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Franz von Holtzendorff †

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Textdaten
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Titel: Franz von Holtzendorff †
Untertitel:
aus: Die Gartenlaube, Heft 9, S. 147
Herausgeber: Adolf Kröner
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Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1889
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[147] Franz von Holtzendorff †. Einer derjenigen deutschen Rechtslehrer, die sich durch gemeinnütziges Wirken und Unabhängigkeit der Gesinnung mit Recht einen Namen gemacht, Franz von Holtzendorff, ist am 5. Februar in München gestorben.

Er war am 14. Oktober 1829 zu Vietmannsdorf in der Uckermark geboren, studirte Jurisprudenz, habiltirte sich 1857 zu Berlin, wo er 1861 außerordentlicher, 1873 ordentlicher Professor wurde. Noch in demselben Jahre folgte er einem Rufe an die Universität zu München, wo er bis zu seinen Tode als Lehrer des Straf- und Staatsrechts thätig war.

Ausnehmend zahlreich sind seine Reformschriften, welche meist die Verwaltung des Gefängnißwesens, die Umgestaltung der Staatsanwaltschaft vom Standpunkte unabhängiger Strafjustiz, die Aufhebung der Todesstrafe betreffen. Wir haben in dem Artikel „Ein Vorkämpfer der humanen Rechtswissenschaft“ (Jahrg. 1875, S. 537) eingehend diese Seite seines öffentlichen Wirkens beleuchtet; auch über sein Auftreten im Prozeß Arnim haben wir gesprochen in dem Artikel „Die Hauptakteurs im Drama Arnim“ (Jahrg. 1875, S. 9.)

Auf religiösem Gebiete schloß sich Holtzendorff der freien kirchlichen Bewegung an; die Eingriffe der Brüderschaft des Rauhen Hauses in die Strafanstalten, gegen die er schon 1861 und 1862 heftige Broschüren geschleudert hatte, mochten ihm die Betheiligung am Protestantentag nahe legen. Er gehörte seitdem zu den Führern des Vereins (vergl. „Protestantische Charakterköpfe“, Jahrg. 1868, S. 470). Nicht geringere Verdienste hat er sich um den deutschen Juristentag erworben. Wenn sein „Handbuch des Strafrechts“ und andere Schriften ihn als gediegenen Vertreter der strengen Wissenschaft erscheinen lassen, so ist er ebenso thätig gewesen als Verbreiter volksthümlicher Bildung und zwar durch seine „Sammlung gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge“, die er mit Virchow seit 1866 herausgab, und durch die „Zeit- und Streitfragen“.

So tritt das Bild des Verstorbenen als ein scharf ausgeprägter Charakterkopf vor uns hin; der Muth der Wahrheitsliebe, der rastlose Eifer, zwischen der Gelehrsamkeit und dem Volksleben zu vermitteln, die Gewandtheit in Rede und Schrift sichern ihm ein ehrenvolles Angedenken.