris canonici stehen, und nun hat er in seinen ursprünglichen Exzerpten alles wieder gestrichen, was ihm hier nicht begegnete, dafür aber aus dieser neuen Quelle eine Stelle aus einem Brief zugesetzt, den Papst Nikolaus I. nach seiner Meinung an Ludwig den Frommen geschrieben haben sollte.

Wie hier, so bleiben auch sonst seine chronologischen Anschauungen trotz aller Bemühungen unsicher. Er kennt, wie manche seiner Zeitgenossen,[49] das Gebetbuch Karls des Kahlen in Regensburg und teilt die Inschrift daraus mit, aber er schwankt zunächst, ob er sie nicht zu Ludwig dem Frommen schreiben lassen soll. Ebenso hat er bei Friedrich I. und Friedrich II. dasselbe „Epitaphium in Tyro“[50]. Er meint, Heinrich V. sei von seinem Vater auf Rat Gregors VII. abgefallen und läßt auf den Kreuzzug Friedrichs II. mit einem postea den Handel mit Friedrich dem Streitbaren von Österreich folgen, trotzdem er für beide Ereignisse die richtigen Jahreszahlen 1229 und 1237 hat. Das zweijährige Interregnum zwischen Heinrich II. und Konrad II., das seit Platina alle Darstellungen boten, hat er trotz aller urkundlichen Beifügungen nicht beseitigt[51] und in der Geschichte Heinrichs IV., die ihm doch wiederum bei Platina leidlich geordnet vorlag, eine fast unglaubliche Verwirrung angerichtet.

Man wird kaum daran zweifeln können, daß diese Mängel ihren Grund nicht in dem Zustand des Manuskripts, sondern in der Unfähigkeit Peutingers zu wirklicher Geschichtschreibung haben. Er verfügt, wie das bei der Ausdehnung seiner literarischen Beziehungen natürlich war, auch über ein bedeutendes chronikales Quellenmaterial: er kennt für Karl den Großen Einhard und die Reichsannalen, für Ludwig den Frommen Thegan, für die späteren Karolinger Regino, dann Hermannus Contractus, Ekkehard, Otto, Burkard von Ursperg. Aber an der schweren Aufgabe, aus diesen Quellen nun das Wichtige herauszuheben, ist er gescheitert. Bei Karl dem Großen tritt kaum [208] etwas mehr hervor, als die Bistumseinteilung des eroberten Sachsens und die Aufzählung der von ihm überall errichteten Klöster und Kirchen, bei Friedrich Barbarossa nehmen die territorialen Veränderungen von 1180 den Hauptplatz ein.

Dabei aber steht seine Darstellung, obgleich sie Knappheit erstrebt, dennoch allen Fabeleien offen, die er am Wege findet. Er bringt nach Turpin den Zug Karls des Großen ins heilige Land, bei Otto I. fabelhafte Züge über seine Frömmigkeit, bei Otto III. nach Gottfried von Viterbo die Geschichte von seiner unkeuschen Gemahlin Marie von Aragon, bei Heinrich II. eine merkwürdige Anekdote von seiner Lahmheit[52], läßt Heinrich III. trotz Nauklerus von einem Grafen von Calw stammen und hat wenigstens in sein erstes Konzept aus Vinzenz von Beauvais das Histörchen aufgenommen, daß sich Heinrich V. nach Cluny zurückgezogen habe.

Auch in einem anderen Punkte bereitet das Kaiserbuch eine Enttäuschung. Wir haben von Peutinger juristische Gutachten, in denen er sich aus Anlaß der bevorstehenden Kaiserwahl von 1519 eingehend über die deutschen Kronrechte geäußert hat, insbesondere über die Frage, inwieweit die kaiserlichen Rechte von der Krönung durch den Papst abhängig seien.[53] Auch im Kaiserbuch sieht man das Interesse für diesen Gegenstand durchblicken. Aber was Peutinger wirklich bietet, ist erstaunlich wenig. Man muß schon jene Gutachten heranziehen, um zu merken, daß er die angebliche Constitutio de expeditione Romana von 790 wohl hauptsächlich deshalb in das Kaiserbuch aufgenommen hat, um zu zeigen, daß Karl schon vor 800 kaiserliche Rechte in Italien geübt habe, und daß die Notiz des Kaiserbuchs bei Otto III., die Kurfürsten seien von ihm adsentiente Gregorio V. eingesetzt worden, eine Spitze gegen die päpstliche Theorie haben soll. Die Bemerkung, die er in einem dieser Gutachten gelegentlich hinwirft, daß Hermannus Contractus von der ganzen Sache nichts wisse, hat jedenfalls im Kaiserbuch keine Früchte getragen.

Noch weniger bietet er dann in dem eigentlich kirchenpolitischen Streite. Auch hier ist sein Interesse zweifellos, er bringt das Wormser Konkordat und fügt sogar einen ganz klaren Exkurs über die Investitur an.[54] Aber bei den Papsteinsetzungen Heinrichs III. steht er im wesentlichen auf dem Standpunkt Platinas[55] und bei Heinrich IV. sucht man vergeblich eine deutliche Vorstellung des Konflikts.[56]

Nimmt man dazu, daß er auch unter Barbarossa über den Frieden von Venedig mit einer fast nichtssagenden Bemerkung hinweggeht, so wird man diese Haltung nicht aus einem Zufall, auch nicht aus [209] dem angestrebten monumentalen Charakter der Biographien erklären dürfen. Peutinger zeigt vielmehr auch hier die Unentschlossenheit der Meinung, die in seinen theologischen Ausarbeitungen so unangenehm auffällt, die Vorsicht, die bei anderer Gelegenheit Ellenbog erfahren mußte, als er ihn bat, die Chronik seines Vaters, die allerlei Scharfes über die jüngste Vergangenheit enthalten zu haben scheint, herauszugeben.[57] Daß er staufisch denkt, ist natürlich, wir wissen das überdies aus den Randbemerkungen, mit denen er seine Exemplare des Jakobus von Bergamo und des Gaguin versah, aber im Kaiserbuch hat er bei der Erzählung vom Kreuzzug Friedrichs II., die er im übrigen nach Burkard von Ursperg gibt, dessen markige Schlußworte fortgelassen[58], und beim Konzil von Lyon bringt er es nur zu einer schüchternen Parenthese zu Gunsten des Kaisers[59], obgleich er die Briefe des Petrus de Vineis besaß und studiert hatte.[60] Was hätte wohl Hutten zu Peutingers Werk gesagt, der schon mit dem vorsichtig abwägenden Urteil des Egnatius über den Streit zwischen Heinrich IV. und Gregor VII. so unzufrieden war?

So hätte Peutingers Kaiserbuch, auch wenn es vollendet und gedruckt worden wäre, seinen Ruhm kaum vermehrt. Und mir scheint, daß es auch den Vergleich mit den Caesares des Cuspinian nicht aushalten kann. Hier war vielleicht weniger gewollt, aber eben deshalb mehr geleistet.

Johannes Cuspinianus[61] ist sicherlich die hervorragendste Erscheinung in dem Kreise der Maximilianischen Hofgeschichtschreibung, zugleich ein Vertreter der humanistischen Vielseitigkeit, wie sie Deutschland doch seltener als Italien sah. Arzt im Hauptberufe ist er auch Staatsmann, Redner, Philolog und Historiker und nirgendwo nur Dilettant. Seine entscheidenden Anregungen erhielt er in dem Wiener Freundeskreise des Celtis, dem er 1508 auch die Trauerrede hielt. Er war sein Landsmann und hat – wie Celtis selbst – sich oft der ostfränkischen Heimat gerühmt[62], alle Interessen des Celtis sind auch die seinigen geworden.

Insbesondere hat er von ihm gelernt, Länder und Völker mit historischem Blick zu sehen und Zeugnisse aller Art als historische zu schätzen, auch die Gedichte der Hrotsuita und den Ligurinus und das Epos vom Sachsenkrieg, Erzeugnisse, die ihm zwar immer noch etwas nach jenen barbarischen Zeiten schmecken, wo man es besser verstand, der Aufzeichnung Wertes zu tun als Getanes aufzuzeichnen, die ihm aber doch unverächtliche Quellen sind.[63]

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Früh trat er auch zu den Vertrauten Maximilians und wurde von ihm in wichtigen staatsmännischen Sendungen verwendet. Von diesen aus ist er zu seinen historischen Werken gelangt. Seine Missionen in Ungarn, die 1515 ihren Abschluß in der Doppelehe im Hause der Habsburger und der Jagellonen fanden, haben seine Aufmerksamkeit auf den Osten gelenkt und ihm die Byzantiner und die Türkenkaiser ebenso erforschenswert gemacht, wie die des römisch-deutschen Imperiums. Seit Biondo hatte niemand mehr den Blick so gleichmäßig auf die beiden Hälften des alten Römerreichs gerichtet. Damit aber bekommen auch seine philologisch-antiquarischen Interessen einen bis dahin unerhörten Umfang. Wir sahen, in einer wie bedeutenden Editionstätigkeit er steht. Bei dieser aber nimmt er nicht bloß, was sich ihm offen bietet, er spürt Verborgenem nach, und zwar planvoll. Er hat vielleicht von allen Deutschen die klarste Empfindung davon, daß die antike historische Überlieferung ein großes Trümmerfeld sei, in dem immer aufs neue gesucht werden müsse. Immer wieder bemüht er sich über das Erhaltene hinaus zu Verlorenem vorzudringen.[64] Den vollständigen Ammian hat er zwar nicht gefunden, wohl aber die Chronik Cassiodors, und noch heute kennen wir die Ravennatischen Konsularfasten, die ihm dabei in die Hände fielen, als den Anonymus Cuspiniani.[65] Was er in der Bearbeitung dieser Quellen in seinen Consules geleistet hat, sichert ihm als philologischem Kritiker der römischen Geschichte denselben Rang, den Rhenanus für die deutsche beanspruchen darf.

Vor allem aber hat er dem spätgriechischen und byzantinischen Schrifttum seine Aufmerksamkeit zugewendet. Er ist der erste, bei dem diese Überlieferung wieder breiter in die abendländische Geschichtschreibung hineinflutet. Er hat den Zonaras doch in ganz anderem Sinne als Egnatius entdeckt und seinen Wert gewürdigt[66], und wenn es ihn auch noch nicht als Ausschreiber besserer Vorläufer erkennen konnte, so war er doch der Wahrheit nahe, wenn er den Verlust des vollständigen Cassius Dio beklagte, den er der kecken Unverschämtheit seines Exzerptors Xiphilinos Schuld gab.[67]

Für die deutsche Geschichte im besonderen ist auch ihm, wie Peutinger, die von Max eröffnete großartige Sammeltätigkeit zugute gekommen; wir hören, wie ihm der kaiserliche Befehl Bibliotheken und Archive öffnet[68], und sehen die Früchte in seinen Arbeiten. Er hat Karolingerdiplome gesehen und die Urkunden für Bamberg, er weiß Emmeram in Regensburg als historische Fundstätte ersten Ranges zu würdigen.[69] Viel hat ihm Stabius zugetragen[70], [211] anderes andere Freunde, aber er durfte doch auch von sich selbst sagen, daß er ein fleißiger und unermüdlicher Anwalt der Vergangenheit sei, dem nichts zu gering dünkt, was der studierenden Jugend nützen könnte.[71]

Denn das ist nun das Auszeichnende seiner Tätigkeit, daß er sie in großartiger Weise als aufklärende auffaßt. Auch hier war Celtis vorangegangen mit seinen Vorträgen über Tacitus und den Ligurinus. Cuspinians historische Werke sind in der Form eigentlich auch nur niedergeschriebene Vorträge, sei es, daß er, wie in seinen Consules wirklich einen alten Text zugrunde legt und ihn mit Heranziehung aller ihm sonst bekannten Zeugnisse interpretiert, sei es, daß er, wie im Kaiserbuch eine mehr oder weniger ausführliche Biographie vorlegt und den Leser zur weiteren Belehrung auf die Quellen verweist.

Damit kommt nicht nur ein erfrischender persönlicher Ton in die Darstellung, Cuspinian wird auch als erster zu einer kritischen Diskussion über Wert und Parteistellung der Quellen geführt. Bei den antiken Autoren war es längst Gebrauch, der Ausgabe eine Vita vorauszuschicken, die diese Fragen erledigte – das hat Cuspinian zunächst für Cassiodor nachgeahmt und ihn in der Einleitung seiner Consules mit eindringender Gelehrsamkeit gewürdigt, er hat, wie wir sahen, auch seiner Ausgabe Ottos von Freising eine solche Vita aus Enea Silvio beigegeben, dann aber hat er überhaupt seine Quellen unter diesem Gesichtspunkt betrachtet. Wie er sich dabei auf umstrittenem Gebiete bewegte, das zeigen vielleicht am besten seine Bemerkungen zu Julian Apostata und zu Heinrich IV. Julian ist natürlich auch für ihn der Christenverfolger, und wenn er sich auch über das Lob, das Eutrop ihm gespendet hat, nicht mehr verwundert, wie Nauklerus getan hatte, so ist er doch, wenigstens in den Consules, geneigt, sich, wie Nauklerus, die orthodoxe Charakteristik des Gregor von Nazianz zu eigen zu machen. Aber daneben steht nun das Bild des sittenreinen, tatkräftigen, geistig hochstehenden Herrschers, das er aus Ammian gewinnt, und er empfiehlt diesen und den Panegyrikus des Mamertinus in erster Linie als Quellenlektüre, dann aber auch die Briefe und Reden des Kaisers, „quas nuper Aldus noster, graecae literaturae ingeniosissimus opifex, ne perirent, in mille exemplaria excusa per orbem latinum emisit“. Bei Heinrich IV. aber, den er im übrigen ziemlich im kirchlichen Sinne charakterisiert, stellt er noch bemerkenswertere Erwägungen über die Quellen an. Berthold und Ekkehard stehen als wichtigste voran, „licet uterque ardentius quam conveniat pium imperatorem insectetur“; aber ehrlicher und unparteiischer [212] findet er Sigebert und Otto, und er fügt zu diesen noch die Vita des Kaisers, „quam Ioannes meus Aventinus Reginoburgii in aede divi Hemerani reperit ac publicavit in studiosorum commodum cum epistolis quibusdam ad regem Franciae, principes et episcopos. Quae profecto studiosis sunt legendae, ut res gestas agnoscant“.

Man sieht, wie viel freier er zu den Quellen steht als auch noch Nauklerus. So ist es auch mit seiner Polemik gegen die Italiener, die ihm bei den Staufern in den Weg traten. Sie sind ihm keine gewichtigen Autoritäten mehr, die man gelehrt widerlegen muß, und zumal den neuesten Vertreter des italienischen Patriotismus, Georg Morula, der es mit ihm schon durch seinen Tadel über Rudolf von Habsburg verdorben hat, behandelt er mit spöttischer Verachtung.[72] Auch sonst ist er nicht leicht gewillt, sich einer Autorität gefangen zu geben. Es nimmt ihn gegen Biondo schon ein, daß dieser den Jordanes ausschreibt, auch Leto scheint ihm stark den Ammian nachzuahmen. Bei der Erörterung des Deutschtums Karls des Großen meint er, Lupold von Bebenburg wie so manche Neueren hätten sich viel vergebene Mühe gegeben, eine Einigung der verschiedenen Angaben zu erzielen. Für ihn liegt die Sache einfach. Mögen die Franken immerhin aus den mäotischen Sümpfen gekommen sein, so haben sie sich am Rhein mit Germanen wie mit Galliern vermischt, von beiden Sitten und Sprache angenommen, und Karl ist eben ein germanischer Franke. Man sieht, warum ihn bei dieser Ansicht, die sich merkwürdig mit der des Jordanus von Osnabrück berührt, Tritheims Hunibald wenig stört, trotzdem er sonst gegen erlogene Stammbäume scharf sein konnte. Zumal den Aufstellungen der Juristen bringt er gründliches Mißtrauen entgegen, sie sind überhaupt nicht seine Freunde, und selbst der gelehrte Alciat muß darunter leiden.[73]

Man darf nun freilich aus diesen kritischen Prinzipien Cuspinians noch nicht auf seine eigene Praxis schließen. Trotzdem er offenbar eine selbständige Darstellung erstrebt, ist er doch seinen Quellen auf weite Strecken treulich gefolgt, und Biondo, Platina und selbst Egnatius haben ihm mehr dienen müssen, als er uns glauben macht. Auch darf man von ihm nicht fordern, daß er, wo ihm zwei Autoren wie Widukind und Liutprand vorliegen, den treueren Bericht erkenne; sein Bild König Konrads I. ist vor allem deshalb so verzeichnet, weil er den italienischen Deklamator bevorzugt hat. Die meisten Fabeln, die Peutinger der Aufnahme wert fand, bringt auch er. Turpin erscheint, wenn auch mit einem licet pleraque fabulose, unter den [213] Quellen für Karl den Großen – auch die Neoterici, die er doch bei Tiberius mit Absicht fortgelassen hat, werden hier empfohlen – und die Fabel von der Entstehung der Turniere unter Heinrich I. hat er aus der 1518 gedruckten Quelle des berühmten Rixnerschen Fabelbuchs noch nachträglich seiner Biographie des Königs angeflickt.[74]

Aber trotzdem ist sein Kaiserbuch nicht nur durch den Umfang des behandelten Stoffes etwas ganz anderes geworden als das Peutingers. Was er über die Lex Salica sagt, zeigt, daß er diesen Quellen nicht viel mehr Verständnis entgegenbringt als Otto von Freising.[75] Auch die Begründung der Darstellung auf Inschriften, Münzen und Urkunden hat er fast ganz unterlassen, obgleich er auch hier ein guter Kenner ist und die Beachtung dieser Dinge lebhaft empfiehlt.[76] Aber Cuspinian weiß, was er will, und bleibt nicht im Stoffe stecken. Das Genealogische ist ihm kaum weniger wichtig als Peutinger – er bekennt sich als Schuldner der Sammlungen Suntheims[77] und hat selbst im Wetteifer mit Stabius an einem österreichischen Stammbaum gearbeitet[78], in die Reihe der italienischen Kaisertyrannen des 10. Jahrhunderts rühmt er sich zuerst Ordnung gebracht zu haben[79] – aber es drängt sich ihm nicht in die Darstellung ein, wie in Peutingers Zusätzen gar oft, und vor allem, es wiegt nicht vor. Sein Werk sollte in erster Linie das werden, was sich die Zeitgenossen von der ganzen Gattung erwarteten, ein Fürstenspiegel[80], der an Augustus zeigte, wie sich Glück im Reiche und Unglück im Hause verketten, an Konstantin lehrte, wie Gott dem gerechten Herrscher gegen seine Feinde hilft, an Julian die Einflüsse der Erziehung aufwies, an Karl dem Dicken den plötzlichen Glücksumschwung vor Augen stellte, bei Ludwig dem Frommen und Heinrich IV. kindliche Undankbarkeit geißelte. Für ihn zerfallen alle Fürsten in gute und schlechte, und damit der Leser die Meinung ja merke, hat er jeder Biographie noch ein Tetrastichon angehängt, das sie in Denkversen zusammenfaßt. Die Anregung dazu gab ihm Ausonius, der die Kaiser bis Heliogabal also besungen hatte. Er hat das dann crassiore Minerva fortgesetzt; zunächst für alle, später aber, wiederum aus pädagogischen Gründen[81], nur für die römischen Kaiser; der einzige Ludwig der Stammler bleibt unbedichtet, „quod ob brevitatem temporis quo imperavit, nec virtutibus nec vitiis nobilis neque bonis neque malis Caesaribus est annumerandus“.

Wen er freilich – mit Ausnahme des nicht zu rettenden Wenzel – unter den deutschen Kaisern zu den schlechten rechnet, dürfte nicht leicht zu sagen sein. Selbst bei Karl IV. hat er die bitteren [214] Worte Petrarkas über seinen Römerzug fortgelassen, die Biondo, Wimpfeling und Nauklerus boten, wenn er auch sonst den geldsüchtigen und um sein Land besorgten Herrscher kühl genug behandelt. Desto deutlicher wird es, wem seine Sympathien gehören: das sind nächst den Habsburgern auch bei ihm die Staufer.

Während sein Bild Karls des Großen noch auffallend schwach gezeichnet ist, auch die Schilderung Ottos I. noch stark im Annalistischen stecken bleibt, ist bereits die Biographie Barbarossas von bemerkenswerter Einheitlichkeit. Der große Stoff ist sorgfältig zusammengezogen, Dinge wie der Streit um das Magdeburger Erzbistum, die Peutinger ganz übergeht, in ihrer Bedeutung erkannt, der Kaiser, der das Schwert führt, um Frieden zu bringen, „wie sein Name verheißt“, tritt gut hervor. Aber viel bemerkenswerter noch ist seine Biographie Kaiser Friedrichs II. Für diese scheint er sich alles aufgespart zu haben, was ihn bei der Betrachtung der großen Kämpfe zwischen Kaisertum und Papsttum bewegt haben mochte. Und da sehen wir ihn durchaus in den Bahnen der Bebel und Coccinius. Nicht leicht in irgendeinem anderen historischen Werk der Zeit, auch nicht bei Aventin, wird man den Konflikt der Päpste mit Friedrich so ganz als das Ergebnis eigensüchtiger Machenschaften geschildert finden. Mit schneidender Ironie spricht Cuspinian von dem „vicarius Christi, ut sese vocat“, von dem heiligen Herzensschrein der Päpste, in dem doch eine Konspiration mit dem Sultan ihren Platz findet; „Die italienischen Schriftsteller berichten“, sagt er bei Erwähnung des Friedens von Ceperano, „der Kaiser habe seine Absolution durch Vermittlung des Deutschordensmeisters um 120000 Unzen, die er in die päpstliche Kasse zahlte, erkauft. Wenn das wahr ist, dann ist der Papst ein teurer Kaufmann, da er die Schlüssel des Lösens umsonst von Christus empfangen hat, ohne ihm Geld zu geben.“ Die Grundlage auch für den Ton seiner Darstellung ist Burkard von Ursperg, aber er hat ihn überall verschärft, und dazu treten die Briefe des Petrus de Vineis, aus denen er alles den Kaiser Rechtfertigende zitiert. Bei diesem „scharfsinnigen Rechtsgelehrten“ ist die wahre Darstellung der Taten Friedrichs zu finden. Die italienischen Schriftsteller aber übertreiben seine Angriffe wie seine Niederlagen, um dem Papste zu schmeicheln. Biondo, Platina, Sabellicus und ihresgleichen können auch schon deshalb die Wahrheit nicht bringen, weil sie mit ihrem feinen Magen die deutschen Annalen, aus denen die rechte Kunde zu holen ist, als unelegant verschmähen. Auch das ist ein interessanter Anklang an die Theorien, die Celtis einst am Wiener [215] Hofe verfochten hatte.[82] „Die Taten deutscher Kaiser“, sagt Cuspinian, „konnte niemand treuer schildern, als ein deutscher Mann, der sie gesehen und gehört hat“. Es ist immerhin bezeichnend, daß er Petrus de Vineis für diesen deutschen Mann gehalten hat. Von Friedrich aber sagt er: „Er war ein Mann von herrlichen Tugenden, die freilich einige Fehler verdunkelten. Aber das ist eben das Zeichen großer Männer. Keiner ist so rein, der nicht seinen Makel trüge.“

Man glaubt Hutten zu hören. – Aber Cuspinian hat nichts von Hutten. Er hat auch sonst da und dort ein kräftiges Sprüchlein über päpstliche Krämerpolitik, Pfründenhäufung und Ablaßmißbrauch, er ist – um das hier vorweg zu nehmen – der Bewegung Luthers eine Zeitlang sympathisch gefolgt, bis ihn, wie so viele, der Tumult des Bauernkrieges zurückscheuchte.[83] Aber um mit Hutten den Gegensatz zwischen Papsttum und Kaisertum zum eigentlichen Thema deutscher Geschichte zu machen, dazu denkt er zu dynastisch, zu maximilianisch. Man sieht das schon bei Ludwig dem Baiern, wo er zwar die Beschlüsse von Rense als neue Bestätigung alter Gesetze sehr ausführlich mitteilt[84], aber seine Einmischung in den „bedeutungslosen und frivolen“ Minoritenstreit unvorsichtig findet. Unter Sigismund weiß er, wie andere, das Konstanzer Konzil als seine größte Tat zu rühmen und teilt das Dekret Frequens, das die periodische Wiederkehr von Konzilien zur Reformation der verderbten Sitten des Klerus vorsah, offenbar billigend mit. Aber von Friedrich III. schreibt er ohne Wimperzucken: Hortante Aenea Sylvio, qui tum magister epistolarum fuit, concilium Basiliense dissolvit, und derselbe Enea Silvio ist mit seiner Historia Australis sein bester Gewährsmann für den Streit Friedrichs III. mit seinen Ständen. Ebendorfer aber, der es gewagt hatte, in seiner Österreichischen Geschichte für diese Stände Partei zu nehmen, und dabei gegen das päpstliche Mandat, mit dem Nikolaus V. dem Kaiser zuhilfe kam, die Doktrinen der Wiener Hochschule von einer erlaubten Appellation an ein Konzil zu vertreten, wird als ein respektloser Theologe und ein Schreiber von Narrenpossen abgetan.[85]

Auch Cuspinians Deutschtum ist von besonderer Art. Zwar er ist ganz überzeugt von der Überlegenheit der ehrlichen und wortkargen Deutschen über die windigen und schwätzenden Italiener[86], er macht seine Anmerkungen über die deutsche Sprache mit ihren kurzen Worten[87], aber der Zusammenhang der Volksgeschichte, den Celtis, Bebel und Nauklerus so mühsam erschlossen hatten, tritt bei [216] ihm noch mehr zurück, als es auch in einem Kaiserbuch hätte sein müssen. Mit keinem Wort verrät er einen nationalen Anteil an den Kämpfen der Völkerwanderung, und die Varusschlacht veranlaßt ihn – bezeichnend genug – nur zu einer heraldischen Bemerkung.[88]

Denn Cuspinians Kaiserbuch läuft nicht in eine Geschichte des Reichs oder des Kaisertums aus, sondern in eine der österreichischen Staatspolitik, wie sie Friedrich III. und Maximilian trieben. Von diesem Gesichtspunkt aus aber ist besonders die Biographie Friedrichs III, mit der er sein Werk ursprünglich schloß, ein kleines Meisterstück.

Wie er diesen passiven Herrscher in den Mittelpunkt der Ereignisse zu stellen weiß, wie er ihm im Kampf mit Bruder und Vetter als Vertreter des Unteilbarkeitsprinzips[89], im Kampf mit seinen Ständen als Inhaber der Staatsautorität, im Kampf mit Böhmen und Ungarn als Sachwalter längst begründeter Erbansprüche Sympathien zu gewinnen sucht, das ist erstaunlich geschickt gemacht. Auch das verdient Beachtung, daß diese Kämpfe allein das Thema der Biographie bilden, der Romzug von 1452, der in die Darstellung verflochten ist, soll mit seiner geflissentlichen Betonung des glanzvollen Verlaufs nur ein Gegengewicht gegen die weniger erfreulichen Dinge bilden, die Cuspinian aus den Erblanden zu erzählen hat. Die Reichsangelegenheiten aber sind in einen Anhang verwiesen und auch hier ist nicht ungeschickt ein Grundsatz kaiserlicher Politik gesucht: Deutschland den Frieden zu bringen.

Ähnlich ist die Biographie Maximilians gehalten. Was sie für die Kenntnis des Menschen bringt, wird noch zu würdigen sein, ihr eigentlicher Inhalt aber ist die Bewährung des Wahlspruchs: Tu felix Austria nube. Der Hochzeitstag von 1515 ist nicht nur der große Tag in Cuspinians Leben gewesen, er erscheint ihm auch als die Krönung eines lang und mühsam errichteten Werkes österreichischer Staatskunst, zugleich als der Beginn einer zukunftsvollen Entwicklung. Hat er vielleicht unter diesem Eindruck auch schon bei Karl dem Großen den Ausdruck des Bedauerns eingemischt, daß sein Zwiespalt mit Byzanz nicht durch eine Ehe mit Irene geschlichtet wurde?[90] Wenn sodann in dem ganzen Schluß des Werks die Türkenfrage alles beherrschend hervortritt – viel stärker als etwa die italienischen und französischen Angelegenheiten –, so wird man nicht nur an Cuspinians eigene Diplomatentätigkeit, sondern auch an das Kapitel im Weißkunig denken müssen, in dem Max bei der Schilderung seiner Taufe die Vertreibung der Türken als seine Lebensaufgabe bezeichnet.

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So darf man wohl sagen, daß Cuspinians Kaiserbuch der historische Ausdruck der politischen Ideen Maximilians geworden ist. Man sieht nun auch, was ihn trieb, sich von den Consules des Cassiodor bis zur Gegenwart durchzuringen. Maximilian ist ihm der Inbegriff all der Tugenden, die er einzeln bei früheren Herrschern gefunden hatte, er ist insbesondere als Kriegsmeister die Vollkommenheit selbst, von den Nachkommen wie eine polykletische Statue zu verehren: Regnandi norma hic posteritatis erit schließt sein letztes Tetrastichon.


Blicken wir von dem Buche Cuspinians zurück zu den Fürstenspiegeln der Braunschweigischen Reimchronik, Levolds von Northof und Ludwigs von Eyb, so sehen wir, welche Entwicklung die Gattung genommen hat. Die Weite des historischen Blicks und die Gestaltungskraft haben gleichmäßig zugenommen, die Lösung des biographischen Elements aus dem chronikalen Zusammenhang und aus der Notizensammlung ist bewußt angestrebt, wenn auch nicht immer gelungen, die Aufgaben eines historischen Charakterbildes sind, wenn auch in der rohen Form rein moralischer Urteile erkannt.

Ist dafür nichts verloren gegangen? Ich meine, es wird wenige Leser geben, die nicht gerne von dem Folianten Cuspinians wieder zu dem dürftigen Latein Levolds oder zu der ungelenken deutschen Prosa Eybs zurückkehren. Denn so viel höher der Humanist über seinem Stoff steht als jene, so viel tiefer steht er unter seinem Fürsten. Wenn Cuspinian die Jagdleidenschaft Maximilians, seine Ausgaben für Meuten und Falknerei gegen allerlei Tadel rechtfertigen will, dann sagt er, das sei eben die Leibesübung der Fürsten, die nicht auf Plätzen und Straßen spazieren gehen könnten, wie das gemeine Volk, um sich Hunger zu machen. Und man merkt überall, daß er sich auch zu dem gemeinen Volke rechnet, das seinen Fürsten weit über sich sieht. Auch als Staatsmann ist Cuspinian doch nur der Diener seines Kaisers gewesen, und Maximilian hat so wenig wie irgend ein anderer deutscher Fürst seiner Zeit unter den Humanisten den Geschichtschreiber gefunden, der, wie es Commines für Karl VIII. und Ludwig XII. tat, seine Politik hätte erfassen und zugleich beurteilen können.


Cuspinians liebenswürdigstes Werk ist seine Austria geworden, die er, wie seine großen Arbeiten, unveröffentlicht hinterlassen hat. Man kann sie zu den Landesbeschreibungen stellen, die als Teilausführungen [218] des großen Planes der Germania illustrata erscheinen. Aber das Buch bietet doch etwas anderes, als etwa Bartholomäus Steins Beschreibung Schlesiens und Glareans Beschreibung der Schweiz. Schon daß es seinen Ausgangspunkt von einer Vita sancti Leopoldi nimmt und daran eine urkundlich belegte Genealogie der Babenberger[91] und Habsburger schließt, gibt dem Werke seinen besonderen Charakter. Auch daß Cuspinian das Büchlein mit seiner Ausgabe des Matthias von Neuenburg, dieser Hauptquelle habsburgischer Geschichte, zusammenschloß, verdient Beachtung. Cuspinian steht ganz in den geographischen Interessen der Wiener Schule, „meus aestuat animus in Cosmographia“, schreibt er 1512 an Aldus Manutius[92], aber in der Austria ist er jedenfalls nicht vom Geographischen zum Genealogischen gelangt, wie Celtis, sondern umgekehrt. Und auch das Geographische bei ihm hat besonderen Charakter. Enea Silvio hat ihn hier nur insofern beeinflußt, als er dessen unsystematischer Arbeit eine systematische gegenüberzustellen sucht[93], und wenn wir sehen, daß in dieser Systematik neben den eigentlich geographischen Partien der breiteste Raum solchen zugewiesen ist, die wir wohl am besten als staatsrechtliche bezeichnen können – quo pacto publica comitia fiant, quoties princeps omnes suos subditos convocet ex quatuor ordinibus provincialium, quis ordo servetur in tractandis negotiis – so werden wir an Maximilians Plan erinnert, ein Buch machen zu lassen, „wie ein fürst die stet in den österreichischen landen regieren soll“.[94] Die Austria Cuspinians ist bereits eine Landesbeschreibung im Sinne des neuen Fürstentums, das die Kraft seiner Lande rechnerisch und politisch überschlägt. Sie gehört aber, obgleich erst 1528 geschrieben, doch noch in den Kreis der von Maximilian veranlaßten Unternehmungen, wie auch die Karte Österreichs, die ihm beigegeben werden sollte, direkt auf die Anregungen des Kaisers zurückgeht.[95]


Überblicken wir nochmals den Kreis der Werke, die wir direkt auf die Gedanken Maximilians zurückführen konnten, so wird er uns auch in seiner Verengung nicht unfruchtbar erscheinen. Aber Maximilians Bedeutung für die humanistische Geschichtschreibung liegt doch nicht darin beschlossen, daß er dieses oder jenes Werk veranlaßt, dieser oder jener Bestrebung sich freundlich gezeigt hat. Wenn wir den älteren deutschen Humanismus zumeist in einer von Petrarka stammenden Weltschmerzstimmung fanden, die dem Ende der Zeiten zuzueilen glaubte, und dann mit der Wende des Jahrhunderts einen fast [219] plötzlichen Umschlag zu einem grenzenlosen Optimismus wahrnahmen, so knüpft sich diese Veränderung vor allem an die Person Maximilians. Er hat dem Humanismus, der so starke Neigungen zeigt, sich in antiquarischer Gelehrsamkeit zu vergraben oder in eine angeblich bessere Vergangenheit zu flüchten, erst recht eigentlich die Richtung auf die Gegenwart gegeben. Freilich das dauert nicht lange, kaum ein paar Jahre über Maxens Tod hinaus, höchstens bis zum Beginn der Bauernrevolution. Aber unterdessen hat sich die ganze entscheidende Entwicklung der humanistischen Geschichtschreibung in Deutschland vollzogen.



  1. [286] 1) Cuspinian, Caesares (Prankfurt 1601) 486.
  2. [286] 2) Die Äußerung des Rhenanus im Briefwechsel 42. – Zu den Münzsammlungen die Bemerkung im Weißkunig: Er hat alle munz, so die kayser, kunig und ander mächtig herrn vor zeiten geschlagen haben und die funden und ime zuegepracht worden sein, behalten und in ain puech malen lassen, dardurch oft ain kayser, kunig und herr mit seinem namen widerumb geoffenbart, des sonst ganz vergessen worden wäre. – Für die Inschriftensteine in den Schlössern der Brief des Petrus Bonomus bei Zapf, Merkwürdigkeiten der Zapfischen Bibliothek 296. – Dazu CIL III, 587 nr. VI. Interesse Maxens an der Igler Säule in Trier Pirckheimer, Opp. 252. – Über den Ettlinger Stein die interessanten Zusammenstellungen CIL XIII, II, 204. Auch Irenikus kennt ihn als Ettlinger s. Exegesis 28 und 201b. Über den Herkules in der Reichenau Peutinger, Sermones convivales (ed. Zapf) 26: Ladislaus noster (sc. Sunthaim) capellanus regius me certiorem reddidit aedem sacrae insulae Rhenanae Augiae maioris a deo Alman ab accolis cognominatam. Dazu Vadian im Melakommentar (1522) Gg 3: Et sunt hodie, [287] qui a deo Alman, quem peculiariter coluerint, Almannos dictos credant, cuius simulacrum adhuc in eius ripae vetustissimo coenobio, quam Augiam hodie maiorem vocant, cernitur, ut vidisse se in sua Geographia Vladislaus Suntham rettulit. – Zur Überführung Aventin, Annalen I (WW. II), 41: (Alemanus Hercules) . . . eius aereum signum in Richavia coenobio Suevorum hactenus servatum Ioannes Stabius historiographus iussu imperatoris Maximiliani caesaris augusti nostra aetate transtulit Tirolios; regia est Noricorum in ripa Athesis. [Eine andre Überführung (Inschriftenstein aus Mittenwald) ibid. 156.] Althamer berichtet im Tacituskommentar die Überführung nach Innsbruck.
  3. [287] 3) Die bekannte Erzählung Melanchthons im Chronicon Carionis über die Selbstbiographie jetzt mit Diskussion der Stelle bei O. Bürger, Beiträge z. Kenntnis des Teuerdank 12 ff. – Zum „Reuterlatein“ auch Cuspinian, Caesares 486: castrense Latinum vel (ut vulgus loquitur) militare didicit. – Zu dem Vergleich mit Caesar die Rede Bebels oben VI14 und die Bemerkung im Gedenkbuch, (Gottlieb, Die Ambraser Handschriften) I, 58, dazu Ulmann, Maximilian II, 7383. – Zum Akademieprojekt Geiger i. d. Zs. f. dte. Kulturgesch. 1875 S. 112, dazu den Brief Pirckheimers im Serapeum XVI, 181 ff.
  4. [287] 4) Gottlieb l. c. I, 62.
  5. [287] 5) Gedruckt mit dem Weißkunig im Jb. d. kunsthist. Sammlungen d. allerhöchsten Kaiserhauses VI, 425.
  6. [287] 6) Der Ausspruch Maximilians bei Heyck, Kaiser Maximilian 66, zum hürnenen Siegfried Horawitz, Caspar Bruschius 1541.
  7. [287] 7) Beatus Rhenanus, Res. Germ. 108, S. o. V138. Melanchthon i. d. Vorrede zum Chronicon Urspergense von 1537: Itaque Stabium audivi narrantem Imperatoris Maximiliani consilium, quem constituisse aiebat certis hominibus doctis mandata dare, ut collectis undique Germanicis chronicis, quia alius alia annotasset, ex fragmentis illis Germanicam historiam integram, quam fieri posset, componerent. Sed vel occupationibus impeditus, vel quia non satis idoneos homines rei tantae, qui quidem vacui fuissent, reperiebat, inceptum omisit. Vgl. Corpus Reformatoram III, 216 u. 877 ff. Ich glaube, daß hier nicht mehr Tatsächliches zugrunde liegt, als was Cuspinian (unten Anm. 15) berichtet. S. zur Kritik auch Ulman, Maximilian II, 7412 und 7431, sowie Gottlieb, Ambraser Handschriften I, 49 f.
  8. [287] 8) Vita Celtis per Sodalitatem litterariam Rhenanam [vor der Ausgabe der Oden 1513]: Theodoriceiden orsus, quo Theoderici regis Gothorum et Germaniae historiam complecti voluit versu heroico. – 1502 spricht Celtis in der Widmung der Amores von einer auf Wunsch Maximilians geplanten Maximilianeis. Ob die Wandlung zu einer Theodoriceis mit der Ausgestaltung der Ideen für das Innsbrucker Grabmal zusammenhängt?
  9. [287] 9) Cuspinian l. c. 491: Erat enim et historiarum studiosissimus. Et cum familiam suam praeclaram Austriae, diu in tenebris obsitam ac iacentem, in lucem produxisset, afficiebatur plurimum, si in pulchram redacta seriem scripta ei praelegebantur.
  10. [287] 10) Darüber wird demnächst eine Abhandlung Hermann Grauerts Näheres geben.
  11. [287] 10 a) Ulmann in ADB. XX, 735 und Laschitzer im Jahrbuch l. c. VII, 8.
  12. [287] 11) S. Rieger, Heinrich v. Klingenberg u. d. Gesch. d. Hauses Habsburg in AÖG. XLVIII, 303–354. Abweichend Albert in ZGOberrheins N. F. XX, 179 ff.
  13. [288] 12) Chronicon II, 236b: De Rudolphi regis genealogia modo dicendum esset, cum et magnifica eius gesta describuntur, sed de tam varia scriptorum opinione non est, quod iudicem. Summi principis autoritatem a gestis rebus petere licet, non a natione, quamquam et haec fortassis est quaedam virtutis imago. Originem comitibus de Habispurg a Perleonibus comitibus Romanis civibus deducunt ex Aventino monte splendida nobilitate freti, opinor, non omnino malis autoribus, apud quos ei rei fides esto. Nos, qui vir Rudolphus fuerit, tanti haeres imperii, studiosius exequemur. – Daß auch Naukler zu Maximilian in Beziehung stand, berichtet Cuspinian (Caesares p. 486, 35). Daß er einen Stammbaum gefertigt habe, sagt ausdrücklich Jakob Spiegel in einem Scholion zu der Austrias Bartholins s. Ulmann, Maximilian II, 7492. Nach der oben mitgeteilten Äußerung war das jedenfalls kein Karolingerstammbaum. Die früheste datierbare Erwähnung eines solchen, die ich kenne, ist Wimpfeling, Epitome cap. 9: Maximilianus ex ea domo et ac familia genitus est, de qua Caroli Magni stirps propagata fuit.
  14. [288] 13) Das Folgende beruht, wo keine andere Quelle angegeben ist, auf der oben angeführten trefflichen Abhandlung Laschitzers, Kaiser Maximilian I. in Beziehung zur Geschichtschreibung seiner Zeit.
  15. [288] 14) Laschitzer 11.
  16. [288] 15) Nur darauf bezieht sich die Stelle. Ebenso sagt Cuspinian l. c. 486: Primus enim inter omnes principes nostra aetate singulorum genealogias indagavit, missis per Italiam, Franciam et Germaniam nunciis, qui omnia coenobia, omnes bibliothecas, omnia archiva principum disquirerent, evolverent ac perscrutarentur. Atque ob id annales singularum provinciarum, qui situ delitescebant ac squalore, tineis absumebantur, eius opera revixerunt et in lucem commigrarunt.
  17. [288] 16) S. über ihn Horawitz in ADB. XXI, 358 ff. und mehrfach berichtigend Laschitzer im Jahrbuch der kunsthist. Sammlungen des Kaiserhauses IV, V und VII. Ferner Th. Ludwig, Die Konstanzer Geschichtschreibung S. 38 ff. und 152 ff., wo man auch am besten die Arbeitsweise Mennels kennen lernt. Eine günstigere Beurteilung bei Albert l. s. c. Die von Laschitzer l. c. V, 220 erwähnte Rhetorica minor cum tractalulo kalendarum, nonarum et yduum inuenibus admodum utilis liegt mir vor. Sie ist 1494 verfaßt. In der Schlußschrift nennt sich Mennel: Jacobus Mennel ex Pregantzia, optimarum arcium liberalium magister almique studii Friburgensis conregens necnon certorum juuenum pedagogus ac informator plurimum commendabilis. Das Büchlein selbst ist wertlos, es ist iuxta familiärem Donati nostri processum geordnet.
  18. [288] 17) Laschitzer im Jahrbuch VII, 114: Nauclerus Tuwingensis, praeceptor meus.
  19. [288] 18) Sein größtes Werk, der „Geburtsspiegel“ oder „Fürstliche Chronik“ von 1518, ist ungedruckt. Doch haben wir nach seinen anderen Werken und nach der Inhaltsangabe des Geburtsspiegels bei Laschitzer (l. c. VII, 12 f.) kaum Ursache, mit diesem in dem Buch einen Gipfelpunkt Maximilianischer Geschichtschreibung zu sehen.
  20. [288] 19) Da es aus dem Jahre 1502 einen ähnlichen liber prodigiorum von Josef Grünspeck gibt [Wickhoff, Beschreib. Verzeichnis der illuminierten Handschriften in Österreich I. Tirol S. 193], so wird man absichtliche Konkurrenz oder eine Anregung Maximilians anzunehmen haben.
  21. [289] 20) Siehe die Vorrede und Beschlußrede zur „Fürstlichen Chronik“ bei Laschitzer l. c. IV, 75 f.
  22. [289] 21) Vgl. für ihn Aschbach, Gesch. d. Wiener Universität II, 363 mit den Korrekturen Bauchs (Anfänge des Humanismus in Ingolstadt 100 ff. und Reception des Humanismus in Wien 128 f.) und Jahrbuch l. c. III.
  23. [289] 22) Laschitzer 21.
  24. [289] 23) Daß Stabius der Urheber der „Noahgenealogie“ ist, zeigt die von Laschitzer nicht angeführte Stelle aus Cuspinians Austria (Ausgabe von 1601, p. 44) Hieronymus Gebweiler ... praeterquam quod duces Austriae ex arca Noae deducit,... sibi arrogat inventionem Joannis Stabii, historici et poetae eruditissimi divi Maximiliani Caesaris propriam, non suam, quam quidem inventionem D. Caesar Maximilianus ab initio admiratus est et laudavit, sed tandem reiecit et vetuit, contentus ex regibus Francorum ducere suam prosapiam. Mennel muß das wohl angenommen haben, denn die von Harzen im Deutschen Kunstblatt V (1854), 23818 aus dem handschriftlichen Fugger angeführte Anekdote zeigt ihn mit Maximilian zusammen bei der Besprechung dieser Genealogie. Die Anekdote selbst – Kunz von der Rosen läßt den Kaiser durch einen Bettler und eine Dirne belehren, mit was für Leuten er durch diese Abstammungstafeln in „Brüderschaft“ käme – ist zwar nur ein Duplum zu einer Geschichte von Rudolf von Habsburg (bei Andreas Ratisbonensis), wird aber dadurch nicht unglaubwürdig.
  25. [289] 24) Laschitzer hat im Jahrbuch IV l. c. nachgewiesen, daß ein von Herberger, Peutinger 60104 abgedruckter Brief nicht Brant, sondern Mennel angehört. Doch ist an dem Anteil Brants an der Genealogie nicht zu zweifeln, da sein Sohn Onuphrius in der oben [III137] zitierten Vorrede sich darüber bestimmt ausspricht. Da die Stelle für die literarischen Unternehmungen Maximilians wichtig ist, setze ich sie her: Kurtz verruckter nachgonder zeyt [sc. nach seiner Bestallung zum kais. Rat] ließ bemelte Römische kayserliche Maiestat jme schreiben mit vnderzeichniß irer Maiestat eygen handt, auf nebenschriftlicher instruction und bericht des Edeln erentreichen, hochberümpten vnd vilgeachten herrn Niclaus Ziegelers etc. irer Maiestat allergeheimisten Sekretarien, wie das ir Maiestat des willens wer (als auch unser Heiliger Vatter Babst Julius der ander irer Maiestat vergünstiget vnd zugelassen hat) von irer Maiestat voreltern, von den blůt, vrsprung vnd zugewandtschafft des löblichen haußes Österreich, von mannen, frauwen vnd iungckfrauwen ein mercklich anzal deren, die biß anher für heilig vnd eins seligen lebens gewesen sein geachtet worden, in den Katalogum der heiligen vnd den kalendarium setzen zu lassen, da sich die zal vff hundert vnd treyssig erstreckt. Do wer ir Maiestat gnädigs begeren, das genannter Doctor Brandt Antiphen derselben heiligen lebens legend bequemlich, auch versickel vnd Collecten denselben gleichmässig new frän[k]ische form vnd vergriff stellen solt, dann ir Maiestat solchs jme zu thun allein vert[r]uwen that. Diser arbeit sich obbenanter mein lieber herr vnd vatter abermals vnderzogen, auch irer Maiestat des ein prob derselben etwo vil außbereit durch doctor Jacob Mennlin zukommen lassen. Aber ee solch arbeit gar volbracht, als ir Maiestat jme wider schreiben vnd befelhen lassen irer vrsprünglichen geburt halb von Noa biß vff das hochloblich geschlecht Habspurg etwy mit fleiß zu ersuchen vnd erscheinen. Solcher arbeit (wie gar schwär vnd bürdlich die sein mag, ist leicht zu achten) mein geliebter herr vnd vatter sich auch vnderzogen... Hew leyder ist so bald der Rümes, eeren, tugend vnd loblich kayser Maximilianus [290] zu dem allermechtigen herren vnd regierer aller Fürsten vnnd herren berüfft worden. Vgl. Ch. Schmidt, Hist. litér. de l’Alsace I, 252.
  26. [290] 25) Das 1522 erschienene und Karl V. gewidmete Buch ist auch sonst für den Geist Mennels bezeichnend. Es gibt, da manche Chroniken nicht nach Jahren von Christi Geburt, sondern nach Kaisern und Königen zählen, eine chronologische Tabelle, in der Kaiser und Päpste nach Stamm, Namen, Eigenschaft, Regierungszeit und Todesart verzeichnet sind. Die letzte Rubrik enthält dann die „Historie“, d. h. Wichtiges aus der Regierung des betreffenden; dazu gehört z. B. bei Caesar: Zu diesen zeyten seind zu Rom einßmals drey sonnen erschienen, daruß ein sonn worden. Ein ochs hat geredt wunder. – Bei Friedrich Barbarossa: Hat vil großer sachen gethon, daß wunder ist, für zum heyligen grab, hat vil stett gewonnen, und als er in eim kleinen wasser baden wolt, is er ertrunken.
  27. [290] 26) S. über diesen Lorenz, G. Qn. II, 291. – Wimpfeling empfiehlt im Isidoneus Kap. 28 den liber Augustalis als Schullektüre.
  28. [290] 27) S. NA. XXIX, 262.
  29. [290] 28) S. Horawitz in SBWA. LXXI, 661.
  30. [290] 29) Morneweg, Dalberg 155. Peutinger an Reuchlin 1503 april 22: Et cura, quod patronus noster Dalburgius aliquando Caesares suos vel saltem nomismatum inscriptiones ad nos mittat (Reuchlins Briefwechsel ed. Geiger 83).
  31. [290] 30) Die Notiz aus Wimpfelings verlorener Schrift De arte impressoria bei Janssen, Gesch. d. dtn. Volkes I17, 159. Für die beabsichtigte Illustration des Peutingerschen Kaiserbuchs sein Brief an Celtis von 1505 [clm. 4028 f. 1]: Imperatores . . a C. Julio . . usque ad Maximilianum . . . una cum imaginibus et insignibus prope absolvimus . . . Für Cuspinian dessen Brief an Pirckheimer 1526 nov. 25 [Pirckheimeri Opp. 252 ff.]. Imagines Caesarum omnes non sunt excisae hactenus, quia caremus artificibus. Sed hanc partem reliquam excudendam reservare tibi et tuo Achati Alberto Durero facile huius artis principi.
  32. [290] 31) Venetiis apud Aldum 1516 (!), obgleich die Vorrede des Egnatius vom 10. Juni 1517 datiert ist. Zur Biographie Agostini, Notizie istoriche spettanti alla Vita e agli Scritti di Batista Egnatio. Venedig 1745.
  33. [290] 32) Egnatius macht ihn zu einem Enkel Ludwigs des Stammlers, was ihm Cuspinian (Caesares 216) heftig vorwirft (inepte somniavit Egnatius). Egnatius gesteht seine Unsicherheit, hat aber als Grund seiner Vermutung: nec enim video, qui fieri potuerit, ut obscurissimus homo, (quod quidam asserant) imperio praefuerit, Gallis praesertim suos reges tanta veneratione colentibus et ignobiles aversantibus.
  34. [290] 33) S. die Vorreden zum 2. und 3. Buch, sie zeigen ein Schwanken der Tendenz. Dazu bei Otto III: Non poenitet adhuc Germanorum principum, quippe quorum virtute Christiana pietas et res Italica respiravit.
  35. [290] 34) Schon für den Einschub Maomethis ortus unter Heraclius ist Leto Vorbild.
  36. [290] 35) Er bringt, wie dieser, den Landfrieden unter Konrad II. sub initio imperii und hat in der Charakteristik Heinrichs IV. dieselbe nicht auf Platina, sondern auf Wilhelm von Malmsbury beruhende Stelle: nemo collatis signis ad hanc diem pluries cum hoste conflixit, quippe qui Marcum Marcellum et Caesarem Dictatorem supergressus bis et sexagies pugnavit; vgl. die Epitome c. 29. Wenn der Vergleich mit Marcellus und Caesar, der bei Wilhelm nicht steht, [291] auf Wimpfelings Rechnung kommt, so ist die Benützung erwiesen. Auch die Stelle über Friedrich Barbarossa: Pessimo iam pridem exemplo pontificiae cum imperatoribus contentiones inoleverant, dum pontifices imperatoriam maiestatem, quam illi suo suffragio ratam facerent, contemptim paene habebant, et Romani principes ambitionem in sacerdote praeposteram aequo animo ferre non possunt. Unde omnium malorum fons et origo his inter se decertantibus, quorum ope et concordia res Christiana florere diutissime potuit ist mit Epitome c. 32 Schluß zu vergleichen.
  37. [291] 36) Hutteni Opp. I, 146 ff. Hutten an Erasmus 1517 juli 21. Ibid. 135 Egnatius an Erasmus 1517 juni 21. Aus dem Briefwechsel des Erasmus ergibt sich, daß Egnatius mit den Genossen des Basler Kreises Beatus Rhenanus, Glarean, auch mit Zasius befreundet war.
  38. [291] 37) Vorrede zur ersten Ausgabe des Defensor pacis von 1522 (sie ist wie der Brief Hummelbergs bei Lotter-Veith, Vita Peutingeri 198 zeigt, von Hermann v. d. Busche, nicht, wie man vermutet hat, von Rhenanus): Ludwig der Baier sei, wie auch Egnatius zugebe, ob nullum gravius delictum, quam quod citra Joannis assensum appellationem imperatoris sibi usurpare sustinuerit, von den Päpsten bekämpft worden. Dagegen temperamentvolle Polemik Huttens gegen die Darstellung des Investiturstreits bei Egnatius in der Vorrede zu De unitate ecclesiae conservanda (Opp. I, 332).
  39. [291] 38) Besprochen von Bauch in AHessG. N. F. V, 68 ff. Die Ausgabe Consules Romani von 1533, die unter seinem Namen geht, ist nach der Vorrede des Druckers nicht von ihm. Die Imperatores sind eine recht schwache Leistung, die Huttichs sonstige umfangreiche Studien nicht erkennen läßt. Die römische Kaiserreihe zeigt starke Vorliebe für den von Buch zu Buch geschleppten Anekdotenkram. Die Ähnlichkeit mit Egnatius tritt z. B. bei Arnulf und den Ottonen deutlich hervor. Originelles findet sich nur etwa bei Justinian (Abneigung gegen die Juristen), Heinrich IV. und V. (antipäpstlich), Ludwig d. Baiern (Polemik gegen die Italici scriptores). Der Artikel über Friedrich III. ist ein Muster unsinniger Schmeichelei. Von Maximilian heißt es: desuetam militiae Germaniam iterum armis assuefecit, pace tamen nihilominus praeclarior.
  40. [291] 39) Über das Kaiserbuch Peutingers hat bis jetzt Zapf in den Merkwürdigkeiten der Zapfischen Bibliothek (1787) I, 14 und in der Epistola ... ad Wicterpum, ord. S. Benedicti ad SS. Udalricum et Afram . . abbatem (1790) am ausführlichsten gehandelt, in der Epistola auch ein Paar Textproben. Eine eingehendere Würdigung steht von E. König in Aussicht, s. dessen Artikel Konrad Peutinger als Historiker i. d. Wissenschaftl. Beilage z. Germania 1909, S. 345 ff. Das Folgende beruht auf dem Codd. 26 und 145 A und B der Augsburger Stadtbibliothek. Davon ist cod. 26 eine als Reinschrift gedachte Pergamenthandschrift, enthaltend die Kaiser von Caesar bis Basilius und von Karl d. Gr. bis Lothar II. Doch ist der Text wieder stark von Peutinger korrigiert und überdies von Karl d. Gr. an nur Vorlage für das Ms. 145 A derart, daß dies eine Abschrift nach den Korrekturen, Strichen und Zusätzen Peutingers darstellt, aber bis auf Konrad II. fortgeführt ist. Eine zweite Vorlage für 145 A ist dann das Ms. 145 B, das aber den Text weiter bis zu Heinrich VII. führt. Daß eine Kaiserreihe bis Maximilian beabsichtigt war, zeigt außer dem gleich zu erwähnenden Briefwechsel mit Celtis der Brief Hummelbergs an Peutinger 1519 juni 9, in dem er für sein auf Maximilian gedichtetes Epitaph einen Platz in [292] den Augustales erbittet (Lotter-Veith 189 f., vgl. 192, Peutinger hat es dann mit der 2. Ausgabe der Augsburger Inschriften drucken lassen). Auf eine bei Karl IV. zu gebende Erörterung verweist Peutinger selbst unter Otto III. Das älteste Zeugnis für die Arbeit am Kaiserbuch ist der oben zitierte Brief Peutingers an Reuchlin 1503 april 22, wo es heißt: Sum modo in nostris Suevis Caesaribus, in quibus ob incuriam maiorum labore maiore opus est. Nach dem Briefwechsel mit Celtis in clm. 4028 muß dann das Kaiserbuch 1505 druckfertig gewesen sein, aber jedenfalls in anderer Gestalt als das, was wir haben. Andere Zeugnisse sind der Brief an den Kurfürsten von Sachsen 1508 sept. 24 und der an Ellenbog 1509 märz 18 (Herberger l. c. 64116 und Zapf, Sermones 138). Für einen Teil des jetzigen Textes, nämlich den über die römischen Kaiser, läßt sich ein terminus ante quem angeben. Er liegt vor 1511, da er Korrekturen, welche der in diesem Jahr erschienene Brief der Margaretha Welser an den Kaisernamen Letos vornahm, noch nicht hat oder erst nachträgt. (Auch die Stelle S. 44 des Briefes über eine Münze Diocletians quod antea minus bene videram erklärt sich aus f. 63 des cod. 26.) In dem Briefe ist dann auf das „in Arbeit befindliche“ Kaiserbuch verwiesen.
  41. [292] 40) Ich meine die merkwürdige Stelle in dem Briefe Bernhard Adelmanns an Pirckheimer 1517 dez 11 [Heumann, Documenta 165]: Displicet plurimum nostro archigrammateo tuorum liber, quem in favorem ac laudem Deurndanck edidere; sed sic agitur: dum sua cuique placent, credula turba sumus.
  42. [292] 41) Ulman II, 7503, wo auf handschriftliches Material in Fuggers Ehrenspiegel verwiesen ist.
  43. [292] 42) Es ist wichtig für die Beurteilung seiner Arbeit, daß er diese Untersuchungen, wie Ms. 145 B zeigt, z.T. erst gemacht hat, nachdem die Vitae schon vollendet waren. Vgl. u. Anm. 50.
  44. [292] 43) Es ist DD 28 der Monumentenausgabe.
  45. [292] 44) Nach Peutinger war es eine von Bischof Johann v. Werdenberg 1480 über der angeblichen Grabstätte des Kaisers im alten Chor des Domes gesetzte Tafel, die diese Inschrift trug. Der Grund der Lokalisierung liegt in der Stelle des Hermanus contractus: intestinis Augustae conditis.
  46. [292] 45) Es ist das Spurium DD 516. Er kennt außerdem DD 35, wo ihm auffällt, daß hier Pippin imperator heißt, 79, 229, 404, 505.
  47. [292] 46) Für Ansegisus muß er eine Handschrift benutzt haben, die mit den bei Boretius (M. G. LL II, 1, 391) unter nr. 27 und 28 bezeichneten verwandt war. – Besonders bemerkenswert ist, daß er die Exauctoratio, für die jetzt keine Hss. mehr existieren, aus einem Thegankodex des Klosters S. Peter bei Konstanz haben will. Er bemerkt am Schluß: Idem Thegani (!) haec non ut imitanda, sed tamquam impia, exitialia prorsusque respuenda et abicienda se referre profitetur. Das steht in unsern Thegantexten nicht; daß Peutinger aber Thegan wirklich kennt, zeigen seine Zitate über das Lügenfeld und in dem Abschnitt de uxoribus et filiis Ludowici. Er nennt ihn da archiepiscopus Treverensis, vor der exauctoratio richtig corepiscopus Treverensis. Die exauctoratio hat er auch in dem jetzt Stuttgarter Kodex F 243 kopiert. – Die Divisio imperii kennt er in der von Boretius l. c. II, 1, 126 mit 3. 4 bezeichneten Rezension. Auch dafür ist er jetzt unsre älteste schriftliche Vorlage.
  48. [292] 47) Er kennt und zitiert ihn ebenso wie Cuspinian als Abbas Urspergensis, s. den Druck von 1515.
  49. [293] 48) Z. B. auch Bartholinus im Hodoeporicon.
  50. [293] 49) Es sind die bekannten Verse: Si probitas sensus, die z. B. auch Trithemius, Ann. Hirsaug. I, 587 und Cuspinian, Caesares 342 haben.
  51. [293] 50) Er beweist aus den Urkunden, daß Konrad 1125 zum römischen König erklärt und 1126 zum Kaiser gekrönt worden sei, hat auch das Todesdatum Heinrichs II. richtig zum 13. Juli, aber er läßt in seiner Vita Conradi doch ruhig stehen: electoribus quasi per annos duos post Heinrici Caesaris mortem super futuri regis electione discrepantibus. – Platina hat unter Johann XXI. triennio post und fügt bei: Hoc autem interregno crediderim ego multas Italiae civitates spe libertatis erectas ab imperio defecisse.
  52. [293] 51) Verum cum rediret (ex Italia), capitur et ex arce, qua custodiebatur, saltu fugam quaesivit, cadendo lumbos frangens, liberum se faciens claudus tamen permansit. Die Geschichte steht in den Ann. Palid. (SS. XVI, 66), aber nicht zum italienischen Feldzug. Es scheint eine Kontamination mit der Vita des Adalbert [SS. IV, 817 f.] vorzuliegen.
  53. [293] 52) S. das DRA. Jüngere Reihe I, 629 gedruckte Gutachten und ein zweites in 2° Aug. 403 der Augsburger Stadtbibliothek f. 65 ff.
  54. [293] 53) Modus ab Imperatoribus Caesaribus Augustis investiendi episcopos et abbates hactenus observatus, sicut compertum legimus, erat, quod defuncto episcopo vel abbate capitulum vel conventus insigne praelati, baculum et anulum, Caesari Augusto transmittebant, qui postulantibus episcopum vel abbatem designabat. Ea ambitionis causa illustres et clara familia geniti quosque fortuna blandius amplectabatur, apud Caesares Augustos privilegio vicecapellanorum donati sua impensa degebant.
  55. [293] 54) Er hat als Grund für die Einsetzung der deutschen Päpste durch den Kaiser: mali enim avaritiae studio dediti pontifices maximi electionis libertatem tunc amiserant.
  56. [293] 55) Gregor verdammt ihn, quod eius admonitionibus non acquievisset, vel ut plerique scribunt, non confessum nec etiam convictum.
  57. [293] 56) S. die Briefe hinter Zapfs Ausgabe der Sermones convivales 150 ff. Peutinger tadelte die Ausfälle auf Karl VIII. von Frankreich und die Schweizer und – wohl mehr als Vorwand – die Einfügung deutscher Ortsnamen in den lateinischen Text.
  58. [293] 57) Es fehlen die Worte: Quis talia facta recte considerans non deploret et detestetur, quae indicium videntur et quoddam portentum et prodigium ruentis ecclesiae (SS. XXIII, 383, 22 f.).
  59. [293] 58) Man vergleiche dagegen unten Cuspinian. Zu den Worten, der Papst habe das delictum des Kaisers persönlich vorgetragen, setzt er si quod admisit Caesar.
  60. [293] 59) Sein Exemplar ist jetzt Cod. F. 246 der Stuttgarter Bibliothek.
  61. [293] 60) Für das Biographische Aschbach, Geschichte d. Wiener Universität II, 284–309 und Horawitz in ADB. IV, 662 ff., beide dürftig und schon aus Cuspinians eigenen Schriften zu ergänzen. Die Daten der Jugendgeschichte jetzt berichtigt von Bauch in AHessG. N. F. V, 36 ff. Als Übersicht brauchbar Haselbach, Johann Cuspinan als Staatsmann und Gelehrter. Programm Wien 1867. Neuausgabe des „Tagebuchs“ Cuspinians [es ist ein Hauskalender wie bei Aventin] mit guten Erläuterungen von Ankwicz in MIÖG. XXX, 280 ff. Das Familienbild Bernhard Striegels [Berlin] abgebildet bei Janitschek, Geschichte der deutschen Malerei 441. [294] Eine einigermaßen ausreichende Würdigung seiner wissenschaftlichen Tätigkeit fehlt. – Die zwei Hauptwerke, Caesares und Consules, hat sein Schüler Nikolaus Gerbel 1540 und 1552 veröffentlicht, den Caesares hat er eine nicht unwichtige Vita Cuspinians vorausgeschickt, auch das Vorwort Christoph Scheurls an Karl V. ist von Interesse. (Zu diesem ein erster Entwurf mit interessanten Abweichungen in Scheurls Briefbuch II, 240. Zur Ausgabe selbst der Brief II, 225 und für die erste Bekanntschaft I, 146.) Die Caesares-Ausgabe Gerbels aber ist durch Druck- und Lesefehler fast unbrauchbar, viel besser ist die, welche Wolfgang Hunger (s. über ihn Riezler, Gesch. Baierns VI, 412 ff.), vorbereitet und Albert Reyffenstein 1561 veröffentlicht hat. 1553 erschien durch Brusch die Austria mit den Türken-schriften (a. Horawitz, Bruschius 135 f.). – Ich zitiere nach der Ausgabe Frankfurt 1601 typis Wechelianis, die in drei Bänden alle diese Schriften wiederholt. – Zur Entstehungsgeschichte der Caesares notiere ich Folgendes: Cuspinian erwähnt sie bereits 1512 als fertig (Reuchlins Briefwechsel 169, ebenso an Jacob de Banissis s. Laschitzer im Jahrbuch VII, 46) und bemerkt, daß er gerade an den Consules ex Cassiodoro arbeite. (S. auch Vadians Briefwechsel I, 90, wo Peter Eberbach sich Oktober 1511 nach der bevorstehenden Edition erkundigt.) In der Ausgabe der Panegyrici latini 1513 spricht dann sein Neffe Georg Cuspinian von seinem opus de consulibus et caesaribus Romanis usque ad nostra saecula, quod ad finem iam pene deduxit. 1515 aber erklärt Cuspinian in der Vorrede zum Otto von Freising, erst noch die andern Quellenschriftsteller herausgeben zu wollen, um seine Darstellung vor unberechtigten Angriffen zu schützen, und weist noch 1522 Scheurl, als dieser ihn zur Herausgabe auffordert, scharf ab (s. die Widmung Scheurls an Karl V.), trotzdem damals Consules und Caesares „iam bene absoluti“ waren [Aschbach II, 3061]. Als ihm aber 1525 bei dem großen Brande von Wien sein Haus eingeäschert wurde und er weiteres Unglück erlitt, dachte er schon aus finanziellen Gründen an die Veröffentlichung. Ein großer Brief an Pirckheimer (1526 nov. 25 Pirckheimeri Opp. ed. Goldast 252 ff.) gibt darüber Aufschluß. Danach bestand damals das Werk aus drei Teilen, den Consules, einer Kaisergenealogie und einer Kaisergeschichte. Cuspinian wünschte den Druck durch Koberger und dachte an eine Dedikation des ersten Teils an den Nürnberger Rat, „quia ante aliquot annos hinc prodierit Chronica mundi (Schedels Weltchronik), a quo merito discere possunt et duces et principes, imo et reges, quo pacto sint habenae nectendae [in(?) populum sibi subditum (der Text ist verderbt)], praesertim hoc nostro saeculo“. Pirckheimers Antwort (bei Hase, Die Koberger, Briefbuch CLI) schlug all seine Hoffnungen nieder (sein Brief vom 25. Januar 1527 l. s. c. 257). Ein Auszug, den er nach Hase, Koberger 173 hat erscheinen lassen, ist mir nicht bekannt geworden. Doch muß er bis zu seinem Tode 1529 an beiden Werken fortgearbeitet haben, daher die häufigen Verweisungen von einem auf das andere und Gerbels Irrtum, der die Consules in der Vita für das frühere Werk erklärt. (Einzelne Daten in den Caesares selbst, z. B. 56,26 Proximo anno cum haec scriberem, cum orator Caesaris Maximiliani ad Vladislaum regem Hungariae ivissem (1515?), 355,36 zu 1520, 465,59 zu 1521. Die Vita Maximilians ist 1522 geschrieben, s. S. 484 f.) 1528 erklärt er in der Austria (S. 56), daß er propediem edieren will. Dazu ist er nicht mehr gekommen, doch hat er die Einschaltung der Genealogie in das Kaiserbuch wohl noch selbst vorgenommen. – Für die Quellenuntersuchung sind weder Cuspinians eigene Angaben noch Gerbels Zusammenstellung vor seiner Ausgabe genügend. [295] Gerbel hat gerade für uns interessante Dinge, z. B. die Benutzung des Hermannus Contractus und seines Fortsetzers Berthold übergangen, ebenso die Erwähnung der beiden Viten Heinrichs II. Anderes zitiert Cuspinian selbst nur als Annales vetustissimi; ich merke an, daß 253,22 ff. wahrscheinlich die Casus S. Galli Ekkehards benutzt sind. Wer ist der Albertus Monachus, dessen Annalen er 398,32 als zeitgenössische Quelle für das Basler Konzil zitiert? Über Handschriften aus seinem Besitz s. Mommsen in MG. Auct. ant. V, 1, p. LII Iordanes Chronicon und p. LX und LXI zwei Handschriften der Getica, eine davon früher im Besitze Fuchswags.
  62. [295] 61) S. die Abschweifungen Caesares 280,43; 313. Er hat auch eine Beschreibung der Heimat geplant Austria 55.
  63. [295] 62) Caesares 243 über Roswitha, 283 über das Carmen de bello Saxonixo, 327 über den Ligurinus. Auch über die Tötung des Herzogs Friedrich von Braunschweig, des angeblichen Thronkandidaten von 1400, hat er (p. 399) Verse, von denen er sagt: Circumferuntur rythmi vulgares, non admodum latini ac elegantes, sed veritatem exprimentes ac syllabis quibusdam nomen Friderici notantes, eins sepulchro inscripti. Qualescunque tamen sint, cum Romanos non puduit aliquando Ethruscorum et Oscorum inserere nomina, subiunxi. Quandoquidem tempora his in terris non aliam ferebant elegantiam.
  64. [295] 63) Caesares 41,59, wo er die verlorenen Biographien Trajans zitiert, die er aus Lampridius, Alexander Severus 48,6 kennt, vgl. 60,57, 64,20, 83,17 usw., auch seine Äußerung über Tacitus 18,55 und öfter: Utinam integer ad nos diligentissimus scriptor venisset. Charakteristisch auch Consules 96, wo er zur Suche nach einem vollständigen Dionys von Halikarnass auffordert.
  65. [295] 64) S. dazu Mommsen in M. G. Auct. antiquissimi IX, 263 ff.
  66. [295] 65) Er fand ihn mit Prokop und Diodor in Ofen, s. Consules 469. Maximilian zeigte 1514 den Fund des Zonoras in einem eigenen Schreiben Pirckheimer an und suchte ihn als Übersetzer zu gewinnen [Pirckheimeri Opera ed. Goldast 93, vgl. oben VI78]. Später galt die Hs. als verloren (s. die Einleitung von Gerbel und die Annotationea Hungers). Doch ist es wohl dieselbe, die Hieronymus Wolf 1557 herausgab. Er wird sie von Nikolaus Derschwan erhalten haben, der auch die Hs. der Austria an Bruschius gab. Über Derachwan s. CIL III, 154.
  67. [295] 66) S. Caesares 37,40. Cuspinian hat ebenso wie Irenikus auch den Suidas für historische Zwecke benutzt. S. Caesares 4,20, 38,2 u. öfter.
  68. [295] 67) Von Gerbel in der Vita hervorgehoben.
  69. [295] 68) Caesares 174 erwähnt er die diplomata fundationum monasteriorum aus der Zeit Karls d. Gr.; 261 und 262,38 für Bamberg; 218 sagt er über Emmeram: Abundat hoc coenobium et viris religione praeditis et veteribus diplomatibus et libris, quos mira custodiunt diligentia venerandi patres et doctioribus viris, si appulerint, copiam faciunt humaniterque eos tractant, hospitalitate insigni utentes, vere religiosi patres et digni, ut apud posteros quoque nomen habeant. Für Emmeram auch das Lob des Bartholinus im Hodoeporicon, s. o. Anm. 48.
  70. [295] 69) So z. B. die auf Befehl Friedrichs II. gefertigte Übersetzung des Gregor von Nyssa, De natura hominis, s. Caesares 341,59 und Briefwechsel des Beatus Rhenanus 41 ff. Die wichtigste Entdeckung des Stabius ist die Chronik Cassiodors und das Konsulverzeichnis, a. die Fundgeschichte des letzteren Consules 267 und für die Chronik Consules 477: Unicum habui Cassiodori exemplar, quod meus Stabius, homo acerrimi ingenii, mihi attulit. – Dagegen sagt Aventin in der [296] Praefatio zur Vita Henrici IV [WW. I, 605] an den Abt von St. Emmeram: Ibi reperi chronicon Hermanni comitis Veringen, consules Cassiodori, quae Ioannes Cuspinianus, praeceptor meus, vir harum rexum curiosus perscrutator, exscripsit ac ut spero, propediem, quae est hominis diligentia, publicabit. Da aber die Regensburger Hs. [jetzt clm. 14613] nach Mommsen [M. G. Auct. ant. XI, 117] unvollständiger ist als die Cuspinians, so wird wohl Stabius als Entdecker unangefochten bleiben. Das Kloster, wo er die Hss. fand, ist die Reichenau.
  71. [296] 70) Caesares 219,10; Consules 469; vgl. auch Caesares 174: Longum esset ea [sc. pia gesta Caroli Magni] ordine recensere, qui iam annis pluribus in recognoscendis monasteriorum ac templorum diplomatibus non vulgarem operam impendi, qui harum rerum curiosus antiquitates nostrae Germaniae in cultu ac religione Christi perdiscere volui.
  72. [296] 71) Er hatte Rudolf ignavus genannt, s. Caesares 351,50, anderes über Merula 312,26, 327,28 und 367,39.
  73. [296] 71a) S. die interessante Stelle über Justinian Caesares 141: Legum enim conditor maximus, confusas omnes in epitomen redegit, supervacua et inutilia resecans, quum prius incondita et sparsa civilis illa iuris corpulentia obrueret magis studia quam iuvaret. In quinquaginta Digestorum libros singula contraxit et quatuor Institutionum libros compressit ac Codicem insuper tanquam coronidem adiecit, usus opera Ioannis patricii, Triboniani, Theophili, Dorothei, in quo nescio maiorem laudem an detrectationem commeruerit. Nam quot egregia Pauli, Modestae, Scaevolae aliorumque infinitorum docta volumina interiisse credis? qui profecto singularum rerum materiam procul dubio adamussim interpretati sunt, adeo ut neque Bartoli neque Baldi neque Porci neque Saliceti commentationibus opus fuisset, qui etiam contra Iustiniani edictum iam orbem libris suis repleverunt, ut nulla aetas satis sit ad hos perlegendos sufficiens. Sed cum Iustinianus esset analphabetos (utpote a Iustino patre suum olim custode progenitus) et omnium literarum ignarus, facile a quovis decipiebatur fraudulento et doloso: qualis erat Tribonianus adulator, ut inquit Suidas, fraudulentissimus, simul et avarissimus, omnis religionis, praesertim Christianae, contemptor, quaestor Iustiniani . . . Ideo facile potuit indocto regi imponere, qui tanta inconstantia levitateque leges tot contrarias posuit, quas posteri, licet anxie inter se digladientur, nunquam tamen concordare possunt. – Dazu ist die Charakteristik Justinians bei Huttich und die Urteile von Bebel und Cochläus heranzuziehen, s. o. V78. – Auch für das, was Cuspinian über Maximilians Abneigung gegen die Juristen sagt (vgl. Ulmann II, 7333), wird man seine eigene zu beachten haben.
  74. [296] 72) Er spricht von einem peculiare opusculum de hac re impressum, patria lingua scriptum. – Cuspinian ist also der erste nachweisbare Benutzer dieser Schrift, noch vor Franck, den Waitz, Jbb. d. dtn. Reichs unter Heinrich I3, S. 265 ff. nennt.
  75. [296] 73) Vgl. Cuspinians Caesares 263 mit Otto Frising. Chronica IV, 32.
  76. [296] 74) Caesares 153,42 beschreibt er eine Münze des Heraklius, die ihm sein Freund Gremper geschenkt hatte, und fügt hinzu: Haec ne perirent, etiam illuc studiosis adieci, ut si similia invenirent, non occultarent, ut faciunt βιβλιόταφοι. Ob Cuspinian auch Fuchswags Münzsammlung geerbt hat, wie meist berichtet wird, ist fraglich, s. Gottlieb, Ambraser Handschriften I, 46. In der Vorrede zu seiner Ausgabe des Marbodeus Gallus De lapidibus pretiosis (Wien 1511) wendet er sich an den auch als Freund des Celtis bekannten Propst Augustin von Olmütz [297] und Brünn und sagt von ihm, er besitze Caesarum consulumque ac regnum vetustissima nomismata, quibus apud nostrates nemo est te ditior.
  77. [297] 75) Caesares 486: qui me testamento haeredem suorum laborum scripsit, e quibus etiam in hoc volumine haud pauca congessi. Vgl. Laschitzer l. c. 4. In dem Testament Suntheims vom 29. Juli 1512, das wir haben (s. den Abdruck in Hormayrs Archiv f. Gesch. 1827 S. 354), setzt Suntheim aber den Kaiser zum Erben seiner „Historien, Cronikhen und anders, so ich mein Lebenlang im Namen der kaiserlichen May. trewlichen gemacht und zusammenpracht hab.“ Max wird sie also wohl Cuspinian für das Kaiserbuch ausgefolgt haben.
  78. [297] 76) Caesares 355: Sed vide, o lector, quemadmodum ex hoc Rudolpho domus nobilissima . . . per novem generationes creverit, aucta sit et propagata, ut interim ex ea veluti equo Troiano innumeri prodierint principes ac gloriosissimi duces, Caesares autem septem, de quibus omnibus Iohannes Stabius . . . nobilissimam et pulcherrimam propagationis et genealogiae arborem depinxit, quae impressa circumfertur, quamquam et nos quondam scripserimus, ab eo praeventi.
  79. [297] 77) S. dazu Vadians Dte. Schriften ed. Götzinger III, 160.
  80. [297] 78) Gerbels Vita: Quid vero regibus, quid principibus, quid rerum publicarum gubernatoribus magis expetendum, quam ut se in his Caesaribus tamquam in speculo intueantur? S. dazu Cuspinians eigene Bemerkung Caesares 424,9 ff.
  81. [297] 79) Caesares 135: Nunc vero (bei Zeno) omisso priori instituto, tetrasticha in Constantinopolitanis ac Orientalibus Imperatoribus dimittamus, ut hoc signo iuniores libro aperto Romanos Caesares a Graecis distinctos intelligant.
  82. [297] 80) S. o. V87.
  83. [297] 81) Ein paar Äußerungen für seine Stellung zu Kirche und Hierarchie: Caes. 87,4: Quibus non contentus victoriosus princeps (sc. Diocletianus) divinos sibi usurpavit honores, veluti in eo coelestis esset maiestas, voluit adorari more regum Persarum pedesque exosculandos omnibus sine generis discrimine exhibuit, veluti hodie nostri sancti pontifices faciunt. (Die Stelle beruht auf Pomponius Laetus, De Caesaribus lib. II; die Beziehung auf die Päpste hat Cuspinian zugesetzt, damit aber die Meinung Letos sicher getroffen, s. die interessante Bemerkung Vadians, Dte. Schriften I, 47,4 ff.) – 184,52 [Ludwig d. Fromme erläßt ein Gesetz über Einfachheit in Kleidung und Schmuck der Geistlichkeit (es kann nur Kap. I, 343 ed. Boretius gemeint sein)]: Quod tam hodie esset necessarium, quam utile, cum tanto luxu sacerdotes incedant, ut vix annui census unius magni sacerdotii in vestium abusum satis sit atque ideo sex septemque ac plura habere sacerdotia sit pernecesse. – 369,3: Pontifex Johannes XXII, ut est eorum ingenium vafrum et qui ludibrio habent Germanos principes, utrisque (Ludwig d. Baier u. Friedrich d. Schöne) litteris suis blandiens reges eos vocavit ac dilectionis filios, dum inter se digladiarentur. – 423,2 (Türkenrede): Offert Pontifex cruciatam, offert indulgentias, ubi pecuniae a misera plebe sunt corrasae, instant foeneratores, qui paulo ante suos nummos in luxum principum mutuarunt et usuram mutuatae pecuniae exposcunt. Solvuntur vestes scortis coemptae et sumptus hospitibus abliguriti, tum nulla postea Turcorum memoria. Religiosi autem principes sacrosancti, (de quibus loqui piaculum est), quibus in annuos reditus centena milia nummum vix sufficiunt, ex pingui pane Christi caudatis vestibus et purpureis galeris Christianam profitentur religionem. Tres episcopatus [298] connectunt ac abbatias in comedenda (commenda volebam dicere) potius calamitos ac scorta alunt quam milites, qui pro Christi fide tutanda arma induant. – 487,49 (Brautraub Karls VIII): Alexandri sexti pontificis dispensatione interveniente, qui Carolum vehementissime timuit et accepta pecunia liberalissime thesauro ecclesiae usus est. – 1521 bei dem Reichstage zu Worms näherte sich Cuspinian Luther (Enders, Luthers Briefwechsel III, 122). Für seine spätere Haltung ist entscheidend die Stelle Austria 56 B: (Bauernkrieg) Quis tanti sit sceleris auctor, nemo non videt, licet sit talpa caecior. Melius foret profecto hominem hunc non prodiisse in mundum. Vgl. Austria 15 über die Klöster (abusus mali a bonis orti exemplis), 62 B und 66 A (über die Zeremonien), 17 (tam densae fidei sectae), auch Caesares 424,12 (una religio).
  84. [298] 82) Caesares 376. Er verlegt alles nach Frankfurt und ins Jahr 1329, doch kann nur an die in Rense gefaßten und in Frankfurt bestätigten Beschlüsse von 1338 gedacht werden. Die Ungenauigkeit in Jahreszahlen ist bei Cuspinian häufig.
  85. [298] 83) S. den sehr lebhaften Ausfall Caesares 408,48 ff. Eine frühere Verweisung auf Ebendorfer 323,47.
  86. [298] 84) S. seinen Brief in Vadians Briefsammlung I, 215. Bezeichnend auch Caesares 241,36 (Otto I. spricht die Seinen vor der Ungarnschlacht mit kurzen Worten an): Nam plus gladiis moventur Germani, quam linguis et inani loquacitate. Auch 369,7: Germani, qui dissimulare nesciunt.
  87. [298] 85) Caesares 327: Fridericus patria lingua pacis divitem signat, quasi dicas pacificus. Sicut sunt omnia nostratia, quae suam habent etymologiam. Wolfgangus, Leonhardus, Bernhardus ab animalibus et robore deducta, quibus minime convenit Romana interpretatio. Inter omnes enim linguas, quibus peculiariter hodie homines utuntur, Germana omnium est brevior et ob id durior exteris nationibus. Conformis autem multum et in articulis et in flexionibus Graecanicae linguae. Quod si quis paulo diligentius id expendat, inveniet tam nomina quam verba Germanica, sint modo simplicia non derivata, primogenia in singulari et nativa, esse monosyllaba. Verbi gratia haupt, aug, naß, ohr, hals, hand, bauch, hertz, knie, beyn, füß, finger (muta enim cum liquida syllabam non facit) et de verbis: Iß, trinck, geh, steh, lauff, schlaff. Immo et propria et composita plurium syllabarum, quoad fieri potest, ad unam syllabam gentiliter reducunt Germani. Iohannes tetrasyllabum ad unam ducunt Hans, Fridericus Fritz, Conradus Cuntz, Heinricus Heintz. Sed nescio, quo pacto ex historia digressus ad grammaticam repsi. Parce, lector, admonere volui, ut quod cuique patriae aut linguae peculiare esset, suo nitori relinqueremus. – Ähnliches Caesares 351,53 ff. Austria 7 ff.
  88. [298] 86) Caesares 7: Von den zwei Adlern, die die Deutschen dort erbeutet haben, schreibt sich das Reichswappen her. Non enim biceps est aquila, ut imperitum vulgus credit, sed duae simul, quam altera alteram expassis alis obtegit. Quelle ist Celtis, Norimberga cap. 4 oder Hutten, Opp. III, 335.
  89. [298] 87) Caesares 409,23: principatus dividi lege non debet, ut ratio feudorum ostendit.
  90. [298] 88) Caesares 171,36 ff.
  91. [298] 89) Diese beruht, wie Oefele, SS. rer. Boicarum II, 559 bemerkt, größtenteils auf Suntheims Kollektaneen.
  92. [298] 90) P. de Nolhac, Les correspondants d’Alde Manuce (Studi e documenti di storia e diritto 1887) 276 ff.
  93. [299] 91) Austria 54: Superest itaque, ut hanc regionem Austriae, unde nomen sortita est, quibus finibus claudatur, quantum pateat, cum suis partibus nunc ostendam, et situm in ea urbis Viennensis, caput regionis, cum aliis lectu dignis posteritati tradam, non obstante idem olim Aeneam Sylvium, summum pontificem, ante me tentasse quidem; sed quid ipse adiecerim, alii iudicent. Imperfectum enim opus, cui titulum dedit Austria, reliquit, et in descriptione urbis Viennensis, dum situm et ordinem urbis cum plerisque antiquitatibus, quae illic reperirentur, obmisit, longe lateque erravit, in plerisque vero etiam scopum non, ut debuit, assecutus est, alio tendens quam quod coepit.
  94. [299] 92) Laschitzer im Jahrbuch l. c. VII, 2.
  95. [299] 93) Oberhummer u. Wieser, Wolfgang Lazius Karten der österreichischen Lande 18 ff.