Gesammelte Schriften über Musik und Musiker/Neue Symphonieen für Orchester
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Norbert Burgmüller → |
Wenn der Deutsche von Symphonieen spricht, so spricht er von Beethoven: die beiden Namen gelten ihm für eines und unzertrennlich, sind seine Freude, sein Stolz. Wie Italien sein Neapel hat, der Franzose seine Revolution, der Engländer seine Schiffahrt etc., so der Deutsche seine Beethoven’schen Symphonieen; über Beethoven vergißt er, daß er keine große Malerschule aufzuweisen, mit ihm hat er im Geist die Schlachten wieder gewonnen, die ihm Napoleon abgenommen; ihn wagt er selbst Shakespeare gleich zu stellen. Wie nun die Schöpfungen dieses Meisters mit unserm Innersten verwachsen, einige sogar der symphonischen populär geworden sind, so sollte man meinen, sie müßten auch tiefe Spuren hinterlassen haben, die sich doch am ersten in den Werken gleicher Gattung der nächstfolgenden Periode zeigen würden. Dem ist nicht so. Anklänge finden
[134] wir wohl, — sonderbar aber meistens nur an die früheren Symphonieen Beethoven’s, als ob jede einzelne eine gewisse Zeit brauchte, ehe sie verstanden und nachgeahmt würde —, Anklänge nur zu viele und starke; Aufrechthaltung oder Beherrschung aber der großartigen Form, wo Schlag auf Schlag die Ideen wechselnd erscheinen und doch durch ein inneres geistiges Band verkettet, mit einigen Ausnahmen nur selten. Die neueren Symphonieen verflachen sich zum größten Theil in den Ouverturenstyl hinein, die ersten Sätze namentlich; die langsamen sind nur da, weil sie nicht fehlen dürfen; die Scherzo’s haben nur den Namen davon; die letzten Sätze wissen nicht mehr, was die vorigen enthalten. Ein Phänomen ward uns in Berlioz verkündigt. Man weiß in Deutschland im Allgemeinen so gut wie nichts von ihm; was über ihn durch Hörensagen bekannt wurde, schien die Deutschen eher abzuschrecken, und so wird wohl noch eine Zeit vergehen, ehe man ihn gründlich kennen lernt. Gewißlich aber wird er nicht umsonst gearbeitet haben; es kömmt keine Erscheinung allein. Die nächste Zukunft schon wird es lehren. Zu erwähnen wäre auch noch Franz Schubert; aber auch seine Leistungen im Symphonieenfach sind noch nicht öffentlich geworden. Ein bedeutendes Zeichen vom Stand der Talente gab die Wiener Preisaufgabe. Man mag sagen was man wolle: Preisaufgaben können nur fruchten, schaden nimmer, und man kennt die Zeugekräfte wenig, wenn man meint, sie steigerten sich nicht durch
[135] Anregung, sei’s auch eine prosaische. Hätte man doch zum Versuch, als Mozart, Haydn, und Beethoven lebten, einen Preis auf eine Symphonie ausgeschrieben und etwa einen von jenen schweren seltenen Diamanten, wie sie sich in kaiserlichen und königlichen Schätzen befinden, als Belohnung versprochen, ich wette, die Meister würden sich wacker zusammengenommen haben. Aber freilich, wer hätte da richten sollen? Doch genug! Der Erfolg jener Preisaufgabe ist bekannt, und erzählt man sich auch, der damals Gekrönte habe, schon ehe er seine Symphonie begonnen, den Preis so gut wie in der Tasche gehabt (heimlich glaubt es jeder Concurrent), so müssen wir doch bekennen, wie jetzt die Sachen stehen, d. h. nachdem wir auch viele der andern eingesandten Werke gehört haben, verdiente Lachner den Preis, und zwei der heute zu besprechenden Symphonieen, die sich ebenfalls schon auf dem Wiener Wahlplatz eingefunden, bestätigen dies von Neuem. Einen günstigen Eindruck macht es gleich vornherein, daß eine dieser Symphonieen, von C. G. Preyer, in Partitur erschienen. Der Componist, in Wien zu Hause, hat sich dort namentlich durch einige beliebt gewordene Lieder bekannt gemacht; Wien gleicht hierin andern großen Städten, daß ein glücklicher Wurf in so kleinem Genre genügt, für einen bedeutenden Componisten gehalten zu werden; wer am meisten gekauft wird, ist der Erste. So kam es denn wohl, daß sich eine Verlagshandlung zum Druck der Partitur entschloß, jener Gattung kostbarer und gefährlicher
[136] Ladenhüter, die die Verleger kaum geschenkt haben wollen. So liegt denn eine klar und correct gestochene Partitur vor uns.
Wenige Seiten genügen, um in ihr einen vorwärts strebenden jungen Componisten zu erkennen, der sich anfangs in der großen ungewohnten Form etwas ängstlich benimmt, im Verlauf aber Sicherheit und Muth gewinnt. Doppelt muß man sein Streben anerkennen, da er gerade in einer Stadt sich rührt, wo dem Soliden, Ernsten, gar dem Tiefen im Durchschnitt nur wenig Aufmunterung zu Theil wird, wo man im Allgemeinen sehr nach ersten Eindrücken erhebt oder abspricht, und wo das ganze Urtheil meist auf die Worte hinausläuft: „es hat angesprochen“ oder „es hat nicht angesprochen;“ so hieß es z. B. nach der Aufführung des Christus am Oelberge, nach der des Fidelio „es hat nicht angesprochen“ und damit war die Sache abgethan. Die Symphonie nun, öfter in Wien gespielt, hat angesprochen, sogar imponirt durch den Anstrich von gelehrter Durchführung, den sie oft zeigt. Der Componist wird uns nur verstehen, wenn er diese Zeitschrift aus mehr als aus dieser Nummer kennt, wenn er weiß, von wo sie ausgeht, welche Meister ihr als höchste gelten, welche Ansprüche sie gerade an eine Symphonie macht, und wie sie mit einem Worte etwas karg im Lobe, weil wir Musiker hier untereinander sind. Gerade jenes sogenannte „Arbeiten“ verräth den ersten Versuch, und redliche Anfänger thun da meist des Guten zu viel. Als ob [137] dann der ganze Contrapunct wieder ausgeschwitzt werden müßte, wird uns dann von Weitem mit Fugenanfängen gedroht (meistens in rasselnden Violons), erhalten wir drei, vier und mehr Thema’s über einander gestellt, was wir heraushören sollen, und zuletzt merken wir’s dem Componisten doch an, wie er froh ist, nicht allzu ungeschickt wieder in die Haupttonart gekommen zu sein. Schreiber dieses weiß dies aus der besten, aus der eigenen Erfahrung. Ich will dem Componisten seinen Fleiß nicht vorwerfen; doch wer mir, auch mit einem feinen Meisterohr einer, die Kunst von S. 18—22 heraushört, dem sind Bach’sche Labyrinthe wahre Zwirnknäule, das soll man bleiben lassen. Und endlich was ist die Wirkung davon? Freilich auch Mozart arbeitete, und gar Beethoven, aber aus welchen Stoffen, an welchen Stellen, aus welchen Gründen, und alles wie im Scherz und Spiel. Gewiß mußten auch sie über Versuche hinweg; aber für’s bloße Auge und Papier schrieben sie niemals. Wünschte ich doch, ein junger Componist gäbe uns einmal eine leichte, lustige Symphonie, eine in Dur, ohne Posaunen und doppelte Hörner; aber freilich dann ist es noch schwerer, und nur wer die Massen zu beherrschen versteht, kann mit ihnen spielen. Halte man uns aber wegen des eben Gesagten in Zukunft nicht etwa vor, wir wünschten keine Arbeit zu sehen; gerade die tiefsinnigste; nur nicht, daß sie um ihrer selbst etwas gelten soll, daß wir sie bei den Fäden herausziehen sollen. Gluck’s Ausspruch „nichts zu schreiben, was nicht [138] Effect mache“ ist, im rechten Sinne genommen, eine der goldensten Regeln, das wahre Geheimniß des Meisters. Verfolgen wir nun auch den Componisten bis in das Innere seiner Gedanken, so enthüllt sich uns in seiner Symphonie, außer jener Lust am Arbeiten, ein durchaus offener, wohlmeinender und gesitteter Charakter; er gibt sich ganz wie er ist, verschweigt auch Gewöhnliches nicht, wo es ihm zu Sinn kommt, oder versucht es zu bemänteln; auch strebt er seinen Landsleuten zu gefallen, ohne deshalb gerade in italiänische Weise überzuschlagen. Im ersten Satz hat er sich anfangs, wie es scheint, noch nicht zurecht gesessen; er rückt und rückt und kommt nicht aus der Tonart; dann aber nimmt dieser Satz, bis auf den Kampf der drei Thema’s, und trotz des Componisten, der eigentlich etwas Ernsthaftestes geben wollte, den hellen, klaren Klang an, der mit der vorzugsweise melodischen Richtung der Anlagen des Componisten in Einklang steht. Das Adagio ist nur die Fortsetzung davon, friedlicher Natur, und sein Glück, daß es kurz ist, was überhaupt der entscheidende Vorzug aller Sätze, den man bei sonstigen jungen Symphoniecomponisten meisthin zu vermissen pflegt. Das Scherzo scheint mir der gelungenste Theil der Symphonie, die Reminiscenz an die heroische von Beethoven nicht verstimmend, das Trio aber namentlich am Schluß des ersten Theils mit der sanften Ausbeugung in’s C besonders anmuthig. Der letzte Satz endlich ist der gewandteste, wo sich die Gedanken am schnellsten in einander fügen [139] und ablösen. Im Thema erkennt man den Wiener; seine Verschränkung in das zweite Thema hinein mag artig genug klingen. Rosalien,[H 1] wie sie häufig hier anzutreffen, wünschten wir weniger. Neue Instrumentaleffecte enthält die Symphonie wohl keine; die Massenzusammenstellung erscheint aber geschickt gemacht, wie das Obligate im Charakter der Instrumente hervortretend. Die Harmonie ist ziemlich kräftig und rein.[H 2] Wir rufen dem Componisten ein munteres Vorwärts zu. „Der Himmel kommt nicht zu uns herab; es sei denn, daß wir zu ihm hinaufklimmen“.
Ueber die Symphonie von Reißiger,[1] seine erste, von ihm ebenfalls zur Wiener Preisbewerbung eingeschickt, läßt sich kaum etwas sagen, was sich nicht Jeder über diesen Componisten schon selbst gesagt; sie ist, wie seine andern Werke, durchaus klar und einschmeichelnd und von so kleiner, niedlicher Form, daß man sie eher eine Sonate für Orchester nennen möchte. Im ersten Satz erhalten wir nach einer kurzen, herkömmlich pathetischen Einleitung zu Anfang eines jener Violinthema’s in raschen Figuren, wie sie namentlich Spohr eigen, hierauf ein zartes, leichtes Gesangthema, in der Mitte ein kurzes Fugato, dem mit wenig Veränderung die Transposition des ersten Drittels sich anschließt. Im Adagio zeigt sich der liebliche Liedercomponist, der [140] namentlich mit Blasinstrumenten wohl zu wirken versteht; es ist seiner eigentlichen Natur entsprungen und gilt uns für den besten Satz der Symphonie. Das Scherzo hält sich in Erfindung und Arbeit mit dem Vorhergehenden auf ziemlich gleicher Linie, dem entsprechend ein munteres Finale folgt im Zweiviertel. Denke man sich dazu die gute Orchestertonart Es dur, wie auch eine Instrumentirung, so wohlklingend und gewandt wie man sie erwarten darf von einem geübten Capellmeister, und man hat ein dürftiges Bild der Symphonie. Mich für meinen Theil störten nur die häufigen und starken Reminiscenzen, oft der Nebengedanken, — so daß, wollte man auszuscheiden anfangen, die Symphonie wohl bis auf die Hälfte zusammenfallen würde. So erkennen wir auf der ersten Seite gleich Beethoven (Tact 12), im Allegro gleich Spohr (bis Tact 9), kurz darauf auch Mendelssohn; durch den letztern wird R. auf eine bekannte Fuge von Bach gebracht,[H 3] deren Thema einen der Hauptpfeiler der Symphonie bildet, im Adagio fehlen directe Anklänge; im Scherzo tritt uns dagegen sowohl Beethoven, wie auch Spohr wieder entgegen, und zwar daß es auch einem oberflächlichen Symphonieenkenner auffallen muß; jener im zweiten Theil, dieser im Trio, das einen der wirkungsvollsten, von Spohr benutzten Instrumentaleffecte nachahmt. Desgleichen könnte man im Finale bei den Secundeneintritten an Mozart, wie später sogar an den alten Dessauer Marsch denken; doch siegt hier der Componist [141] über die fremden Einflüsse, und wir nehmen von ihm wie von einem gebildeten, routinirten Mann Abschied, der uns eine Weile sehr artig unterhalten, dem wir es aber schlau angemerkt, daß nicht alles sein Gedankeneigenthum, was er uns vorgesetzt, dessen einnehmende Persönlichkeit aber zuletzt überwiegt, daß wir uns seiner gern erinnern, ihm öfter zu begegnen wünschen. Die Symphonie hört sich auch am Clavier gut an und spielt sich leicht.
Außer einer kleinen Symphonie von Ed. Raymond,[2] die so anspruch- aber auch erfindungslos, daß sich weiter kein Aufhebens davon machen läßt, liegt uns noch eine neue von Lachner[3] vor, seine sechste, ein ausgezeichnetes Werk, das uns seine Preissymphonie doppelt aufwiegt. Auch von diesem Componisten war in der Zeitschrift schon so oft die Rede, daß wir uns kurz fassen können. Was uns diesmal wahre Achtung vor Lachner’n einflößt, ist das sichtliche Streben, seine früheren Leistungen zu überbieten und zwar in der besten Weise, der männliche Ernst, mit dem er der Aufgabe, ein großes symphonisches Bild darzustellen, genügen will, die Lust und Liebe an der Sache. Wenn nun Lachner unter allen süddeutschen Componisten gewiß der talent- und kenntnißreichste ist, so muß eben jenes unermüdete Vorwärtsstreben um so mehr ausgezeichnet werden, zumal [142] in diesen Blättern, die gerade ihn, als der Begabten einen, mit strengster Strenge immer beurtheilt und zwar aus der besten Absicht, damit ihn das übertriebene Lob süddeutscher Blätter, nach denen die Meister wahrhaft auf den Bäumen zu wachsen scheinen, nicht vorfrüh arbeitsscheu und eitel mache. Was hilft alles Zureden, daß wir große Männer sind; was alles Heben guter Freunde auf Stelzen hinauf, auf denen wir uns ohne jene nicht halten können? Wie viele haben schon büßen müssen, die sich vor der Zeit huldigen ließen! Nur dem nutzt das Lob, der den Tadel zu schätzen versteht, d. h. der trotz dem unbeleidigt nicht nachläßt in seinen Studien, der sich auch nicht egoistisch in sich abschließt, sondern sich auch den Sinn für fremde Meisterschaft lebendig erhält, und solcher bleibt lange jung und bei Kräften, und einen solchen Künstler glauben wir auch in Lachner’n zu erkennen, dem eine Auszeichnung widerfahren, über die er so viel bittere Dinge hören müssen, worauf er sich nun rächt auf die schönste Weise, — durch ein besseres Werk, wie es diese 6te Symphonie im Vergleich zur gekrönten. Es herrscht in dieser Symphonie eine Meisterordnung und Klarheit, eine Leichtigkeit, ein Wohllaut, sie ist mit einem Wort so reif und ausgetragen, daß wir darum dem Componisten getrost einen Platz in der Nähe seines Lieblingsvorbildes, Franz Schubert, anweisen können, dem er wenn an Vielseitigkeit der Erfindung nachstehend, an Talent zur Instrumentation zum wenigsten gleichkommt. Durchgeschlagen, als sie in Leipzig aufgeführt wurde, [143] hat zwar auch diese Symphonie nicht, worüber sich indeß der Componist beruhigen kann, da uns Beethoven, und zuletzt Mendelssohn verwöhnt, neben denen sich nur aufrecht zu halten und ehrenvoll erwähnt zu werden allein schon nicht unrühmlich scheint, und dann hat das Publicum, wie der Einzelne, seine verwünschten Tage, Tage der Migräne, wo ihm nichts recht zu machen, wo nicht durchzudringen ist durch das Fell, sind es nicht gerade Beethoven’sche Blitze, mit denen ihm beizukommen. Dann aber trifft auch diese Symphonie der alte Vorwurf der Breite der Ausführung; L. versteht nicht immer zur guten Zeit abzubrechen, in Weise geistreicher Männer, die uns wohl gar mit einem Witz zu Haus schicken, in der Weise wie oft Beethoven, daß sich das Publicum fragt „was wollte der Mann eigentlich — aber Recht hat er gewiß;“ solche Schlüsse lasse sich Lachner von seinem guten Geist manchmal einflüstern. Dem Publicum muß manchmal imponirt werden, es stellt sich im Augenblick gleich, sobald man es ihm zu bequem macht; wirft ihm aber der Componist zu Zeiten einen Stein hin, oder gar an den Kopf, dann ducken sie alle gleichzeitig nieder und fürchten sich und loben bedeutend nach dem Schluß. So Beethoven an einzelnen Stellen; jeder darf’s freilich nicht. Lese doch Lachner in Swift, in Lord Byron, in Jean Paul, ich glaube, es nützt ihm, er würde Kürze lernen; er muß gewissenloser werden, er darf seine schönen Gedanken nicht zu lang wiederholen, sie nicht bis auf den letzten Tropfen auspressen, [144] sondern andere untermischen, neue, immer schönere. Alles wie bei Beethoven! So kommen wir denn immer auf diesen Göttlichen zurück und wüßten heute nichts weiter zu sagen, als daß Lachner auf dem Pfad fortschreiten möge nach dem Ideal einer modernen Symphonie, die uns nach Beethoven’s Hinscheiden in neuer Norm aufzustellen beschieden ist. Es lebe die deutsche Symphonie und blüh’ und gedeihe von Neuem.
Anmerkungen (H)
- ↑ [WS] „Rosalie“, auch „Vetter Michel“ oder „Schusterfleck“ sind abfällige Bezeichnungen für die ein- oder mehrmalige Wiederholung (auch „Sequenz“ genannt) eines Melodieabschnitts (in der Regel inklusive der Begleitstimmen) um jeweils einen Ton transponiert – heutigen Tages oft in der Schlagermusik verwendet. Der Name „Rosalie“ geht auf das italienische Volkslied „Rosalia mia cara“ zurück, in dem die fragliche Sequenzierung musterhaft vorkommt.
- ↑ [GJ] Hier war noch angefügt: „bis auf eine Octavenparallele S. 19, in den zwei letzten Tacten, die schwerlich vom guten Meister gebilligt würde, und den Querstand S. 45, vorletzter Tact, der zum wenigsten befremdet.“ Diese Bemerkung veranlaßte Preyer zu einer „Berichtigung“ (Allgem. musik. Ztg. S. 804 Google), worin die Octavenparallele als Stichfehler bezeichnet wurde, der nicht dem Componisten sondern dem Corrector zur Last falle. Schumanns „Erwiderung“ darauf (XI, 132 Google und Allgem. Musik. Ztg. S. 841 Google) lautet: „In der letzten Nummer der Allgem. Musikal. Zeitung beklagt sich Herr G. Preyer, Professor am Conservatorium in Wien, daß der Recensent seiner Symphonie in unserer Zeitschrift einen in drei verschiedenen Stimmen stehenden Fehler nicht auch gleich als drei Druckfehler erkannt. In Werken großer Geister nur eine Note als falsch zu bezeichnen, ist gefährlich, geschweige denn dieselbe Note dreimal an derselben Stelle wiederholt. In der That, risse die Fehlerhaftigkeit in Partituren so weit ein, daß man selbst einer dreifach bestätigten Note keinen Glauben schenken dürfte, es wäre besser, man versenkte sie in die Tiefe des Meeres. Ist es nun schon eine Anmaßung, [517] von Anderen Scharfsicht zu verlangen, wo der Componist, der doch gewiß seine Symphonie selbst corrigirt, selbst keine bewiesen, so vollends an jener Stelle, die auch, wie sie nun steht, nur wenig meisterhafter geworden, wie denn das jetzt corrigirte g, das nach f geht, mit dem nach c gehenden d in der zweiten Violine eine Quinte bildet, wie wir sie wohl einem Straußschen Walzer nachsehen, einer Symphonie aber nicht. Herr G. Preyer hätte also besser gethan, den Vorwurf in jener Recension, deren Milde er überhaupt nicht verstanden zu haben scheint, mit Stillschweigen zu übergehen, als sich gereizt zu zeigen und überall den beleidigten großen Componisten durchblicken zu lassen, zu dem allerwege noch mehr gehört, als Octaven und Quinten vermeiden. Die Redaction d. neuen Zeitschr. f. M.“ II.516 Commons
- ↑ [GJ] [siehe einen Vergleich der Themen bei Bach und Reißiger:] II.184 Commons
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