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Gebet einer Jungfrau

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Textdaten
Autor: Frank Wedekind
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Titel: Gebet einer Jungfrau
Untertitel:
aus: Gesammelte Werke. Band 8: Lyrik, Versepik, Erzählende Prosa.
S. 156-157
Herausgeber:
Auflage: 1. Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1920
Verlag: Georg Müller
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Erscheinungsort: München und Leipzig
Übersetzer:
Originaltitel:
Originalsubtitel:
Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Djvu auf Commons
Kurzbeschreibung:
Siehe auch Dirnenlieder
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Bild
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Bearbeitungsstand
fertig
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[156]

Gebet einer Jungfrau

Ave Maria!
Schwere Träume plagen
Mich so manche Nacht,
Und es ist die Pein,

5
Die mein Blut empört,

Nicht mehr zu ertragen,
Achtzehn Jahre alt
Und noch Jungfrau sein.
Ave Maria!

10
Gratia plena!

Trost und Freude kannst
Nimmer du verwehren,
Einen braven Mann
Mußt du mir bescheren,

15
Einen braven Mann,

Der gut lieben kann.

Ave Maria!
An dem braven Gatten
Freu’ ich mich gewiß

20
Bis zum Überdruß;

Herren, die nicht gleich
Ihm Bericht erstatten,
[157] Gönn’ ich darum gern
Manchmal einen Kuß.

25
Ave Maria!

Gratia plena!
Doch wenn Einer mich
Wirklich liebt, erhöre
Stets ich all sein Flehn

30
Ohne daß ich störe

Meinen braven Mann,
Der gut lieben kann.

Ave Maria!
Wird mir nun zur Plage

35
Dieser Brave, der

Mich gesetzlich liebt,
Dann stell’ ich sofort
Eine Scheidungsklage,
Wenn – aus gutem Grund –

40
Er den Anlaß gibt.

Ave Maria!
Gratia plena!
Droht mein Gatte, sich
Geistig zu verklären,

45
Dann als nächsten mußt

Gleich du mir bescheren
Einen braven Mann,
Der gut lieben kann.